Die Geburtshilfe in der Rother Kreisklinik steht vor dem Aus, im November könnte die Abteilung bereits zu sein. In Schwabach wurde bereits vor über zehn Jahren die Geburtsstation dicht gemacht.
© Marco Frömter
Die Geburtshilfe in der Rother Kreisklinik steht vor dem Aus, im November könnte die Abteilung bereits zu sein. In Schwabach wurde bereits vor über zehn Jahren die Geburtsstation dicht gemacht.

Besetzung gefährdet

Paukenschlag an Rother Kreiskrankenhaus: Geburtshilfe- und Belegstation müssen schließen

Es ist eine kurzfristige und traurige Nachricht gewesen, die Vorständin Nadine Ortner und Landrat Ben Schwarz den Beschäftigten der Kreisklinik Roth bei der turnusgemäßen Mitarbeiterversammlung am Montag überbringen mussten: Der Geburtshilfe sowie der Belegabteilung droht das Aus.

Wenige Tage zuvor hatten die Gynäkologen Dr. Christian Grüner, Dr. Thomas Klein und Hendryk Zollver die Vertreter des Krankenhausträgers und -geschäftsführung über ihre Entscheidung, die belegärztlich geleitete Geburtshilfe schließen zu wollen, informiert. Geplant ist das zum 1. November, nachdem zuvor ein Schließungsszenario zum Sommeranfang im Raum gestanden hatte. Mediziner, Klinikleitung und das Landratsamt bedauern diese Entscheidung gleichermaßen, sehen aber zum jetzigen Zeitpunkt und vor dem aktuellen Sachstand keine Alternative.

Körperliche und psychische Überlastung bei Rother Ärzten

Das Belegärzte-Trio beklagt schon seit geraumer Zeit seine körperliche wie psychische Überlastung und verweist damit einhergehend auf rund 3000 anfallende Stunden Bereitschaftsdienst pro Jahr. Dies sei nach Aussagen der Mediziner mit ein Grund gewesen, warum sie trotz intensiver Gespräche keinen Kollegen für eine Mitarbeit gewinnen konnten, um den zum Jahresende ausgeschiedenen Dr. Andreas Bittl adäquat zu ersetzen. Seit diesem hatte sich die Belastung zugespitzt. „Zu dritt ist der zeitaufwändige Bereitschaftsdienst neben dem Praxisbetrieb einfach nicht zu stemmen“, betonen sie unisono. Schließlich möchten sie „ihre Patientinnen bestmöglich versorgen.“ Auch Klinik-Vorständin Nadine Ortner handelte sich in ihrem Bemühen um personelle Entlastung nur Absagen ein.

Die Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft ist seit Wochen auf Kante genäht, alle Beteiligten beschreiben die Situation als hoch prekär. „Wenn nur ein Mosaikstein in diesem sensiblen Konstrukt wegfällt, ist die Dienstbesetzung gefährdet“, fasst Ben Schwarz die Fakten zusammen. Insofern ist nicht auszuschließen, dass es schon vor dem 1. November zu Ausfallzeiten kommen kann. „Unser oberstes Ziel ist es die optimale Betreuung der werdenden Mütter und Kinder sowie aller Patientinnen.“

Diese Entwicklung in negativer Hinsicht begleiten die Vorboten einer neuen gesetzlichen Regelung. Nach den aktuellen Vorgaben des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) bräuchte es für eine Geburtshilfeabteilung ab dem 1. Januar 2027 mindestens drei Fachärzte in Vollzeit. „Eine Anforderung, die vor dem jetzt schon bestehenden Mangel an Gynäkologen für uns unmöglich zu erfüllen sein wird“, erklärt Klinikvorständin Nadine Ortner. Zumal diese sogenannten Leistungsgruppen bis Herbst beim Bayerischen Gesundheitsministerium beantragt werden müssen.

Eine Entwicklung, die Landrat Ben Schwarz als Vertreter des Krankenhausträgers, der für die sogenannte Sicherstellung der stationären Versorgung der Landkreisbevölkerung zuständig ist, zutiefst bedauert. „Sie können mir glauben, dass mich das umtreibt, wir reden da über ein hohes Gut.“ Sollte „nicht ein kleines Wunder geschehen“, macht er der Station aufgrund der „nicht mehr passenden und von uns nicht beinflussbaren Rahmenbedingungen“ keine Hoffnung mehr.

