Der Erlanger Geologe Dr. Alfons Baier befasst sich seit Jahrzehnten mit dem Wasserhaushalt im Karst.
© Richard Reinl
Der Erlanger Geologe Dr. Alfons Baier befasst sich seit Jahrzehnten mit dem Wasserhaushalt im Karst.

Quellschüttung sinkt rapid

"Karstpapst" Dr. Baier: Grundwasserdefizit trotz Starkregen noch lange nicht behoben

Seit Jahrzehnten befasst sich der in seinen familiären Wurzeln aus dem Ahorntal kommende Wissenschaftler am Lehrstuhl für Angewandte Geologie der Universität Erlangen mit der Grundwassersituation im tektonisch stark geprägten Karst- und Trinkwasser-Gewinnungsgebiet der Nördlichen Frankenalb. Erschwert wird seine Arbeit dadurch, dass außer an zwei Stationen in Pegnitz nirgends in der näheren Fränkischen Schweiz Daten über Niederschlagsmengen aufgezeichnet werden.

Seit jeher extreme Wasserarmut

Der in der Fachwelt als „Karstpapst“ bekannte Geologe spricht in einer jüngst veröffentlichten wissenschaftlichen Erhebung von einer seit jeher extremen Wasserarmut auf der Albhochfläche, bedingt durch intensive Verkarstungserscheinungen in den Kalken, Mergeln und Dolomiten der Malmschichten. Früher behalfen sich die Einwohner mit der Pflege von Hüllen, dem aufwändigen Graben von Ziehbrunnen oder der Nutzung starker Karstquellen.

Die Problematik der Wasserversorgung setze sich aber bis in die Gegenwart hinein fort, wobei heute die qualitativen Besorgnisse den quantitativen Unzulänglichkeiten mindestens gleichzustellen seien. Dr. Baier: „Während der vergangenen zehn Jahre waren in Nordbayern aufgrund der außergewöhnlich warmen und trockenen Witterungsverhältnisse massive Niederschlagsdefizite zu beobachten.

Hierbei waren vor allem die stark verringerten Mengen während der Winterhalbjahre auffällig. Diese Witterungsverläufe verursachten im Karstgebirge der Frankenalb eine sehr mangelhafte Grundwasserneubildung, welche sich bis heute verfolgen lässt. Selbst während der jüngsten sintflutartigen Regenfälle waren im Karstgebirge der Frankenalb keine nennenswerten Grundwasser-Neubildungsraten zu verzeichnen.“

Aschenbrunnen liefert weniger

Mehr noch: Vielfach versiegen Quellen, Bäche trocknen aus und mancherorts kommt es sogar zu einer Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung. So weisen auch die eigentlich stark und beständig schüttenden Karstquellen wie der Aschenbrunnen in Pottenstein seit dem letzten niederschlagsreichen Jahr 2013 bis heute signifikant zurückgehende Schüttungsraten auf, von einstmals rund 17 auf heute bis unter 12 Litern pro Sekunde.

Intensiv untersucht der Geologe Dr. Alfons Baier von der Universität Erlangen seit Jahren auch den Urspring-Hungerbrunnen nahe Haselbrunn.

Intensiv untersucht der Geologe Dr. Alfons Baier von der Universität Erlangen seit Jahren auch den Urspring-Hungerbrunnen nahe Haselbrunn. © Richard Reinl

Ein weiteres Phänomen ist für Baier ein relativ häufiges Auftreten von kurzfristigen, aber teils beträchtlichen Starkniederschlägen in den Trockenperioden, wodurch vor allem während der landwirtschaftlichen Vegetationszeiten die Risiken von plötzlich auftretenden Schadstoffeinträgen in die Karstwasserkörper anstiegen: „Vor allem in dem zur Pottensteiner Trinkwassergewinnung genutzten Karstquellwasser des Aschenbrunnen im oberen Püttlachtal wurden des öfteren Kontaminationen festgestellt.“

Gülle problematisch

So wurde etwa das Auftreten von coliformen Bakterien im Spätwinter 2020/21 auf das Ausbringen von Gülle in der Quellschutzzone II zurückgeführt. Dabei sollen Wasserschutzgebiete naturreines, unbelastetes Wasser garantieren. Allerdings betrage der Anteil der bislang in Bayern rund 3100 ausgewiesenen Trinkwasser-Schutzgebiete nur knapp fünf Prozent der Landesfläche.

Der in den Tiefen große Wasservorrat in der Region ist auch deshalb unbedingt schützenswert, weil die Hollfelder und die Veldensteiner Mulde für Nordbayern äußerst wichtige Grund- und Trinkwasservorratsgebiete darstellen, weisen sie doch Grundwassermächtigkeiten von 140 bis 220 Metern auf.

Seit Jahrzehnten ist Dr. Alfons Baier auf Exkursionen in den fränkischen Karstgebieten unterwegs.

Seit Jahrzehnten ist Dr. Alfons Baier auf Exkursionen in den fränkischen Karstgebieten unterwegs. © Richard Reinl

Wasservorrat für Jahrzehnte

Die immense Bedeutung des Fränkischen Karstes als Trinkwasser-Ressource wird durch Überschlagsberechnungen der Wasserbilanz verdeutlicht. Für das Karstgebiet der Veldensteiner Mulde gehen Experten von 450 Millionen Kubikmetern Grundwasservorkommen aus, was ohne jegliche Neubildung ausreichen würde, um den Bedarf der Stadt Nürnberg für 13 Jahre und aus den Karstwasservorräten der Nördlichen Frankenalb sogar über 33 Jahre zu sichern.

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