Überwiegend befriedigend

Das Ice-Tigers-Zeugnis: Viele Identifikationsfiguren, schwach am Bullypunkt

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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17.4.2022, 06:00 Uhr
Selten, aber umso schöner: Ice Tigers, die ihre Fans feiern. 

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa Selten, aber umso schöner: Ice Tigers, die ihre Fans feiern. 

Julius Karrer erlebte das schwierige zweite Jahr eines jungen Profi-Verteidigers und konnte noch nicht einmal etwas dafür. Verletzungen reduzierten die Saison des cleveren und stabilen Berliners auf 32 Spiele, in denen er immer wieder gezeigt hat, warum ihm viele Nationalmannschaftspotenzial zugestehen.

Julius Karrer.

Julius Karrer. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Nach fünf Toren in zwei Spielen wurde Tyler Sheehy im Oktober zum Torjäger. Tatsächlich ist der Kanadier ein kompletter Stürmer, mit schnellen Händen in allen drei Zonen, der von Rowe in allen Situationen eingesetzt wurde. Sheehy ist Topscorer der Ice Tigers - und doch längst viel mehr.

Tyler Sheehy.

Tyler Sheehy. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Ein typisches Chris Brown-Spiel: zwei beinahe fatale Puckverluste, eine dumme Strafe, zwei Tore im Schlussdrittel. Frank Fischöder hat sich einst gewundert, warum ein wuchtiger, technisch starker und ordentlich schneller Angreifer wie Brown in Nürnberg und nicht in der NHL spielt. Die Antwort gab der Texaner selbst auf dem Eis. Dass Spiele mit zwei Brown-Treffer am Ende zuletzt seltener wurden, ist bitter. Brown spielte vier Jahre lang mit vollem Herzen für die Ice Tigers. Ein fünftes wird es nicht geben.

Chris Brown. 

Chris Brown.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Er verbraucht sechs Kaugummis pro Spiel, ist kaum vom Puck zu trennen, wie wichtig er ist, hat man in der Playoffserie gegen die DEG gesehen - als er nicht dabei war: Ryan Stoa ist ein Leader, den nichts erschüttern kann. Dass er ordentlich, aber nicht herausragend produziert hat, spricht nicht gegen ihn, sondern für die Entwicklung der Ice Tigers.

Ryan Stoa.

Ryan Stoa. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Kann fast alles, macht alles, in jedem Spiel: Charlie Jahnke ist eine Verstärkung, auf und abseits des Eises. Dass Punkte-Ausbeute und Aufwand nicht miteinander korrespondieren, ist zu verschmerzen, kann sich aber auch noch ändern. Wirklich schwach nur im Abschluss - und am Bullypunkt.

Charlie Jahnke.

Charlie Jahnke. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Tja, was soll man da noch schreiben, was in dieser Saison mit einem Punkterekord für die Ewigkeit und dem 1000. Spiel noch nicht geschrieben wurde? Vielleicht über den Antrieb von Patrick Reimer. Nach seiner Verletzung kehrte er spielfreudig und dynamisch aufs Eis zurück – im Alter von 39 Jahren. Das Playoff-Aus war für alle bitter, er aber schien besonders zu leiden. Dem 40 Jahre alten Reimer ist zu wünschen, dass die Prognose Tom Rowes besonders schnell eintrifft.

Patrick Reimer (und Sohn). 

Patrick Reimer (und Sohn).  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Tim Fleischer ist in Iserlohn geboren, er hat bis vor einem Jahr in Iserlohn gespielt. Was muss in Iserlohn passiert sein, dass man das Talent Fleischers nicht gefördert oder gar nicht erst erkannt hat? Egal, in Nürnberg hat er sich als quirliger, laufstarker Mittelstürmer und Teilzeitverteidiger für die Nationalmannschaft angeboten. Und das war sicher erst der Anfang. Auch nicht besonders stark am Bullypunkt.

Tim Fleischer. 

Tim Fleischer.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Voller Einsatz, vor allem mit dem Köprer – Eishockeytrainer lieben solche Spielertypen. Max Kislinger wurde also nicht ohne Grund immer wieder lobend von Tom Rowe erwähnt, wenngleich Kislingers Einfluss auf dem Spielberichtsbogen nur selten nachzuvollziehen war.

Max Kislinger.

