Ein Polizist (M) steht in einem Gerichtssaal im Landgericht neben seinem Anwalt Christian Jäckle (l). Er ist wegen einer Schussabgabe im Umfeld des Stadions während des Bundesligaspiels Augsburg-Mönchengladbach angeklagt.
© Karl-Josef Hildenbrand/Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Ein Polizist (M) steht in einem Gerichtssaal im Landgericht neben seinem Anwalt Christian Jäckle (l). Er ist wegen einer Schussabgabe im Umfeld des Stadions während des Bundesligaspiels Augsburg-Mönchengladbach angeklagt.

Prozessauftakt

Wasserschlacht vor Stadion eskaliert - plötzlich schießt ein Nürnberger Polizist scharf

Im Prozess um einen Schuss aus seiner Dienstwaffe am Rande eines Bundesligaspiels in Augsburg beruft sich der angeklagte Polizist auf eine sekundenlange Erinnerungslücke. Eine Wasserschlacht unter Polizeikollegen vor dem Fußballstadion sei aus dem Ruder gelaufen, sagte der 28-Jährige vor dem Landgericht Augsburg.

Die Teilnehmer der Wasserschlacht vor dem Augsburger Stadion sind Polizisten einer Einheit aus Nürnberg, die am 19. August 2023 die Fans von Borussia Mönchengladbach im Auge behalten sollen. Der Angeklagte ist einer der Beamten.

Er und sein Kollege seien mit einer Wasserpistole angegriffen worden und hätten sich daraufhin mit einer aus einem Gummihandschuh gebastelten Wasserbombe und einer eigenen Wasserpistole bei den Kollegen rächen wollen. Er habe sich dazu an das Auto der Kollegen angeschlichen. "Es hatte einen reinen Spaßcharakter an diesem Tag", sagte der Polizeibeamte.

Doch aus diesem Spaß wurde beinahe tödlicher Ernst. Denn als sich die Tür des Polizeiwagens öffnete, fiel laut Staatsanwaltschaft ein Schuss, der den Kopf von einem der vier Polizisten in dem Auto nur um Millimeter verfehlte und eine Scheibe durchschlug.

Die Polizisten erlitten Knalltraumata, derjenige, dessen Kopf das Projektil nur kurz verfehlte, außerdem ein Schusstrauma und einen Schock. Ein Polizist wurde durch die Splitter der Scheibe leicht verletzt. Getroffen wurde auch ein Fanbus von Borussia Mönchengladbach, der sich hinter dem Polizeiwagen befand.

Doch warum hat der Angeklagte scharf geschossen? Er könne sich nur noch daran erinnern, dass er gesehen habe, wie einer der Polizisten im Wagen eine Wasserpistole in der Hand hatte, sagte der 28-Jährige - und daran, dass er dachte: "Scheiße, Beschuss!". Dann habe er einen lauten Knall gehört sowie gesehen, wie ein Kollege in dem Wagen ihn "kreidebleich" und entsetzt angestarrt habe - und gemerkt, dass er seine Waffe in der Hand hielt.

Daran, den Schuss abgegeben zu haben, könne er sich nicht erinnern: "Ich hab gar nichts gedacht, weil ich nicht mal gewahr wurde, dass ich gerade die Waffe in der Hand hatte."

Richter Christoph Kern äußert Zweifel an der Geschichte

Der 28-Jährige gab an, er gehe davon aus, die Situation habe nach den zahlreichen Schusstrainings im Rahmen seiner Ausbildung einen Reflex ausgelöst. Er schäme sich für das, was geschehen ist. "Das war unprofessionell, ein derartiges Wasserspiel im Einsatzgeschehen mit scharfer Ausrüstung." Der Vorsitzende Richter Christoph Kern äußerte Zweifel an der Geschichte des 28-Jährigen: "Auf einmal sollen zweieinhalb Sekunden aussetzen – warum?"

Der Polizist ist wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und Sachbeschädigung angeklagt. Das Gericht hat insgesamt drei Verhandlungstermine für den Prozess angesetzt und einen vierten unter Vorbehalt. Das Urteil könnte demnach an diesem Donnerstag (22. August) oder am 5. September fallen.