Rückblick 2021: ICE, Amazon und P53

Landkreis Roth: Bürger-Proteste halten an

23.12.2021, 14:43 Uhr
Lautstark wehrt sich die Bürgerinitiative Harrlach seit vergangenem Sommer gegen die Pläne der Bahn, ein ICE-Instandhaltungswerk entlang der A 9 zwischen Altenfelden und Harrlach zu bauen.

© Archivfoto: Robert Schmitt Lautstark wehrt sich die Bürgerinitiative Harrlach seit vergangenem Sommer gegen die Pläne der Bahn, ein ICE-Instandhaltungswerk entlang der A 9 zwischen Altenfelden und Harrlach zu bauen.

ICE-Ausbesserungswerk. Die Deutsche Bahn hat aussortiert. Als mögliche Standorte für das geplante ICE-Ausbesserungswerk im Großraum Nürnberg sind nur noch das ehemalige Heeresmunitionslager (Muna-Gelände) in Feucht, ein Areal südlich davon und eines bei Allersberg/Pyrbaum/Harrlach übriggeblieben.

Gegen alle drei Varianten regte sich 2021 in der Bevölkerung großer Widerstand. Bürgerinitiativen laufen immer noch Sturm gegen die Standorte, die sie allesamt für nicht geeignet halten. Tenor: „Wir sehen ein, dass ein Werk gebaut werden muss, aber es ist uns unverständlich, wie eine ,grüne Bahn’ auf die Idee kommt, in den Wald zu bauen.“

Ihrer Meinung nach sollten ökologische Kriterien stärker oder zumindest gleichgewichtig mit ökonomischen Kriterien in die endgültige Standortwahl einfließen: „Angesichts des Klimawandels fordern wir, dass Standorte auf bereits versiegeltem Boden gefunden werden müssen. Es reicht nicht aus, lediglich einige Details in Planung und Ausführung des ICE Werks zu ändern. Das Grundproblem bleibt ja bestehen, nämlich die Wahl ungeeigneter Standorte mitten im Bannwald, der Abholzung von mindestens 45 Hektar Wald und großflächige Zerstörung eines nach EU-Recht geschützten Vogelschutzgebiets, um nur die wesentlichen Kritikpunkte zu nennen. Bei dem Standort Roth-Harrlach kommt die Lage direkt im Wassereinzugsgebiet der Stadt Fürth hinzu.“

Die Harrlacher BI hält eine grundlegende Neuorientierung für dringend erforderlich. Die erstrebenswerte Verkehrswende dürfe nicht dazu führen, dass Pläne der Bahn als ,alternativlos’ gelten und alle anderen Umweltkriterien außer Acht gelassen werden. Eine echte Verkehrswende und damit angestrebte Kohlendioxid-Reduzierung kann nicht mit der Abholzung von 45 Hektar Bannwald erreicht werden, ist doch der Wald einer der wichtigsten Kohlendioxid-Speicher.“

Die Bürgerinitiativen haben gewichtige politische Fürsprecher im Landkreis: Die Bahn habe bei der Standortsuche ein faires, transparentes Verfahren versprochen, dieses Versprechen aber nicht eingehalten, so Landrat Herbert Eckstein. Eckstein wie auch die Sprecher aus den einzelnen Fraktionen im Kreistag forderten die Bahn auf, "alles auf Null zurückzustellen". Ansonsten gehe der "Glaube an eine objektive Prüfung" verloren. Selbstverständlich sei jeder denkbare Standort "sensibel". Aber das bisherige Vorgehen "empört und entsetzt", so Eckstein.


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Der Landkreis Roth will sich im Streit um die mögliche Ansiedlung eines ICE-Instandhaltungswerks nun anwaltschaftliche Hilfe in einem möglichst frühen Stadium holen. Herbert Eckstein kündigte zudem an, dass der Bevollmächtigte der Deutschen Bahn für Bayern, Klaus-Dieter Josel, am 19. Januar 2022 in eine Sitzung des Kreisausschusses von Roth kommen werde. Einen Tag später wird es in Nürnberg einen "Runden Tisch" geben. Die wichtigste Bedingung dafür, dass Eckstein dort teilnimmt, sind erfüllt: Die Bahn will bei der Regierung von Mittelfranken erst danach die Unterlagen für das Raumordnungsverfahren einreichen. Ursprünglich hätte das schon im November oder Dezember 2021 passieren sollen.

Amazon. Der Versandriese Amazon will sich in Allersberg ansiedeln und dort ein Sortierzentrum bauen. Seitdem streiten sich Gegner und Befürworter. Im Oktober hat sich die Mehrheit des Allersberger Marktgemeinderats gegen einen erneuten Bürgerentscheid zum Logistikgebiet West 1 ausgesprochen und somit das Bürgerbegehren „Mit Ja – für Gewerbeentwicklung ohne Amazon“ für unzulässig erklärt, woraufhin die gleichnamige Bürgerinitiative ankündigte, gegen diese Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht Ansbach klagen. Und jetzt haben sich auch noch Bund Naturschutz und die Fürther Grünen-MdL Barbara Fuchs eingeschaltet. Es geht um das Wasserschutzgebiet bei Allersberg, aus dem die Stadt Fürth über das städtische Unternehmen Infra aktuell mehr als 40 Prozent ihres Trinkwassers bezieht. Ihre Sorge: „Bedrohen die Pläne für ein ICE-Werk und zwei Gewerbegebiete bei Allersberg unser Trinkwasser?“.

Stromtrasse P53. Beim heftigen Streit um die geplante neue Juraleitung hat sich die Lage im Landkreis zumindest vorerst etwas entspannt. Der Grund: Die Betreiberfirma TenneT ist mit der sogenannten Nordtrasse ins Raumordnungsverfahren gegangen. Sie führt nördlich von Schwabach grob gesagt entlang der Bestandstrasse. Aktuell wird die Südtrasse nicht weiterverfolgt. Sie würde südlich von Schwabach durch nördliche Landkreisgemeinden verlaufen. Das letzte Wort aber ist damit noch nicht gesprochen. Das hängt vom Ergebnis des Raumordungsverfahrens bei der Regierung von Mittelfranken ab. Die Nordtrasse berührt Teile der Gemeinde Rohr und der Marktgemeinde Wendelstein, nicht aber Kammerstein, Büchenbach, Rednitzhembach und Schwanstetten.

Apropos Politik. Das hat es in Schwabach und dem Landkreis Roth noch nicht gegeben: Gleich vier neue Bundestagsabgeordnete aus beiden Wahlkreisen wurden bei der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages am Dienstag, 26. Oktober, in ihre neue Aufgabe eingeführt. Schwabach wird künftig nicht nur von Michael Frieser (CSU) vertreten, sondern auch von Sascha Müller von den Grünen. Für den Landkreis Roth zuständig sind Ralph Edelhäußer (CSU), der Gewinner des Direktmandats, sowie Jan Plobner (SPD) und Kristine Lütke (FDP).

Der Wechsel Edelhäußers nach Berlin hat zur Folge, dass in der Kreisstadt Roth am 16. Januar 2022 ein neuer Bürgermeister gewählt werden muss. Bis dorthin führt der bisherige Bürgermeister-Stellvertreter Andreas Buckreus (SPD) interimsmäßig die Amtsgeschäfte. Für die Bürgermeisterwahl steht er als SPD-Kandidat zur Verfügung. Er muss sich gegen vier Mitbewerber durchsetzen, als da sind der Rechtsanwalt Hans-Günter Kraetsch (CSU), Florian Weber (Die Partei), Michael Ruthard (FDP) und Stefan Kuschel (Die Basis).

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