Max Kislinger. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Sie haben ihm ein Lied gewidmet und doch hat es Oliver Mebus schwer bei den Fans, weil nicht alle erkennen, wie wichtig er in Unterzahl, im Aufbau und als Typ ist, sondern viele nur sehen, dass es für einen von Verletzungen heimgesuchten 2,06 Meter großen Verteidiger nicht allzu leicht ist, sofort immer wieder jedes Tempo mitzugehen. Nicht nur aufgrund seiner Statur ist Mebus ein außergewöhnlicher Eishockey-Profi. Ein zweiter Spieler, der Konflikte so lässig weglächelt, der hart und dennoch fair spielt, findet sich in der DEL nicht.

Oliver Mebus. 

Oliver Mebus.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Zunächst hat er nur seine Trainer begeistert, als sie wieder die Ränge füllten auch die Fans: Lukas Ribarik war schnell keine Option mehr für den Kooperationspartner in der DEL2, der unerschrockene Außenstürmer ist als gebürtiger Nürnberger ein Gesicht dieser jungen Ice Tigers.

Lukas Ribarik.

Lukas Ribarik. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Angeblich soll Marcus Weber das Angebot eines Bandenhersteller vorliegen haben. Authentischer könnte ein Qualitätsprüfer schließlich kaum arbeiten. Weil sie auf Tempo, Ernsthaftigkeit und eben jene krachenden Checks nicht verzichten wollen, werden die Ice Tigers den Verteidiger kaum gehen lassen. 398 Mal ist Weber mittlerweile für Nürnberg aufgelaufen. Auch sein Name findet sich im Eishockey-Lexikon unter Identifikationsfigur.

Marcus Weber.

Marcus Weber. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Daniel Schmölz ist kein Geheimnis mehr. Seine weitere Entwicklung vielleicht schon. Er schmölzt seine Treffer immer noch unnachahmlich, nimmt seinen Platz vor dem gegnerischen Tor noch immer mit einer Selbstverständlichkeit ein, die man sonst aus Großraumbüros von Finanzbeamten kennt. Läuferisch, technisch und vor allem spielerisch aber ist Schmölz in seinem 31. Lebensjahr noch einmal gewachsen.

Daniel Schmölz.

Daniel Schmölz. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Dass Dennis Lobach unter den Deutschen unter 23 die achtmeiste Zeit im Power-Play hat verbringen dürfen, ist gut für Lobach, aber eben auch Beleg, dass junge deutsche Spieler in der DEL nicht überall so ernsthaft gefördert werden wie in Nürnberg. Aus seinen Möglichkeiten hat der stets bemühte Schweinfurter allerdings zu wenig gemacht. In der kommenden Saison dürften diese Chancen andere, jüngere Angreifer bekommen.

Dennis Lobach. 

Dennis Lobach.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

In den Playoffs hat Nick Welsh dann doch noch offenbart, dass er für einen Importspieler mit dieser Verantwortung noch jung ist. Wie so manch anderer Nürnberger hat auch der schnelle Verteidiger versucht, die Ice Tigers alleine zu retten. In Düsseldorf ist ihm das gelungen, ansonsten hat er dabei zu viele Fehler gemacht. Auch deshalb: Welsh wird nach dem Sommer noch stärker sein.

Nick Welsh. 

Nick Welsh.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Egal, was hier geschrieben wird, Niklas Treutle wird sich selbst noch kritischer sehen. Der Nationaltorhüter hat eine durchwachsene Saison erlebt und zu viele Spiele, in denen er unbezwingbar schien und dann doch hat einen Schuss aufs kurze Eck kassieren müssen. Trotzdem: Treutle bleibt ein Torhüter, mit dem die Ice Tigers ihre ambitionierten Ziele erreichen können.

Niklas Treutle.

Niklas Treutle. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Hinter den spektakulären Paraden, den halsbrecherischen Ausflügen und der Energie, die sich aus seinem Torraum oftmals auf das ganze Eis übertragen hat, konnte man leicht übersehen, dass Alex Dubeau auch aufgrund seiner Größe ein durchschnittlicher Torhüter ist. Nach der Verletzung von Ilya Sharipov war der Franko-Kanadier allerdings der perfekte Zugang.

Alex Dubeau. 

