Positives Beispiel aus Schwabach

Optimismus trotz Energiekrise: So will Blumen Schwarz sein Geschäft durch den Winter retten

Robert Gerner

Schwabacher Tagblatt

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14.9.2022, 15:32 Uhr
Anpacken statt jammern: Heino Schwarz.

© Gerner, no credit Anpacken statt jammern: Heino Schwarz.

Normalerweise läuft das so: Ein Text erscheint in der Zeitung oder auf den Online-Seiten unseres Medienhauses - und wird dann via Facebook eifrig kommentiert.

In Ausnahmefällen gibt es aber auch den umgekehrten Weg. Der Schwabacher Gärtnermeister Heino Schwarz hat sich in einem langen Facebook-Post mit den Folgen explodierender Energiepreise auseinandergesetzt. Und ausführlich dargelegt, wie er versuchen will, durch die Krise zu kommen.

Schwarz malt keine Luftschlösser und bei ihm ist die Welt ganz bestimmt auch nicht rosarot. Aber es ist trotzdem außergewöhnlich, dass da einer ist, der nicht in erster Linie auf die Politik zeigt, sondern versucht, das Beste aus einer ganz schwierigen Situation zu machen.

Das hat unsere Redaktion so beeindruckt, dass wir uns dazu entschlossen haben, Heino Schwarz Schreiben in leicht gekürzter Form an dieser Stelle wiederzugeben. Man könnte auch sagen: zu teilen:

Nicht erpressbar machen

"Vorab: Wenn im Handwerk oder Mittelstand Stimmen von Geschäftsleuten laut werden, dass man sich doch einfach mit Putin gut stellen sollte, sind wir entsetzt. Obwohl wir in vielen Bereichen der Energiekrise stark betroffen sind, lehnen wir diese Meinung ab. Das würde die Fehler der vergangen Energiepolitik nur schlimmer machen. Wir wollen auch in Zukunft in einem freien Europa leben, welches nicht von irgendwelchen Diktatoren erpresst und bestimmt werden kann.

Die aktuelle Situation ist für den Gartenbau, der ja mit seinen Gewächshäusern viel Energie benötigt, nicht einfach. Die Meldungen, die bei uns auflaufen, sind nicht positiv: In Holland sollen 40 Prozent der Gartenbaubetriebe die Produktion im Winter einstellen. Gas könnte sechs- bis siebenmal teurer werden, der Strompreis wird ebenso explodieren. Jungpflanzen sind aus europäischer Anzucht nur eingeschränkt zu bekommen. Transportmöglichkeiten aus der südlichen Halbkugel fehlen. Einige deutsche Gartencenter planen von Weihnachten bis Anfang März komplett zu schließen.

Leider leben wir nicht in einer zauberhaften Blase, sodass uns dies alles nicht betrifft. Wir haben aber die letzten Wochen viel geredet, nachgedacht und Lösungen ersonnen. Deshalb hier: Unser Plan für den Winter.

Zunächst: Maßnahmen, die unsere Kunden bemerken werden: Ab Ende Oktober wandern in Schwabach unsere Schnittblumen in das Verkaufsgewächshaus nebendran. Die Schnittblumen halten Temperaturen um die 4 Grad locker aus. Hingegen werden die Zimmerpflanzen, die es wärmer benötigen, in den besser isolierten jetzigen Schnittblumenbereich umziehen. Dadurch wird das Zimmerpflanzensortiment im Winterhalbjahr etwas geringer als sonst. Im Winter werden wir wieder auf "alte" Zimmerpflanzen, die es etwas kälter vertragen, eine Priorität legen.

Das große Zimmerpflanzengewächshaus in Schwabach wird von Außen mit Noppenfolie eingepackt. Das macht den Blick im Inneren nicht so schön. Aber es ist effektiv.

In allen Betrieben wird es im Winter dunkler: Wir stellen die letzten Schweinwerfer auf LED um und reduzieren gleichzeitig die Helligkeit, beziehungsweise schalten in einigen Bereichen das Licht über Bewegungsmelder an. Die adventliche Lichterdekoration wird drastisch eingeschränkt.

Daneben die "stillen Aktionen", von denen die Kunden im besten Fall nichts mitbekommen: In den nächsten Wochen werden noch die fehlenden vier Gewächshäuser mit aktuellen Klimacomputern ausgerüstet. Dann können wir überall Temperaturstrategien wie "Cool Morning" oder das "Weihenstephaner Modell" einstellen. Bei letzteren wird um 24 Uhr die Heizung in den Gewächshäusern fast abgestellt und erst wieder um 10 Uhr Vormittags angeheizt. Interessanterweise vertragen das die meisten Pflanzen sehr gut und werden dadurch stabiler. Die Probleme mit Taupunkt-Unterschreitung löst dabei der Klimacomputer elegant.

Unsere Sommerpflanzen für den Maiverkauf werden deutlich später angezogen. Normalerweise haben wir mit dem Topfen Ende Januar begonnen. Das hilft uns im März, wenn es mit Friedhof, Gärten und Verkauf losgeht, mit dem Topfen fertig zu sein. Für die nächste Saison starten wir mit dem Topfen erst Ende Februar. Damit dies klappt, werden unsere Gärtner im kleinen Schichtbetrieb arbeiten und unsere Topfstraße täglich mindestens zehn Stunden am Laufen halten. Auf die fertige Pflanzqualität hat diese Änderung wenig Einfluss.

Am Schwabacher Stammbetrieb haben wir noch einen Erdöltank. Der lagert seit Jahren als Notfall für einen Gasausfall und ist fast voll. Jetzt sind wir wirklich froh darüber und hoffen, damit über den Winter zu kommen.

Die Rutzendorfer Gärtnerei ist von der Energieversorgung sicher. Hier haben wir BioLPG und heizen damit schon seit langem deutlich teurer, aber dafür CO2-neutral. Dieses Produkt kam nie aus Russland und daher ist die Lieferung gewährleistet.

Umstellung auf BioLPG

Unser Überwinterungsbetrieb wird im Oktober von Erdgas auf BioLPG umgestellt. Das sind relativ einfache Arbeiten, und wir können damit auch hier entspannt in den Winter gehen. Entspannt heißt im Klartext, dass das BioLPG ziemlich exakt das Doppelte kostet, was uns bisher das Erdgas gekostet hat. Trotzdem freuen wir uns darüber, weil wir damit einen planbaren Preis haben.

Die Pflanzenpreise, gerade bei Schnittblumen, werden zwar rasant weiter steigen. Wir versuchen das abzufangen und noch mehr auf regionale Produkte zu setzen. Wir planen weder Verringerungen der Öffnungszeiten noch Reduzierung unseres Sortimentes. Noch sonstige tiefgreifende Einschnitte.

Wir feiern dieses 120 Jahre Betriebsgeschichte. Unsere Vorfahren haben zwei Weltkriege überlebt und die Gärtnerei auch in diesen schwierigen Zeiten weitergeführt. Von solchen Situationen sind wir meilenweit entfernt und denken: Wir sehen dies als Ansporn nicht zu jammern, sondern zu handeln und das Beste aus der Situation zu machen.

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