Zahl der Geburten in Roth sinkt

Hintergrund: Von über 600 Geburten beispielsweise in 2018 fiel die Zahl auf deutlich unter 500 in den vergangenen Jahren. „Dies hat auch unmittelbar finanzielle Auswirkungen für unser Haus, weil dadurch Förderungen wegfallen“, erklärt Nadine Ortner. „Leider kommen weniger als die Hälfte aller Neugeborenen, die im Landkreis gemeldet werden, in unserer eigenen Kreisklinik zur Welt. Mit ein Grund für die Wahl eines anderen Krankenhauses ist das Sicherheitsbedürfnis vieler werdender Eltern, die im Fall der Fälle gerne eine Kinderklinik/Pädiatrie „eine Tür weiter“ hätten. Eine Tendenz, die sich auch bundesweit mehr und mehr durchsetzt.

Ortner und Landrat Ben Schwarz betonen gemeinsam, alles Denkbare für eine Lösung getan zu haben und zu tun, beide wollen auch weiter nichts unversucht lassen. So wurden benachbarte Kliniken angefragt, mit möglichen Partnern gesprochen und Kooperationen gesucht. Aber: „All dies war bisher ernüchternd und ergebnislos.“ Ganz aufgeben wollen beide die Hoffnung aber noch. „Es wäre natürlich fantastisch, wenn sich der gesuchte vierte Arzt doch noch finden würde“, unterstreicht Landrat Schwarz einen „echten Hilferuf“. Er weist explizit darauf hin, dass sowohl das Gesundheitsministerium als auch die Bayerische Krankenhausgesellschaft und der Landkreistag eingeschaltet wurden. „Wir sind wirklich auf allen Ebenen mit Hochdruck dran.“ Dieses Bemühen bis zuletzt erklärt auch, warum die Nachricht mit relativ wenig Vorlauf bei der Mitarbeiterversammlung bekannt gegeben wurde.

Die Vorständin der Rother Kreisklinik, Nadine Ortner, und Landrat Ben Schwarz verkündeten den Beschäftigten am Montag die Neuigkeiten.

Die Vorständin der Rother Kreisklinik, Nadine Ortner, und Landrat Ben Schwarz verkündeten den Beschäftigten am Montag die Neuigkeiten. © Petra Schoplocher/LRA Roth

Für die Schwangeren versucht man nun aktiv, Alternativen anzubieten, schließlich ist es erklärtes Ziel von Klinik und Landkreis, eine beste Versorgung zu bieten und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. In bereits laufenden Gesprächen wurde intensiv die Etablierung eines Geburtshauses am Standort geprüft. „Dort wären dann auch weiterhin Spontangeburten möglich“, erläutert Nadine Ortner. „So könnten beispielsweise auch Vorbereitungskurse angeboten sowie eine Nachsorge in angenehmer Atmosphäre garantiert werden. „Damit bliebe auch der regionale Charakter erhalten.“

Entscheidung betrifft werdende Eltern, Hebammen und Beschäftigte

Allen Beteiligten ist bewusst, wie weitreichend die Entscheidung ist: für werdende Eltern, Hebammen, die Beschäftigten in der Kreisklinik, aber auch andere Krankenhäuser und Kinderarztpraxen. Sie alle werden oder wurden im Lauf des Montags oder möglichst zeitnah informiert. Für Fragen zum Thema sind „Hotlines „ eingerichtet, die unter den Nummern 09171 802 296 sowie 09171 – 81 1344 (Montag bis Freitag, 8 bis 17 Uhr) zu erreichen sind. Nadine Ortner betont, dass die Klinik allen betroffenen Beschäftigten ein Angebot werden wird.

Wenngleich der Rückzug der Belegärzte bedeutet, dass es ab 1. November keine „Station eins“ und damit keine gynäkologischen Eingriffe mehr in der Klinik geben könnte, ist allen Beteiligten eine Botschaft wichtig: „Wir lassen die Frauen und ihre die Familien nicht alleine und wissen um unsere Verantwortung.“

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