Zahlen und Fakten

Ein Hallenbad für Weißenburg: Die Argumente dafür und dagegen

Robert Renner

Redaktionsleiter

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7.12.2023, 06:00 Uhr
Die Tage der Mogetissa-Therme sind wohl gezählt, eine Sanierung ist in weiter Ferne. Am heutigen Donnerstag entscheidet der Weißenburger Stadtrat, ob es einen Neubau gibt oder auf ein Hallenbad verzichtet wird.  

© Archiv: Robert Renner, WT Die Tage der Mogetissa-Therme sind wohl gezählt, eine Sanierung ist in weiter Ferne. Am heutigen Donnerstag entscheidet der Weißenburger Stadtrat, ob es einen Neubau gibt oder auf ein Hallenbad verzichtet wird.  

Um manche Entscheidung sind Stadträte nicht zu beneiden. Bei der heutigen gilt dies ganz besonders. Es geht um die Frage: Gibt es eine Zukunft für ein Hallenbad in Weißenburg oder nicht? Schwierig ist die Entscheidung deshalb, weil gewichtige Punkte dagegensprechen, vieles aber natürlich auch für das Schwimmen spricht.

Argumente für das Hallenbad

Da ist zum einen das beständig genannte Argument des Schulschwimmens und überhaupt des Schwimmenlernens für Kinder. Zum anderen sind es die positiven gesundheitlichen Aspekte. Ferner brauchen Sportler und Wasserretter Trainingsmöglichkeiten. Doch nicht nur das: Ein Hallenbad erfüllt auch soziale Aufgaben als Treffpunkt für Jung und Alt, gerade auch in den Wintermonaten.

Ferner ist ein attraktives Schwimmbad selbstredend einer der oftmals geforderten weichen Standortfaktoren, die eine Stadt wie Weißenburg lebenswert machen. Und nicht zu vergessen: Viele Menschen haben die attraktive Mogetissa-Therme über die Jahre lieb gewonnen. Ein dauerhafter Abschied – noch dazu ohne das Wissen um einen adäquaten Ersatz – fällt schwer.

Argumente dagegen

Doch auf der anderen Seite stehen Fakten, die in die Entscheidung einzubeziehen sind und die sich – zum Teil auf Jahrzehnte – auswirken werden. Oberbürgermeister Jürgen Schröppel hat nicht umsonst, als die aktuellen Baukosten bekannt wurden, versinnbildlicht: „Mich treibt die Sorge um, dass wir den Stadtwerken einen Mühlstein um den Hals hängen, der sie unter Wasser zieht.“

Auch der städtische Haushalt würde bei einem Hallenbadneubau oder einer Sanierung belastet. Um den nach derzeitigem Stand maximalen Förderbetrag von 3,4 Millionen Euro zu bekommen, müsste Weißenburg knapp sechs Millionen Euro zuschießen. Die verbleibenden 2,6 Millionen Euro hat die Stadt nicht auf der hohen Kante, sprich sie müsste diese über ein Darlehen finanzieren.

Abgesehen davon, dass es sich beim süßen Gift der Finanzspritzen auch um Steuergelder handelt, die alle Bürger zahlen – ist also die Zuschusslage nicht gerade rosig. Nach dem bisherigen Informationsstand sind die hohen Förderungen, die derzeit im Raum stehen, im Weißenburger Fall nicht zu haben.

Parallel dazu stehen der Stadt weitere große Aufgaben ins Haus: beispielsweise der dringend notwendige neue und Millionen teure Stadtbauhof, die Sanierung der Karmeliterkirche, der Umbau des Sigwart-Areals inklusive kommunalem Wohnungsbau und die Sanierung des Progymnasiums inklusive Umbau zum Kinderhort, wenn auch diese Maßnahme – ebenso wie ein kommunaler Wohnungsbau – kräftig bezuschusst wird. Noch viel höher aber sind die Belastungen, die auf die Stadtwerke als Badbetreiber zukommen.

Situation der Stadtwerke

Die bis vor Kurzem noch von einer Mehrheit präferierte Lösung, der Bau eines klimaneutralen neuen Hallenbads ergänzend zum bestehenden Freibad, würde nach derzeitiger Schätzung 21 Millionen Euro kosten. Abzüglich des städtischen Zuschusses von sechs Millionen Euro blieben in diesem Fall für das kommunale Versorgungsunternehmen Ausgaben von 15 Millionen Euro – ebenfalls gänzlich kreditfinanziert.

