Fall 31 von Freude für alle

Putzen statt Hartz IV: Nürnbergerin bringt sich und ihren schwerstbehinderten Sohn alleine durch

Irini Paul

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16.12.2023, 15:00 Uhr
Obwohl Paulina L.D. alleine die Verantwortung für Sohn Edgar trägt, will sie für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen und arbeitet deshalb als Reinigungskraft.

© Irini Paul, NN Obwohl Paulina L.D. alleine die Verantwortung für Sohn Edgar trägt, will sie für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen und arbeitet deshalb als Reinigungskraft.

Edgar ist ihr Ein und Alles. Das ist in jedem Augenblick zu spüren, wenn man mit Paulina L.D. und ihrem Sohn zusammensitzt: Immer wieder streichelt sie kurz über den Arm ihres Sohns, immer wieder fasst auch er neben sich, sucht den Kontakt zu seiner Mutter. Und immer lächelt die 48-Jährige, wenn sie von ihrem 14-Jährigen spricht. Klagen hört man von ihr nicht. Dabei hätte sie allen Grund dazu, sich und ihr Kind zu bemitleiden.

770 Gramm Geburtsgewicht

Edgar ist schwerstbehindert - geistig und körperlich. Er sitzt fixiert in seinem wuchtigen Rollstuhl, ein Korsett stützt ihn, damit er nicht in sich zusammensinkt. Er kann nicht sprechen, muss gefüttert und gewickelt werden - braucht rund um die Uhr Betreuung und vor allem Hilfe. Mit gerade einmal 770 Gramm war der Junge im sechsten Schwangerschaftsmonat in Portugal auf die Welt gekommen. Während der Geburt war sein Gehirn mit zu wenig Sauerstoff versorgt worden - mit massiven Folgen, die ihn sein Leben lang ein Pflegefall sein werden lassen.

Vor sechs Jahren zog Paulina L.D. mit ihm nach Deutschland, um ihn besser versorgen zu können - medizinisch, wie auch kognitiv und emotional. Von ihrem Ehemann und Edgars Vater ist sie schon lange getrennt, bringt sich und ihr Kind alleine durchs Leben. Inzwischen besucht Edgar unter der Woche eine Heilpädagogische Tagesstätte. Wenn er morgens um sieben Uhr abgeholt wird, geht Paulina L.D. ebenfalls aus dem Haus. An fünf Tagen die Woche arbeitet sie als Reinigungskraft in einem Seniorenwohnheim. Es ist eine körperlich anstrengende Arbeit.

Unruhige Nächte

Das wiegt umso schwerer, weil sie auch nachts wenig Erholung findet, da Edgar neben ihr schlecht schläft. Ein eigenes Schlafzimmer hat sie nicht. Ihr Bett steht direkt neben Edgars. In der Ecke parkt die schwere Winde, mit der Paulina L.D. ihren Jungen abends schlafen legt und morgens wieder aus dem Bett hebt. Der Teenager ist für seine zierlichen Mutter längst viel zu groß und zu schwer geworden.

Gerade einmal zwei Zimmer haben die beiden. In der winzigen Küche gibt es keinen ordentlichen Herd, lediglich zwei Elektrokochplatten. Das Badezimmer ist zwar neuwertig und gepflegt, aber völlig ungeeignet, um dort einen Schwerstbehinderten zu waschen, geschweige denn zu baden. In der gesamten Wohnung steht - abgesehen von einem Fernseher - nur das Nötigste. Kaputt gehen darf hier nichts. Paulina L.D. hat weder Geld für Neuanschaffungen, noch für Reparaturen.

Sie bezieht keine Leistungen vom Jobcenter. Mit dem gekürzten Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt, dem Kindergeld, dem Pflegegeld und ihrem Verdienst kommt sie gerade so über die Runden. Statt Hartz IV zu beantragen, geht sie putzen - auch wenn dies eine zusätzliche Belastung darstellt. Dennoch: "Ich habe die Kraft und mir tut die Arbeit gut. Dadurch habe ich auch Kontakt zu anderen", wie sie sagt. Sie fühlt sich wohl in ihrem Team. Es ist auch eine Abwechslung zum Alltag, in dem sich alles um Edgar dreht. Wenn sie ihn gegen 20 Uhr zu Bett bringt, ist auch ihr anstrengender Tag zu Ende und sie legt sich mit einem Buch schlafen.

Eine bewundernswerte Mutter

"Es ist bewundernswert, wie die Mutter das alles schafft", so die betreuende Sozialpädagogin über Paulina L.D.. Dabei sei die Alleinerziehende "sehr genügsam" und habe selbst keine großen Ansprüche. Sie ist froh über die eigenen vier Wände, dennoch würde eine größere Wohnung das Leben der beiden erheblich erleichtern. Auch wäre ein behindertengerechtes Auto, mit dem sie ihren Sohn auch zu Therapeuten und Ärzten bringen kann, von Nöten.

"Es ist nur zu erahnen, wie viel Energie, Kraft und Liebe sie aufbringt, um ihren Sohn bei sich zu Hause zu haben und nicht in eine vollstationäre Einrichtung zu geben", sagt die Sozialpädagogin. Denn das ist für Paulina L.D. kein Thema. "Ich will, dass mein Sohn bei mir lebt", sagt sie. Egal, wie anstrengend es auch sein mag. Edgar ist eben ihr Ein und Alles.

Um Paulina L.D. und ihren Sohn unterstützen zu können, bitten wir heute herzlichst um Spenden.

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