Volkstrauertag

„Jeder Tote - egal welcher Nationalität - ist ein Toter zu viel“

Hersbrucker Zeitung

19.11.2023, 19:00 Uhr
Bürgermeister Robert Ilg sagte am Kriegerdenkmal am Hersbrucker Michelsberg, dass das Gedenken seine Aktualität nicht verloren habe.

© Jürgen Ruppert Bürgermeister Robert Ilg sagte am Kriegerdenkmal am Hersbrucker Michelsberg, dass das Gedenken seine Aktualität nicht verloren habe.

Am Volkstrauertag wird in den Gottesdiensten und an den Ehrendenkmälern zunächst mal der vielen Kriegsopfer der ersten und zweiten Weltkriege gedacht. Egal ob Zivilisten, oder Soldaten an der Front, sie alle erlebten ein grausames Schicksal in den Weltkriegen. Und es ist richtig ihrer und den Verfolgten auch weiterhin zu gedenken.

„Ich dachte, irgendwann hat sich der Volkstrauertag überholt, irgendwann brauchen wir ihn nicht mehr. Aber weit gefehlt“, sagte Hersbrucks Bürgermeister Robert Ilg vor dem Kriegerdenkmal am Michelsberg mit der Skulptur eines knienden Soldaten. Denn die Konflikte in Europa, in der Ukraine und im Nahen Osten sorgen dafür, dass das Gedenken seine Aktualität nicht verloren habe.

Das Hersbrucker Stadtoberhaupt erwähnte das Anti-Kriegsdrama „Im Westen nichts Neues“, das heuer vier Oscars gewonnen hat: „Schonungslos zeigt der Film, wie sinnlos das Sterben an der Westfront 1914/18 ist.“ Die beiden Weltkriege bezeichnete er als Mahnmale einer Zeit, in der die Menschheit in einen Strudel der Gewalt und Zerstörung gerissen wurde. Solche Erfahrungen sollten uns immer wieder zeigen, wohin Nationalismus, Hass und Intoleranz führen können, betonte Robert Ilg. Der Bürgermeister skizzierte den Aufstieg der Nazis in der weltweiten Wirtschaftskrise. Die Bevölkerung habe den Parolen von Juden und dem Feind im Osten als Sündenböcken geglaubt. Der Bürgermeister zog eine Parallele von damals zu heute mit zunehmender Ausländerfeindlichkeit, einem wachsenden Antisemitismus und Meinungen, die vermeintlich einfache Lösungen versprechen.

Jeder Tote - egal welcher Nationalität - sei ein Toter zu viel. „Ich setze auf die Hoffnung, dass wir eine Sehnsucht nach Frieden haben“, sagte Robert Ilg den Zuhörern zu, darunter Landtagsabgeordneter Norbert Dünkel, Vertreter von allen fünf Stadtratsfraktionen, Abordnungen der Feuerwehren Hersbruck, Ellenbach sowie Großviehberg und eine Gruppe des BRK. „Wir bitten für alle, die sich unermüdlich für Friedensprozesse einsetzen“, beteten Ursula Clasen von der Katholischen und Pfarrer Gerhard Knodt von der Evangelischen Kirche. Die Stadtmusik spielte Schuberts „Heilig, heilig“.

Für den Frieden einstehen

In Happurg erinnerte Pfarrer Martin Pöschel an die diversen Kriegsgeschehen, damals und heute, auf der Welt. Er bedauerte, dass die Weltgemeinschaft nicht bereit oder nicht fähig sei, am Frieden zu arbeiten und für ihn einzustehen. Inzwischen sei das Gedenken längst nicht mehr nur auf die Vergangenheit beschränkt. Das Kriegsgeschehen habe das Heute und Jetzt wieder eingeholt und sei ganz nahe an die deutsche Grenze herangekommen. Im Land gebe es Verfolgte und viele Kriegs-Flüchtlinge. Katastrophen fordern und forderten viele Opfer. Ihrer aller wurde in Happurg in den Reden zum Volkstrauertag gedacht. Mit allem Gedenken waren auch immer die Gedanken für eine Wende und bessere Zukunft verknüpft.

