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Friseur Marcel Schneider hatte auf der Bunten Bank viele interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer.
© Christina Gänßbauer
Friseur Marcel Schneider hatte auf der Bunten Bank viele interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer.

Pride Month

„Anfeindungen waren heftig“: Homosexuelles Paar aus dem Landkreis Roth spricht Klartext

Der Juni wird bereits seit Jahren weltweit als „Pride Month“ gefeiert. Während dieses Monats sollen bis heute bestehende Ungerechtigkeiten und Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bi, trans, queeren und transidenten Personen (LSBTQ) sichtbar werden. Um einen Einblick in den Alltag und die Lebensrealität eines homosexuellen Mannes im Landkreis Roth zu bekommen, hatte die Initiative „Roth ist bunt“ den bekannten Friseur Marcel Schneider zum Beginn des Pride Month auf die „Bunte Bank“ gebeten. Das teilt die Stadt Roth mit.

Mitgebracht in den Hof den Schlosses Ratibor hatte Schneider seinen Ehemann Heinz. Beide leben zusammen in Rednitzhembach. Dort sei der Anblick des offen homosexuell lebenden Paars Normalität, sie seien in der Mitte der Gesellschaft angekommen und erfahren viel Positives bezüglich ihrer Personen und ihres Engagements. Die beiden bestellen ihr Anwesen und sind gelegentlich auch auf dem Traktor auf dem Weg in die eigenen Wälder anzutreffen.

Ein eher ungewöhnliches Bild, mag es doch nicht zu dem immer noch aktuellen Klischee eines femininen Auftretens passen. So ist es nicht verwunderlich, dass Schneider anmerkt, dass homosexuelle Männer oft auf ihre Sexualität reduziert werden. Es irritiere ihn bis heute, dass der Mensch dahinter, mit all seinem Engagement für die Gesellschaft, mit seinen beruflichen Erfolgen und seiner politischen Arbeit völlig übersehen, wertlos wird.

Drohungen hatten „Auswirkungen auf mich als Person und auf mein Verhalten“

Schneiders Umgang damit war aber nicht immer so selbstsicher, lässig. „Die Anfeindungen waren schon heftig“, meint Schneider und erzählt von anonymen Briefen, in denen ihm gedroht wurde, er werde beim abendlichen Spaziergang mit seinem Hund an der Rednitz entlang sein blaues Wunder erleben. „Das hatte Auswirkungen auf mich als Person und auf mein Verhalten. Bis heute.“ Heinz sitzt daneben und nickt.

Schneider merkte bereits als Heranwachsender, dass mit ihm „irgendwas nicht stimmte“, da eine erste Beziehung zu einem Mädchen nicht gut lief, die großen Gefühle und die Neugierde auf Intimitäten mit dem anderen Geschlecht ausblieben. Gleichzeitig stellte er fest, dass er sich vom gleichen Geschlecht angezogen fühlte. Diese Zerrissenheit zwischen erwarteter Norm, an der er scheiterte, und der Unklarheit, was genau mit ihm los war, führte dazu, dass die Noten immer schlechter wurden und sich eine Depression Bahn brach.

Seine Stiefschwester sprach ihn darauf an und er vertraute sich ihr an. Sein Coming-out beim Vater aber zögerte er weiter und weiter hinaus. Als er seinem Vater endlich sagte, dass er auf Männer stehe, sagte dieser nur „Geh!“ Nach etwa drei Wochen Stille klingelte Marcel Schneiders Telefon und der Vater sagte: „Komm!“ Erst mit Heinz konnte der Vater die Homosexualität seines Sohns voll akzeptieren.

Zum Schluss des Gesprächs auf der Bunten Bank wird Schneider noch einmal ernst. „Die Diskriminierungen, die Transpersonen in der heutigen Zeit erfahren müssen, sind heftig.“ Warum sich viele von transidenten Menschen angegriffen fühlen, versteht er nicht. Sein jahrzehntelanges Engagement für queere Menschen hat zum Ziel, Vorurteile abzubauen und Menschen in Kontakt zu bringen. Nur persönlicher Kontakt und das Gespräch könnten Toleranz fördern und so Diskriminierung abbauen. Wichtige Eigenschaften einer vielfältigen Gesellschaft und starken Demokratie. „Leben und leben lassen“, lautet sein Motto.

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