Darum kostet das Reisen oft doppelt so viel

Urlaub ist Ihnen zu teuer? An diesen unterschätzten Zielen können Sie ihn sich noch leisten

Matthias Niese

Leben / Magazin am Wochenende / Gute Reise

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2.9.2023, 12:36 Uhr
Wie teuer der Strandurlaub wohl im nächsten Jahr wird? An vielen Zielen geht´s auch billiger.

© imago images/PantherMedia, NNZ Wie teuer der Strandurlaub wohl im nächsten Jahr wird? An vielen Zielen geht´s auch billiger.

Mallorca galt mal als Putzfraueninsel, weil sich auch untere Einkommensklassen eine Flugpauschalreise dorthin mit Kindern in den Ferien leisten konnten. Wer heuer dort nach zwei Wochen Familienurlaub in der Hauptsaison im Ferienhotel sucht, bekommt Schnappatmung: Inklusive Flug beginnen die Preise je nach Angebot teils bei 4000 Euro - 7000 Euro und mehr für vier Personen sind schnell erreicht, sogar die Türkei erreicht ähnliche preisliche Sphären, ist aber im Vergleich noch günstiger.

Schon immer wird Urlaub schleichend teurer, doch die Preise sind noch nie derart explodiert: Überall kostet zweiwöchiger Pauschalurlaub in den Ferien je nach Kategorie 1000 bis 3500 Euro mehr also sonst. Das liegt nicht nur an der Inflation: Beliebte Reiseziele wie Mallorca oder Südtirol setzen auf wohlhabende Gäste aus der ganzen Welt statt auf die deutsche Mittel- oder Unterschicht. Und so erleben wir erstmals einen teuren Reisesommer, in dem sich viele - vor allem Familien - erstmals ihren gewohnten Urlaub nicht mehr leisten können oder wollen.

Die meisten würden anderen Urlaub machen, um Geld zu sparen

Bei vielen setzt wegen des Preisdrucks ein Umdenken ein, nach dem Motto: "Wenn wir uns den Urlaub wie früher nicht mehr leisten können, dann backen wir halt diesmal kleinere Brötchen oder wechseln das Ziel." Das belegt auch eine aktuelle Studie von Skyscanner mit OnePoll: 94 Prozent der Deutschen sind demnach grundsätzlich offen für Reisen zu unterschätzten oder weniger bekannten Reisezielen, wobei mehr als die Hälfte (58 Prozent) angibt, dass sie bereit wären, ihre bevorzugten Urlaubsziele gegen eine alternative Option einzutauschen, wenn sie dadurch Geld sparen könnten.

Fast die Hälfte der deutschen Reisenden (46 Prozent) hatten laut der Studie wegen der hohen Preise ihren Sommerurlaub in diesem Jahr Anfang Juli noch nicht gebucht, 38 Prozent kannten noch nicht einmal ihr Ziel.

An unterschätzten Zielen wird der Urlaub billiger

Doch was sind die Alternativen? An diesen beispielhaften Orten entgehen Sie den Touristenströmen, sie sind zudem noch deutlich günstiger als ein vergleichbarer klassischer Urlaubsort. Ein detaillierteres Beispiel: Wem etwa die Karibik zu teuer ist, findet auf Fuerteventura (Kanaren) oder Sardinien fast genauso schöne Strände. Wem wiederum die Kanaren zu teuer sind (Hin- und Rückflug ab 220 Euro), tauscht sie gegen die Küste von Asturien in Spanien (Hin- und Rückflug ab 80 Euro). Das Meer in Asturien und insgesamt im Norden des spanischen Festlandes mit seinem kristallklaren Wasser und den Sandstränden lockt jährlich mehr und mehr Touristen an. Die Costa Verde Asturiens ist noch ein verstecktes, nicht zu heißes und grünes Juwel - perfekt für Alleinreisende, Gruppen und Familien. Ähnlich die erstaunlich grüne spanische Atlantikküste bei Cadiz.

Städtereisende könnten Amsterdam durch Antwerpen, Leiden oder Utrecht ersetzen, das kroatische Dubrovnik durch Zadar oder Trogir, das spanische Barcelona durch Valencia oder das hübsche Málaga. Viel billiger als Mallorca sind der türkische Teil Zyperns, die Strände Tunesiens oder die bulgarische Schwarzmeerküste. Zakynthos ist die günstigere Alternative zum sündteuren Mykonos, und wer Venedig meiden möchte, besucht stattdessen Chioggia am Südende der Lagune - genauso schön, nur viel kleiner, günstiger und unberührter.

Urlauben Sie statt auf Korfu zum halben Preis im nahen albanischen Saranda - das erreichen Sie für wenige Euro ab Korfu mit der Fähre. Günstige Alternativen zu Frankreich oder Italien sind Polen, Tschechien, Ungarn und sogar Rumänien, die seit ihrem Beitritt zur EU riesige Fortschritte gemacht haben und inzwischen tolle touristische Infrastruktur auf dem Land, an Seen oder am Meer aufgebaut haben. Hier isst die ganze Familie etwa für 30 Euro im Restaurant, ein Bier kostet um die 2 Euro.

Fernreisende in die USA fliegen viel günstiger nach Boston statt nach Los Angeles. Wer in Asien günstig vor Ort reisen will, wählt statt Malaysia oder Thailand lieber Indonesien, Vietnam oder die Philippinen mit ihrer unerreicht schönen Inselwelt. In Südamerika ist Argentinien viel günstiger als etwa Chile. Diese Anregungen zeigen Ihnen, dass sich die Suche nach Alternativen lohnt - Ihr örtliches Reisebüro hilft Ihnen dabei, die passende Destination zu finden.