Alex Dubeau.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Gerade einmal 14 Spiele, aber gerade in seinem zweiten Jahr sehr ordentliche Statistiken. Ilya Sharipov ist es in Nürnberg dennoch nicht gelungen, sich unentbehrlich zu machen. Nicht nur Niklas Treutle aber wird Sharipov vermissen.

Ilya Sharipov.

Ilya Sharipov. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Der Sohn des Sportdirektors hat eine ordentliche erste DEL-Saison gespielt. Seinen Durchbruch aber hatte Jake Ustorf beim 6:5 in Düsseldorf, als seine Geschwindigkeit eine Qualität war, sein Einsatz beeindruckend und er nicht aufzuhalten. Verstetigt er derlei Auftritte, wird er bald nicht mehr als „Sohn von“ eingeführt. Ebenfalls schwach am Bullypunkt.

Jake Ustorf.

Jake Ustorf. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Blake Parlett begann mit einer Dummheit, die ein Problem der Ice Tigers vorgeben sollte: die Disziplin oder eher der Mangel daran. Nach seiner frühen Sperre erwies sich Parlett als das, was Stefan Ustorf in ihrer gemeinsamen Zeit in Berlin in ihm erkannt hatte: ein erfahrener Verteidiger, der 25 Minuten in allen Situationen auf dem Eis stehen kann. Parlett sieht in den Ice Tigers übrigens auch einen Meisterschaftskandidaten. Gut, dass er noch ein Jahr bleibt.

Blake Parlett. 

Blake Parlett.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Zwischen zwei Corona-Unterbrechungen sah Marko Friedrich wie einer der besten Zwei-Wege-Stürmer der Liga aus. Insgesamt war es eine Freude, dem Dauerläufer aus Roth zuzusehen.

Marko Friedrich.

Marko Friedrich. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Fabrizio Pilu hatte ein Jahr so gut wie überhaupt nicht Eishockey spielen können. Dafür war sein Neustart mit den Ice Tigers famos. Pilu spielte viel, weil er es konnte, weil ihn seine Trainer sehen wollten und wegen: Corona. Dass er gegen Ende der Saison nach einer Infektion und Verletzungen seine Leistung nicht stabilisieren konnte, darf man einem 19 Jahre jungen Verteidiger zugestehen.

Fabrizio Pilu. 

Fabrizio Pilu.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Auf den ersten Blick ist kaum ein Unterschied zu erkennen. Nur gelingt Andrew Bodnarchuk seit dem Trainerwechsel vieles, was ihm unter der Anleitung von Frank Fischöder oft zu Lasten der Ice Tigers misslungen ist. Seine brutale und folgenreiche Attacke im letzten regulären Saisonspiel in Schwenningen trübt eine eigentlich sehr ordentliche zweite Saison in Nürnberg.

Andrew Bodnarchuk (rechts). 

Andrew Bodnarchuk (rechts).  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

In mittlerweile 14 Eisstadien hat sich Dane Fox einen zweifelhaften Ruf erarbeitet. In Nürnberg liebt man den Kanadier wieder. Wie einst Rob Wilson gelingt es Tom Rowe immer wieder, den dauerquatschenden, puckverliebten und zum überflüssigen Körpereinsatz neigenden Außenstürmer zu disziplinieren. In diesen Phasen ist Fox nicht weniger als einer der auffälligsten Angreifer der DEL: hart, torgefährlich, unbeliebt.

Dane Fox (mittendrin). 

Dane Fox (mittendrin).  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Das Eishockey hat sich verändert, auf keiner Position so radikal wie auf der des Verteidigers. Tim Bender war seiner Zeit als laufstarker, kreativer Abwehrspieler also voraus. Bei genau zwei Minuten Power-Play-Eiszeit war Bender aber auch Teil der Probleme in Überzahl.

Tim Bender. 

Tim Bender.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

In seinem zweiten Jahr wird sich zeigen, ob Gregor MacLeod noch nicht oder zu gut weiß, dass er in dieser Liga ein dauerhaft herausragender Spieler sein kann. Selbst nach seinen produktivsten Spielen war Rowe nicht immer zufrieden mit dem schnellen, technisch herausragenden und dennoch zähen Kanadier. Allerdings schwach am… na, Sie wissen schon.

Gregor MacLeod.

Gregor MacLeod. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

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