Debatte über den Spielstil

Schönheit wird überbewertet: Der Club braucht erst einmal Erfolg

2.9.2022, 13:14 Uhr
Auf dem Platz wird es manchmal eklig in der zweiten Liga: Johannes Geis spielt trotzdem mit.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr Auf dem Platz wird es manchmal eklig in der zweiten Liga: Johannes Geis spielt trotzdem mit.

Kwadwo Duah war neu in Deutschland und er hatte noch Hoffnung, dass alles schön und gut wird. Mitte Juli startete der 1. FC Nürnberg beim FC Sankt Pauli in die Saison. Auf dem Platz standen mit Duah und Christoph Daferner zwei neue Angreifer, von denen man in Nürnberg annahm, dass sie das Spiel des Clubs noch einmal besser machen würden.

Gesehen hat man das in Hamburg dann nur in Ansätzen. Nach der Pause bediente Fabian Nürnberger mit einem schönen Pass in die Tiefe Duah und der traf. Am Ende stand dennoch eine 2:3-Niederlage und Duah sagte, dass das auch daran gelegen hatte, dass ihn nicht noch mehr dieser Pässe erreicht hatten. Dass das aber bestimmt noch wird, sagte Duah damals auch.

Es wurde bislang noch nichts. Einzig Johannes Geis in Sandhausen spielte noch einmal so eine Art Pass auf Duah. Der bedankte sich mit dem späten Siegtreffer. Weil sie sonst nur noch das Derby gewonnen haben, wird rund um den Club jetzt schon etwas länger über den Fußball des Trainers Robert Klauß diskutiert. Sogar der Sportvorstand Dieter Hecking hat sich kürzlich etwas mehr Schönheit gewünscht, als er nach der Partie in Sandhausen gesagt hat, dass es schon etwas mehr Fußball sein dürfte.

Er meinte auch: Etwas mehr von solchen Pässen, wie sie Nürnberger und Geis auf Duah gespielt haben - sogenannte Schnittstellenpässe. Die sind schön anzusehen, im Nürnberger Spiel bislang aber rar. Nur 17 Prozent dieser Pässe kommen an. Der Ligaschnitt ist doppelt so hoch. Die Quote ist sogar noch schlechter als in den Vorjahren - und selbst da war man unter Klauß stets Vorletzter.

Kreative Pässe? Kommen nicht an

Noch schlimmer sieht es bei dem aus, was als „smart pass“ bezeichnet wird, also ein „kreativer und durchdringender Pass, mit dem versucht wird, die gegnerischen Verteidigungslinien zu durchbrechen, um einen deutlichen Vorteil im Angriff zu erzielen.“ (Definition der Analysefirma Wyscout). Auch stets schön anzuschauen. Da hat der Club bisher nur sechs versucht. Keiner kam an.

Hinzu kommt, dass der Club zwar anteilig nicht mehr lange Bälle spielt als im Vorjahr (weiterhin knapp 13 Prozent der Pässe sind lang), die aber immer noch sehr selten ankommen. Im Vorjahr hatte der Club die schlechteste Passquote bei langen Bällen (53 Prozent), 2020/21 die zweitschlechteste (54 Prozent) und auch jetzt ist man schon wieder unter den letzten drei mit 53 Prozent. Ein weiteres Problem in der Wahrnehmung: Man kommt nicht in die Dominanz mit Ball. Der Ballbesitz an sich ist gestiegen, liegt bei knapp 50 Prozent, die durchschnittliche Ballbesitzzeit ist aber nicht sonderlich hoch. Die 12,7 Sekunden sind weit weg von den 16 oder 17 Sekunden bei HSV und Paderborn, aber nicht so weit weg von den Werten der letzten Jahre (13,2 bzw. 12,9 Sekunden).

Widerspruch von Klauß

In den letzten Jahren war der Fußball von Klauß also zwar einigermaßen erfolgreich, schön anzusehen war er aber auch da selten. Bleibt, wie an den ersten Spieltagen, zu oft der Erfolg aus, richtet sich der Blick schnell auf die Schönheit. Wobei Klauß da natürlich Widerspruch einlegt, wenn jemand behauptet, sein Spielansatz sei nicht schön im allgemeinen Sinne.

"Wenn er so auf dem Platz ist, wie ich ihn mir vorstelle, dann ist er schön - sonst würde ich ihn nicht spielen", sagt Klauß. Der Trainer liefert allerdings selbst eine Einschränkung: "Es stimmt schon, er ist anspruchsvoll. Mit Ball, weil er sehr zentrumslastig ist. Da brauchst du eine gewisse Selbstsicherheit und gewisse Räume, die dir wenige Gegner geben in der zweiten Liga." Fehlen diese Zutaten, schauen alle doof aus.

Es wird eklig

Wobei man da nicht nur auf Nürnberg schauen sollte, sagt Klauß: "Ich weiß ganz ehrlich nicht, welche Mannschaften in der zweiten Liga für die Allgemeinheit schönen Fußball spielen. Da fallen mir zwei, drei ein. In erster Linie wollen wir schon Spiele gewinnen und nicht Komplimente für das schöne Spiel bekommen."

Gewinnen - schöne Idee. Wie, ist erst einmal egal, sagt mit Geis einer derjenigen, der auf dem Platz auch für die Schönheit zuständig ist. Zunächst einmal, sagt Geis, wird es in der zweiten Liga gerne einmal "eklig auf dem Platz". Am Freitag in Braunschweig wird das nicht anders sein - Kwadwo Duah ist vorgewarnt.

Verwandte Themen


26 Kommentare