Auch das macht den Urlaub günstig

Ein junger Trend sind Ferienanlagen, die zwar sorgenfreien All-inclusive-Urlaub mit Restaurants, Strandbars, Animation und kostenlosem Sportangebot bieten, die Gäste aber in simpelsten Unterkünften - etwa in Strohhütten wie in einem polynesischen Dorf, in denen oft nur Betten und Regale stehen - untergebracht sind. Teils gibt es in ihnen noch nicht einmal Strom, dafür herrliche Ungezwungenheit bei Kerzenschein, wenig mediale Ablenkung - und alles an einem tollen Strand.

Selbstversorger im Familienquartier kommen noch am günstigsten weg, aber auch hier haben die Preise kräftig angezogen: Ferienwohnungen in den Bergen oder am Meer im August kosten schnell ab 1500 Euro die Woche, mit deutlicher Tendenz aufwärts, Ferienhäuschen kosten meist einiges mehr. Hinzukommen noch die Kosten für die Anreise - je nach Ziel per Flieger. Doch gerade Flüge sind besonders teuer geworden - die Nachfrage ist extrem groß, die Kapazitäten sind seit Corona noch immer zu gering.

Also machen viele diesmal lieber eine günstigere Autoreise, was zu noch längeren Staus führt und die Nachfrage nach per PKW erreichbaren Zielen vergrößert - das treibt die Preise. Eine simple Hütte in den Bergen? Kostet auch schon 1200 Euro die Woche. Das Mobile Home auf dem Campingplatz? Hat preislich manchmal Hotelniveau erreicht. Schnell sind 1700 Euro und mehr die Woche weg, selbst einfache Hütten ohne Bad und Toilette kosten in der Hauptsaison 110 Euro und mehr. Das leere Fleckchen Erde auf dem Campingplatz am Meer? Überspringt je nach Ausstattung schnell und deutlich die 800-Euro-Marke pro Woche.

Camping wird zum glamourösen Glamping

Gerade Campingurlaub ist oft zum Luxus geworden: Plätze in den Bergen, an der Küste oder an Seen bauen auf Stellflächen für Zelte, Wohnwagen und Wohnmobile immer mehr Wohncontainer (Mobile Homes), mit denen sie deutlich mehr Umsatz machen als mit der leeren Wiese. Die Nachfrage steigt, denn Hotels sind vielen zu teuer - europaweit stagniert die Zahl der Plätze seit Jahren bei etwa 28.000, und die bestehenden können kaum wachsen.

Dennoch wollen alle gerade dort hin. Wer im Sommer am Traumziel Ferien machen will, muss oft vor Weihnachten, manchmal sogar schon im Sommer davor buchen. Ähnliches gilt inzwischen sogar schon für die relativ raren Wintercampingplätze, die eine günstige Alternative für den extrem teuer gewordenen Skiurlaub im Hotel geworden sind.

Aus Camping ist der Trend Glamping geworden - selbst üppig ausgestattete Zelte werden als Luxusdomizile zu stolzen Preisen vermietet. Und all die solventen Wohnmobil- und Caravankäufer der Coronajahre suchen in Konkurrenz nach einem hübschen Platz an den attraktivsten Orten der Welt auf Plätzen, die eher Ferienresorts gleichen denn einem Campingplatz. Viele werden von großen Ketten übernommen und durchkommerzialisiert.

Deutsche Plätze sind laut einer Auswertung des Portals Pincamp für ein Paar mit Kind und Wohnmobil mit durchschnittlich 42,62 Euro noch vergleichsweise günstig, jedoch elf Prozent teurer als im Vorjahr. In Kroatien sind hingegen 69,30 Euro pro Nacht fällig, 15 Prozent mehr als 2022. In Italien sind es 65,80 Euro, plus neun Prozent. Die tollsten Plätze in besten Lagen kosten schnell 120 Euro pro Nacht und mehr, noch teurer wird's bei mehr Kindern plus Hund.

Die Alternative sind private Camping- und Stellplätze etwa bei Winzern oder auf Bauernhöfen, die die angespannte Situation entzerren und Urlaub ohne Massenauflauf möglich machen - zu Preisen zwischen 10 und rund 30 Euro. Sie finden sie etwa bei hinterland.camp, mycabin.eu, homecamper.de, camperland.de, stellplatzvonprivat.de und anderen Anbietern - googeln Sie einfach mal "Verzeichnis private Stellplätze". Unter "Kleine Campingplätze" werden Sie auch genug intime und günstige Flächen für Zelte entdecken - sortiert nach Regionen und Ländern.

Seien Sie beim Reisedatum flexibel

Noch mehr spart, wer beim Reisedatum flexibel ist: Die Suche nach mehreren Terminen ist eine der besten Chancen, ein Schnäppchen zu machen. Die Flugpreise richten sich nach Angebot und Nachfrage. Da einige Termine beliebter sind als andere, variieren die Preise. Stellen Sie bei Ihrer Flugbuchungs-Suchmaschine als Zeitraum den ganzen Monat ein - dann finden Sie günstige Flüge im Vergleich auf einen Blick. Schon wer sich überlegt, einen Tag vor oder nach seinem ursprünglichen Abreisedatum zu fliegen, kann zum Beispiel an weniger beliebten Wochentagen deutlich günstiger reisen.

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