
Bewegende Lebensgeschichte
Bruno Eberlein wurde über Umwege zum Bademeister in Hollfeld: Inzwischen fast 4000 Schwimm-Schüler
Die fünfjährige Christin Dormann macht an diesem Tag das Seepferdchen. Das Kind aus Hollfeld steigt mit seinem Papa ins Schwimmbecken des Hollfelder Freibads und sagt: „Bruno, kann ich los?“ Am Beckenrand geht ein tief-gebräunter Mann mit grauem Schnauzbart entlang, während Christin locker die 33 Meter-Bahn schwimmt. 25 Meter bräuchte sie fürs Seepferdchen. Christin taucht noch einen gelben Ring vom Boden des Beckens, dann bekommt sie von Bruno Eberlein Seepferdchen und Urkunde.
Im November wir der 68 Jahre alte Bruno Eberlein seinen 20. Geburtstag feiern. Dann jährt sich der Tag, an dem ihm ein zweites Leben geschenkt wurde. Durch eine Operation, eine Spenderniere. Jahrelang musste Bruno Eberlein zur Dialyse. Dann bekam er eines Tages einen Anruf und sein Arzt sagte: Eine Spenderniere sei so rar, das sei „wie ein Sechser im Lotto.“ Er selbst sagt: In seinem Leben, da habe er immer nur Glück gehabt. Mit allem.
Vom Holzarbeiter zum Bademeister
Eberlein hat zwei Berufe: Holzfacharbeiter. Und Bademeister. Die zwei Berufsbezeichnungen trennen die zwei Lebensabschnitte des Mannes. In Schederndorf im Landkreis Bamberg aufgewachsen als Sohn eines Landwirtes und Sägewerksbesitzers. Natur, Tiere, Wald, Holz, sein erster Lebensabschnitt. 20 Jahre arbeitete Bruno Eberlein im elterlichen Betrieb. 1977 heiratete er eine Hollfelderin, seine Claudia, zog mit ihr in Hollfeld in eine Mietwohnung. Ein Glücksfall, sagt er. Und im gleichen Jahr geschah etwas, was sich erst später als Glücksfall erweisen sollte.
Kaum verheiratet, musste Eberlein zur Bundeswehr. Kam nach Ebern, wurde als Fahrer eingeteilt. Und hatte regelmäßig die Kampfkompanie zum Schwimmen zu fahren. Während drinnen getaucht und gekrault wurde, machte Eberlein es sich in seinem Unimog bequem, bis eines Tages ein Vorgesetzter kam und fragte: „Obergefreiter Eberlein, was machen Sie da?“ „Im Auto schlafen, bis die anderen fertig sind.“ Der Vorgesetzte kommandierte Eberlein ins Becken: „Da haben Sie auch was davon.“ Und tatsächlich, erinnert er sich: „Mein Schwimmstil wurde immer besser. Das war mein Glück.“
Über einen Mit-Fußballer dazu gekommen
Bruno Eberlein meint damit die Wendemarke in seinem Leben: Nach 20 Jahren im Sägewerk in Schederndorf hörte er dort auf. Beendete seine Holzlaufbahn. Und begann seine Wasserlaufbahn. Das kam so: Über die Jahre hatte Eberlein sich in Hollfeld eingelebt. Hatte Freunde, Bekannte. Spielte Fußball beim ASV Hollfeld. Fungierte als Jugendtrainer, kickte bei den Alten Herren zusammen mit Georg Hofmann, dem damaligen Direktor der Gesamtschule. Der kam eines Tages auf Eberlein zu: „Du kannst mit Kindern. Hast du keine Lust, bei uns Bademeister zu machen?“
Die Stelle des Bademeisters im Hallenbad der Gesamtschule war zuvor vier Mal ausgeschrieben gewesen - erfolglos. Und auch Bruno Eberlein sagte erst mal: „Nein, ich liebe die Natur, ich lasse mich doch nicht in einen Glaskasten einsperren.“ Doch nach einer kurzen Probezeit sagte Eberlein „Ja“. Machte den Rettungsschwimmer, wurde Mitglied bei der Wasserwacht.
Diese „Ja“ hat ihm und vielen Menschen viel gegeben. „Es ist schön mit Kindern zu arbeiten. Spielerisch. Du musst - das gibt es bei mir nicht. Das Wichtigste ist, wieder allein aus dem Wasser rauszukommen. Wenn einer rein springt und geht unter, dann spring ich hinterher. Ziehe ihn raus. Und dann springen wir gemeinsam wieder rein. So verliert man die Angst.“
"Nie ohne Not um Hilfe rufen"
Nur bei einem Grundgesetz des Schwimmens wird Bruno Eberlein ganz, ganz streng: „Nie, nie um Hilfe rufen, wenn man nicht in Not ist.“ Er sagt, Kinder, die im Wasser spielen, sich gegenseitig schon mal untertauchen, rufen gerne um Hilfe. Wie das halt so ist beim Spielen. Doch im Wasser sei das gefährlich. Denn es kann tödlich enden, wenn jemand, der retten könnte, einen Hilferuf nicht mehr ernst nimmt.
Als Bruno Eberlein Ende 2018 in Rente ging, war er der letzte Bademeister der Gesamtschule. Ein Jahr lang machte er nichts. Dann ging es los. Viele Hollfelder fragten: „Bruno, wer lehrt die Kinder jetzt das Schwimmen?“ Eberlein ging wieder dienstlich ins Wasser. Schwimmkurse bei der Volkshochschule (VHS). In Waischenfeld macht er im Freibad Badeaufsicht, in Hollfeld ebenfalls, vertretungsweise.
Richtig jemand retten müssen hat er nie, denn er war immer schnell genug da, immer aufmerksam. Einmal hat er ein Mädchen rausgetaucht, das gerade am Untergehen war. Die Kleine hat es nicht mal gemerkt, sich nur gewundert, dass sie plötzlich neben dem Becken saß. Eine ältere Frau hat er rausgezogen, die einen Krampf bekommen hatte - „Mensch Bruno, ich glaub‘, alleine wäre ich nicht mehr rausgekommen.“
Die kleine Christin Dormann ist eines von 2680 Kindern, denen Bademeister Bruno Eberlein in VHS-Kursen das Schwimmen beigebracht hat. Dazu kommen, so schätzt er, über 1000 Schüler der Gesamtschule. Wasser, sein Leben - „ich mach' das solange ich gesund bin.“
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