Unser Sportjahr 2023

Ganz besondere Momente: Florian Bremm belohnt sich selbst und berührt andere

Sebastian Böhm

Sportredaktion

E-Mail zur Autorenseite

24.12.2023, 13:00 Uhr
Alles für diesen einen Moment: Florian Bremm schiebt seine Brust Zentimeter vor Maximilian Thorwirth über die Ziellinie.

© B. Hoffmann, Imago Images Alles für diesen einen Moment: Florian Bremm schiebt seine Brust Zentimeter vor Maximilian Thorwirth über die Ziellinie.

Dreikampf in Langwasser, 50 Meter, Weitsprung, Ballweitwurf. So beginnt das. Die neuen Spikes von adidas, silberglänzend. Erste Wettkämpfe außerhalb des Bezirks, ein erster Platz in Kaufering, das ist fast schon in Österreich. Achtkampf. Zehnkampf. Das mit dem Hochsprung aber wird nichts mehr, also nur noch rennen. Einmal im Kreis, so schnell wie geht. Viel Training, wenig Erfolge. Bandscheibenvorfall, ein stilles Comeback nach eineinhalb Jahren. Platz 16 bei den deutsch-französischen Hochschulmeisterschaften. Tränen, die niemand sieht. Und doch noch bescheidene Erfolge, eine Bestzeit im Frankenstadion, ein letzter Titel. Derweil erste Texte über Sport, dann viele, viele Texte über Tanzen, Petanque, Eishockey. Erst immer nah dran, irgendwann immer weiter weg. Trotzdem der beste Job der Welt.

Als Florian Bremm abreißen lassen muss, sitze ich am Laptop, aber nicht im Stadion von Kassel. Kurzmeldungen werden bearbeitet, in einem kleinen Fenster kämpft sich Bremm wieder heran. Eine erste Sportseite wird den Druckern zur Verfügung gestellt, Bremm lässt wieder eine Lücke. Dass er sie wieder schließt, erwähnen die Kommentatoren nicht.

Den Namen Bremm suchen sie wahrscheinlich in ihren Aufzeichnungen - aus Colmberg bei Ansbach, startet für Höchstadt bei Erlangen -, als dieses 5000-Meter-Finale in die letzte Runde geht. Im Vollbildmodus zieht Florian Bremm 150 Meter vor der Ziellinie an den ersten Favoriten vorbei, dann an allen. Nach 5001 Meter verlässt ihn die Kraft, Bremm rollt ab. Im Interview weiß er „auch nicht genau, was da gerade passiert ist“. Seine Tränen können alle sehen. So schön.

Ein Sieger, jeden Tag

Am Tag danach meldet sich ein wacher junger Mann am Telefon. Florian Bremm erzählt lange und anschaulich, was ich bereits weiß: Wie hart es ist, Deutscher Meister in einer Sportart zu werden, die als Gleichnis für die Niedergang des Landes missbraucht wird, was man opfert und aufgibt, wie viel Mut es erfordert, in einer Individualsport hervorzutreten und im zweitbesten Fall nur ignoriert zu werden. Und dass das Glück nur flüchtig ist, wenn der beste Fall dann doch eintritt.

Florian Bremm macht weiter, jeden Tag. Er ist ein Sieger, auch wenn er am Ende nicht als Erster über die Ziellinie geht.

Keine Kommentare