In Happurg erinnerte Pfarrer Martin Pöschel an die diversen Kriegsgeschehen, damals und heute, auf der Welt.

In Happurg erinnerte Pfarrer Martin Pöschel an die diversen Kriegsgeschehen, damals und heute, auf der Welt. © Marita Münster

Auch Bürgermeister Bernd Bogner sprach von der Hoffnung, dass sich wieder mehr Menschen auf eine Versöhnung einlassen und aufeinander zugehen mögen. Die Gedenkfeier wurde vom örtlichen Posaunenchor feierlich mitgestaltet, in deren Reihen auch etliche Junge und Jugendliche mitwirkten.

Von der Feuerwehr, ebenfalls mit vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, und einzelnen Vereinen waren Abordnungen vertreten. Außerhalb der Vereine sieht man jedoch seit Jahren zumeist die etwas älteren Bürger, die dieser Feier- und Gedenkstunde beiwohnen.

Wird der Klügere der Dümmere?

In Henfenfeld fanden sich auch Abordnungen von Vereinen und viele Einwohner am Ehrenmal an der evangelischen Kirche ein. Der Posaunenchor unter Leitung von Michael Bär eröffnete die besinnliche Feierstunde. Bürgermeister Markus Gleißenberg widmete seine Ansprache dem Thema „Frieden“ und fragte „Was kennzeichnet einen guten Frieden“.

Bürgermeister Markus Gleißenberg aus Henfenfeld widmete seine Ansprache dem Thema „Frieden“.

Bürgermeister Markus Gleißenberg aus Henfenfeld widmete seine Ansprache dem Thema „Frieden“. © Johann Dechant

Er machte dabei auch klar, dass man um Frieden oft erst kämpfen muss, allein der gute Wille reiche nicht aus, um einen Aggressor zu stoppen. Als lehrreiches Beispiel führte er den 2. Weltkrieg an. Frieden zu bekommen, kann leicht zu einem Dilemma werden, wenn der strikte Friedenswille einer Partei von der anderen Seite als Schwäche angesehen wird. Gleißenberg wies hier auf die Annexion der Krim hin. Das Sprichwort vom Klügeren, der nachgibt, kann sich leicht zum Gegenteil wenden. Es könne sein, dass der Klügere der Dümmere wird, weil er das, was er verhindern wollte, durch sein Handeln erst herbeigeführt hat. Frieden zu schaffen ist ein Problem, wenn ein einziger Akteur in der Friedensordnung das ganze zum Einsturz bringen kann. Dieses Problem haben die Europäer in den letzten zwei Jahrzehnten unterschätzt. Danach gedachte Gleißenberg an die Opfer von Krieg und Gewalt an Kindern, Frauen und Männer aller Völker.

Der gemischte Chor unter Leitung von Isolde Schlinke stimmte anschließen das Lied „Frieden ist ein Menschheitstraum“ an. Zum Lied vom guten Kameraden, welches der Posaunenchor vortrug wurden die Fahnen gesenkt und ein Kranz von der Gemeinde am Ehrenmal niedergelegt. Zum Abschluss wurde die Bayernhymne, die Nationalhymne und die Europahymne gespielt.

Erschütternde Realität

Die Namen von 29 jungen Männern sind in ein Epitaph an der Oberkrumbacher Kirche gemeißelt. Sie alle haben ihr Leben in den beiden Weltkriegen verloren oder gelten als vermisst. Nicht nur ihnen gedachte Kirchensittenbachs Bürgermeister Klaus Albrecht bei der Kranzniederlegung vor diesem Mahnmal.

Wolfgang Köth (li.) und Bürgermeister Klaus Albrecht legten einen Kranz unter die Steinplatte, auf der die Oberkrumbacher Opfer der beiden Weltkriege aufgelistet sind.

