Tschüss, Ritter Keule: Max Kruse geht nach Wolfsburg.
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Tschüss, Ritter Keule: Max Kruse geht nach Wolfsburg.

Von Berlin nach Wolfsburg, warum?

Max Kruse - keiner für den Stadionnebenplatz

Im Dezember 2020 hatten sie es sich bei der Wochenzeitschrift Die Zeit zur Aufgabe gemacht, den Fußballspieler Max Kruse zu erklären. Sie haben sich dafür Hilfe geholt von einem „Institut für Spielanalyse“. Gemeinsam sind sie auf atemberaubende Art und Weise an ihrer Aufgabe gescheitert.

Ein Blick auf die Daten zeigte damals zum Beispiel: „Kruse schießt also nicht besonders häufig aufs Tor, ist nicht besonders schnell, gewinnt nicht allzu viele Zweikämpfe und seine Passquote ist okay, mehr auch nicht.“ Kruse war damals die bestimmende Figur im Offensivspiel des die Bundesliga aufmischenden Fußballclubs Union Berlin.

Also haben sie die Versuchsanordnung etwas erweitert. Es ging nun um „semantische Daten“. Was das ist, erklärte einer der Analysten so: „Die Daten werden in einem Sinnzusammenhang vereint, der Rückschlüsse ermöglicht und Erkenntnisse liefert, die sich auch näher an den reellen Charakteristika des Fußballs, seiner Dynamik und Interaktion messen, statt sie zu verzerren.“ Es wurde auch noch ein sogenannter Game Control Index ins Spiel gebracht - mit überschaubarem Ergebnis.

Heiratsantrag und Quizshow

Kruse, das ergab die Analyse, ist wichtig auf dem Platz. Oder, so lautete der etwas enttäuschte Schlusssatz: „Max Kruse, ein ziemlich geiler Kicker.“ Spätestens das würde Max Kruse unterschreiben. Man tritt ihm eher nicht zu nahe, wenn man behauptet, dass er so ziemlich alles an sich ziemlich geil findet.

Kruse macht die Dinge immer ein wenig anders: Er spielt Poker, gewinnt viel Geld dabei, vergisst das Geld in einem Berliner Taxi, macht seiner Freundin im Fernsehen einen Heiratsantrag, schießt Union in den Europapokal, zeigt bei Quizshows im Fernsehen, dass er sich kein bisschen für die Geschichte des Fußballs interessiert - und wechselt jetzt mit 33 Jahren und sofortiger Wirkung vom in der Eigenwahrnehmung ziemlich geilen Verein FC Union zum in der Wahrnehmung aller ziemlich ungeilen VfL Wolfsburg.

Max Kruse hat, warum auch immer, schon einmal in Wolfsburg gespielt. Außerdem hat er für Werder gekickt, für Freiburg, Sankt Pauli, Fenerbahce und Mönchengladbach, ab und an sogar für die Nationalmannschaft. Dass er jetzt nach Wolfsburg zurückkehrt, hat mit den schönen Erinnerungen eher wenig zu tun. Eigentlich gar nichts hat das mit schönen Erinnerungen zu tun.

Der gehört nur sich selbst

Über die Gründe haben sich am Sonntag sehr schnell ein paar Menschen Gedanken gemacht. Kruse sollte erklären, warum er das macht: Mitten in der Saison von einem Anwärter auf die Europapokalplätze zu einem Abstiegskandidaten zu wechseln. Wobei manche auf so eine Erklärung auch wieder keinen großen Wert legen. Auf Twitter schrieb eine unter dem Nutzernamen @rudelbildung sehr treffend: „Toller Spieler, aber der gehört niemandem außer sich selbst.“ Man solle bitte, heißt das, von Max Kruse nicht erwarten, dass er in Bremen, Hamburg, Istanbul oder eben Berlin den Plan hat oder hatte, zu einer Vereinslegende zu werden, nach der später mal ein Stadionnebenplatz benannt wird.

Wenn man Max Kruse richtig verstand hat, kann er mit dieser Beschreibung seiner selbst mehr anfangen als mit semantischen Daten und dem Game Control Index. Also, sagt nämlich Max Kruse zu seiner Erklärung: „Ich danke euch allen für euer Vertrauen in mich – und jetzt bitte ich euch um euer Verständnis für meine Entscheidung, ein Angebot, das langfristig und hoch dotiert ist, anzunehmen.“ Viel Geld über einen langen Zeitraum: Der geile Kicker Max Kruse ist nebenbei noch ein sehr normaler Mensch.

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