Tennet wird ausgebremst

Warum die Höherauslastung der Juraleitung doch nicht kommt - und was Winkelhaid damit zu tun hat

31.3.2023, 16:09 Uhr
Tennet darf die Stromstärke vorerst nicht erhöhen.

© Herbert Bauer Tennet darf die Stromstärke vorerst nicht erhöhen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat den Netzbetreiber Tennet aufgefordert, die wichtigsten Stromkreisverbindungen ihres Höchstspannungsnetzes vorübergehend und zeitnah höher auszulasten, also eine höhere Stromstärke auf die Trassen zu geben. Diese 1,8-fache Steigerung von 1447 auf 2605 Ampere hätte schon am 31. März starten sollen.

Dies meldete Tennet Mitte März dem Landratsamt, das den Übertragungsnetzbetreiber daraufhin aufforderte, bestimmte erweiterte Unterlagen einzureichen. Darunter Berechnungen über die Erhöhung der Feldstärke und deren Auswirkungen auf die Bürger, insbesondere in Winkelhaid.

Weil im Gemeindegebiet einige Wohnhäuser in einer sehr geringen Entfernung zur Juraleitung stehen, sei die Einhaltung des gesetzlichen Grenzwerts für die magnetische Flussdichte dort besonders sorgfältig zu prüfen. „Eine tragfähigere Begründung der Maßnahme“, forderte auch Winkelhaids Bürgermeister Michael Schmidt, der kurz nach Erhalt des Schreibens Kontakt zur Anwältin der Gemeinde aufgenommen hatte, die die Kommune in Sachen Juraleitung berät. Er schickte ein Schreiben mit dieser Forderung an Tennet und das Landratsamt.

Berechnungen nicht nachvollziehbar

Der Aufforderung des Landratsamts, die Unterlagen nachzureichen, kam Tennet zwar nach, die vorgelegten Berechnungen seien aber aus Sicht des Landratsamts, der Regierung von Mittelfranken, des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte nicht nachvollziehbar. Das Landratsamt Nürnberger Land hatte die genannten Behörden an der Prüfung beteiligt.

Weil die Richtigkeit der vorgelegten Berechnungen nach derzeitigem Stand nicht bestätigt werden kann, liegen die Voraussetzungen für eine temporäre Höherauslastung der Freileitung Ludersheim-Aschaffenburg nicht vor, teilte das Landratsamt Nürnberger Land dem Stromnetzbetreiber am 30. März mit.

"Druck auf Tennet erhöhen"

„Wir haben eine spezielle Lage in Winkelhaid, da erwarten wir eine andere Prüfung“, erklärt Bürgermeister Michael Schmidt. Er freut sich, dass das Schreiben etwas bewirkt hat. „Es wird zumindest den Druck auf Tennet erhöhen“, erklärt Wolfgang Hermes von der Bürgerinitiative „Keine Stromautobahn über Winkelhaid“. Einen Etappensieg sieht er dabei nicht, es werde alles nur etwas verzögern.

Tennet hat nun die Möglichkeit, die beabsichtigte Maßnahme erneut anzuzeigen und plausibel und nachvollziehbar nachzuweisen, die gesetzlichen Grenzwerte insbesondere in Winkelhaid einzuhalten. Hierbei muss der Netzbetreiber für neun besonders betroffene Wohngebäude die Einhaltung der Grenzwerte einzeln rechnerisch darlegen.