Wolfgang Köth (li.) und Bürgermeister Klaus Albrecht legten einen Kranz unter die Steinplatte, auf der die Oberkrumbacher Opfer der beiden Weltkriege aufgelistet sind. © Elke Bodendörfer

Seit dem Februar 2022 mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine und zuletzt durch die grausamen Taten der Hamas gegenüber den Israelis habe dieser Gedenktag wieder eine „erschütternde Realität“ bekommen. „Alles was gestern war, wird man morgen vergessen haben“, darum werde der Krieg nicht aufhören, zitierte Albrecht den Wiener Schriftsteller Karl Kraus. Trotzdem sollte die Botschaft der heutigen Zeit lauten: Nie wieder! Albrecht erinnerte an die vielen Menschen, die durch sinnlose Kriege ihr Leben verloren und immer noch verlieren. Ein Hoffnungsschimmer sei für ihn das nach 1945 größtenteils geeinte Europa - ein Zeichen, dass man aus der Vergangenheit lernen und in Frieden leben könne, vorausgesetzt die Menschenfeindlichkeit und der Rassismus kehren nicht zurück.

Unter Böllerschüssen des Schützenvereins und dem Lied „Der gute Kamerad“ des Posaunenchors Oberkrumbach legte Bürgermeister Albrecht zusammen mit Wolfgang Köth, dem Vorsitzenden der Soldaten- und Reservistenkameradschaft Kirchensittenbach einen Kranz in Namen der Gemeinde am Kriegerdenkmal nieder. Eine Abordnung der Freiwilligen Feuerwehr Oberkrumbach und eine Reihe von Gottesdienstbesuchern begleiteten die Gedenkveranstaltung.

Hoffnung, die über allem steht

Zum Gedenken an die Gefallenen der beiden Weltkriege, der Opfer des Nationalsozialismus und der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wurde am aufgelassenen Friedhof oberhalb der Kirche in Alfeld ein Kranz niedergelegt.

Wegen des schlechten Wetters fand der Großteil der Feierlichkeiten zum Volkstrauertag in der Alfelder Sankt-Bartholomäus-Kirche im Anschluss an den Gottesdienst statt. Pfarrer Sebastian Fiedler hatte bereits da den Besuchern vermittelt: „Es ist die Hoffnung, die über allem steht!“.

Unter der Leitung von Ulrike Bauer sangen die beiden Männerchöre des Gesangverein 1852 Alfeld und des Gesangverein Liederkranz gemeinsam.

Unter der Leitung von Ulrike Bauer sangen die beiden Männerchöre des Gesangverein 1852 Alfeld und des Gesangverein Liederkranz gemeinsam. © Kerstin Rösel

Bürgermeisterin Yvonne Geldner-Lauth mahnte zur Besinnung auf die Werte von Frieden und Versöhnung. Der Volkstrauertag diene dem Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt. Ihr sei die Wichtigkeit des Zusammenhaltes auch in der eigenen Gemeinde bewusst geworden. Sie forderte: „Wir müssen uns für Frieden und Versöhnung einsetzen, wo immer wir können“. Unter der Leitung von Ulrike Bauer sangen die beiden Männerchöre des Gesangverein 1852 Alfeld und des Gesangverein Liederkranz gemeinsam zwei Lieder. „Herr gib uns Frieden“ wurde in einem davon erbeten.

Als Vertreterin der Evangelischen Landjugend gab Nadine Sebald einen Einblick in die Situation von Jugendlichen in der Ukraine. Zwei Drittel der ukrainischen Kinder mussten aufgrund des Angriffskrieges bereits ihre ursprüngliche Heimat verlassen. Von Markus Wiesinger wurden als Mitglied des Kirchenvorstandes Fürbitten verlesen. Den Abschluss in der Kirche bildete der Posaunenchor unter der Leitung von Karin Lehnerer mit dem Lied „Der Gute Kamerad“.

Die Vorsitzenden der Feuerwehr Alfeld und Lieritzhofen legten im aufgelassenen Alfelder Friedhof einen Kranz nieder.

Die Vorsitzenden der Feuerwehr Alfeld und Lieritzhofen legten im aufgelassenen Alfelder Friedhof einen Kranz nieder. © Kerstin Rösel

Im Anschluss wurde im aufgelassenen Friedhof an der Gedenktafel ein Kranz zum Gedenken niedergelegt. Bürgermeisterin Yvonne Geldner-Lauth forderte die Anwesenden zu einer Schweigeminute im Gedenken an die Opfer auf.

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