#Kürzt uns nicht weg
Protest: Caritas Eichstätt gegen die geplanten Einsparungen bei den Freiwilligendiensten
15.11.2023, 19:00 Uhr
Jakob Streller, Caritas-Koordinator im Bistum für diese Dienste, erklärt: „Bei einem Kaputtsparen riskiert die Bundesregierung den Verlust eines erfolgreichen und jahrzehntelang bewährten Formats für Orientierung, Bildung und gesellschaftliches Engagement. Und man verliert Menschen, die sich über einen Freiwilligendienst für eine spätere berufliche Tätigkeit entwickeln könnten.“
Minus 25 Prozent
Der Bundestag will am 16. November über Einsparungen entscheiden. Am Montag fand ein bundesweiter Protesttag unter dem Motto „#Kürzt uns nicht weg“ statt. Mit Veröffentlichung des Haushaltsentwurfs am 5. Juli wurde eine Streichung der Mittel in den Jugendfreiwilligendiensten, vor allem beim Freiwilligen Sozialen Jahr, und im Bundesfreiwilligendienst (BFD) bekannt gegeben.
Im Jahr 2024 sollen danach statt der bisher 329 Millionen Euro für alle Dienste nur noch 251 Millionen zur Verfügung stehen, was einen Rückgang von rund 25 Prozent bedeuten würde, schreibt der Caritasverband in einer Pressemitteilung.
Weitere Kürzungen geplant
Für das Jahr 2025 sind weitere Kürzungen um erneut 35 Millionen Euro geplant. Damit stünden dann nur noch 216 Millionen Euro zur Verfügung, also insgesamt nur noch 65 Prozent der bisherigen Förderung. „Damit würde vermutlich jeder dritte Freiwilligenplatz wegfallen“, warnt Jakob Streller. Im Bistum Eichstätt gibt es derzeit ein Kontingent von 50 Plätzen für den BFD.

„Die geplanten Kürzungen bedeuten für uns eine Verringerung von zunächst zwölf und dann 17 Plätzen“, bedauert der Caritas-Koordinator und fügt hinzu: „Neben den wegfallenden Plätzen würde auch unsere Arbeitszeit für Koordination, Qualitätsarbeit und Pädagogische Begleitung reduziert werden müssen.“ Es käme somit zu einer quantitativen wie qualitativen Verschlechterung.
Kein Verständnis
Neben vor allem jungen Menschen, die durch die Kürzungen weniger Chancen bekämen, müssten die sozialen Einrichtungen ohne Freiwillige ihre konkreten Angebote stark reduzieren. „Das Fachkraftpersonal verliert Unterstützung bei Tätigkeiten, die keine fachliche Qualifikation, aber Zeit erfordern. Dies hätte mittelbar Auswirkungen auf die Qualität der Arbeit und würde die ohnehin angespannten Arbeitsbedingungen weiter unter Druck geraten lassen“, erklärt Streller.
Zudem verliere der soziale Bereich insgesamt den Zugang zu Menschen, die über den Freiwilligendienst für eine spätere berufliche Tätigkeit gewonnen werden könnten. Damit gingen Optionen verloren, dem Fach- und Arbeitskräftemangel zu begegnen, aber auch um für zukünftiges freiwilliges Engagement zu motivieren.
Streller versteht nicht, warum immer wieder über die Einführung eines sozialen Pflichtdienstes diskutiert werde, der jährlich zwischen 14 bis 17 Milliarden Euro kosten würde. Die derzeit 329 Millionen Euro für die Freiwilligendienste wirkten dazu im Vergleich „sehr niedrig“.
Bundesweiter Protesttag
Um gegen die geplanten Einsparungen zu protestieren, haben Bundesfreiwilligendienstleistende im Bistum Eichstätt am 11. Oktober dieses Jahres eine Postkartenaktion gestartet. Jeder BFDler konnte hierbei kurz aufzeigen, wer er ist, was er macht und was er von den Kürzungsplänen hält. Die Postkarten wurden an das Büro des Eichstätter CSU-Bundestagsabgeordneten Dr. Reinhard Brandl geschickt.
Beim bundesweiten Protesttag am 6. November waren Freiwillige dazu aufgerufen, Flashmobs, die Verteilung von Postkarten an Politiker und andere Aktionen zu organisieren. Es kam zudem die Idee auf, dass sich an diesem Tag Freiwillige ein Drittel ihres Tages nicht ihren regulären Aufgaben widmen, um sichtbar zu machen, was passieren würde, wenn die Kürzungen so umgesetzt würden, wie sie derzeit geplant sind. Zu dieser Maßnahme ist im Bistum Eichstätt aber nicht aufgerufen worden.
Perspektiven gingen verloren
Eine große Bedeutung hat der Bundesfreiwilligendienst laut dem Sozialverband zum Beispiel im Caritas-Kinderdorf Marienstein. Dort leisten die BFDler laut Verwaltungsleiter Florian Fischer einen ganz wichtigen Beitrag in verschiedensten Bereichen: „Von der Mitarbeit in den Wohngruppen über Fahrdienste bis hin zu Hausmeistertätigkeiten.“
Drei ehemalige BFDler aus dem Kinderdorf studieren derzeit und wollen danach auch in der heilpädagogischen Einrichtung auf dem Blumenberg tätig werden. Insofern erfährt Fischer den Bundesfreiwilligendienst in Zeiten des Personalmangels als ganz wichtigen Ausgangspunkt für die Gewinnung von Mitarbeitenden.
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