Stadtwerke Geschäftsführer André Goldfuß-Wolf hat vorgerechnet, dass die Stadtwerke über 20 Jahre hinweg mindestens 1,5 Millionen Euro für das Bad aufwenden müssten, davon seien anfänglich alleine 700.000 Euro an Zinszahlungen fällig, wenngleich es natürlich auch Einnahmen durch Eintrittsgelder gebe. Bei rund einer Million Euro lag in der Vergangenheit das Minus, das der lokale Versorger Jahr für Jahr für Frei- und Hallenbad draufzahlen musste. Nach der Steuerverrechnung blieben für die Stadtwerke immerhin noch Belastungen von über 700.000 Euro jährlich.

Grundversorger auf dem Energiemarkt

Das Unternehmen, das eine hundertprozentige Tochter der Stadt ist, hat aber auch damit zu kämpfen, dass vor gut 20 Jahren der Energiemarkt liberalisiert wurde. In der Folge ist eine große Zahl an Kunden zu Discountern abgewandert. Hatten die Stadtwerke früher nahezu einhundert Prozent der Weißenburger Haushalte als Strom- und Gaskunden, sind es heute nicht einmal mehr die Hälfte.

Als Grundversorger können sie mit den Billiganbietern, die auf Vergleichsportalen stets vorne gelistet werden, nicht mithalten – sie dürfen auch keine spekulativen Preise anbieten. So ist es für die Stadtwerke mittlerweile wesentlich schwerer geworden, defizitäre Geschäftsbereich wie den Stadtbusverkehr oder eben den Betrieb der Schwimmbäder mit zu stemmen. Und die Vergleichsportale berücksichtigen auch nicht, dass Billiganbieter eben solche Einrichtungen vor Ort nicht finanzieren.

Der reale Preis

Tragen würden die Kosten für ein Hallenbad in weiten Teilen die Stadtwerkekunden über die Gas- und Strompreise. All jene, die sich einen Discounter als Versorger suchen, steuern zur Finanzierung des Bads nur ihre Eintrittspreise bei. Diese deutlich zu erhöhen – was nötig wäre, wollte man das hohe jährliche Defizit der Weißenburger Bäder ausgleichen –, widerspricht dem sozialen Gedanken, mit dem ein Hallenbad verbunden wird.

Die Stadtwerke haben ausgerechnet, dass zu Zeiten der Mogetissa-Therme, die zuletzt im Winter 2019/2020 geöffnet war, zur Kostendeckung die Eintrittspreise um das 2,5-Fache hätten erhöht werden müssen. Eine Zwei-Stunden-Karte für Erwachsene hätte damals also schon 11,75 Euro gekostet. Eine Tageskarte hätte mit 18,75 Euro zu Buche geschlagen und eine Tageskarte für Sauna und Bad gar mit 30 Euro. Eine Familienkarte für einen dreistündigen Badbesuch zweier Erwachsener und zweier Kinder wäre bei 35 Euro gelegen. Wie die Preise bei einem Neubau oder bei einer Sanierung der Mogetissa-Therme sich einmal gestalten werden, lässt sich heute noch nicht sagen.

Herausforderungen der Zukunft

Nicht zuletzt: Hallenbäder sind Schwergewichte beim Ressourcenverbrauch. Für den bis dato favorisierten Schul- und Sportschwimmbadneubau am Freibad wurden jährliche Energiekosten von 160.000 Euro ermittelt, was hochgerechnet über einen Bad-Lebenszyklus von rund 30 Jahren Ausgaben von 6,8 Millionen Euro bedeuten würde. Das alles vor dem Hintergrund, dass der kostenintensive Umbau der Energieversorgung in den nächsten Jahren ansteht.

Die Stadtwerke werden zig Millionen Euro in Wind- und Sonnenenergie, in den Umbau der Netze und vieles mehr stecken müssen, schließlich soll Weißenburg energieautark werden. Da ist es dann fraglich, ob die Stadträte ruhigen Gewissens sich für ein „Augen zu und durch“ bei der Hallenbad-Abstimmung entscheiden können, zumal die Millioneninvestition in ein neues Bad oder auch eine Sanierung der Mogetissa-Therme nichts anderes als das Eintrittsgeld für ein Draufzahlgeschäft ist.

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