Nicht Constantin Braun, Leon Hungerecker (verdeckt) oder Julius Karrer griffen spielentscheidend ein. Auch über die außergewöhnlichen Trikots wurde danach nicht mehr gesprochen. Umso mehr über die Leistung des Herren links im Bild.
© Sportfoto Zink / Thomas Hahn
16
Nicht Constantin Braun, Leon Hungerecker (verdeckt) oder Julius Karrer griffen spielentscheidend ein. Auch über die außergewöhnlichen Trikots wurde danach nicht mehr gesprochen. Umso mehr über die Leistung des Herren links im Bild.

1:2 gegen Mannheim

Die Schiedsrichter passen sich dem Retro-Spiel an: Ice Tigers fühlen sich verpfiffen

Die Schlangen an der Äußeren Bayreuther Straße zogen sich nicht selten beinahe bis nach Bayreuth. In den Katakomben roch es, als wären dort wirklich Tiger gehalten worden. Und wer es eineinhalb Stunden vor dem ersten Bully endlich auf seinen Platz auf der großen Betontribüne unter dem Holzdach geschafft hatte, der wusste, dass er vom Spiel links und rechts vom Hinterkopf seines Vordermannes bestenfalls die Hälfte sehen würde. Ach ja, und bitterkalt war es meistens auch. Es war also, wie es jene bis heute bezeichnen würden, die die Saison 1998/1999 im Linde-Stadion erlebt hatten, die schönste Zeit überhaupt.

Seit der bitteren Finalniederlage in Spiel fünf (2:3 gegen Mannheim), seit dem letzten Spiel in diesem zugigen, stinkenden und engen Eishockeytempel (7:3 gegen Essen-West) und seit jedem Jahr, das seit dem Umzug in die Arena Nürnberger Versicherung wird die Erinnerung an die Saison, in der Sergio Momesso, Martin Jiranek und Jason Miller, die Deutsche Eishockey-Liga aufmischten, in der Johnny Craighead zustach wie eine Biene und Andrej Mezin zauberte, immer bunter, immer größer. Doch dort, wo sich für einen Frühling Deutschlands Eishockeyherz überschlug, steht seit einem Vierteljahrhundert ein Einkaufszentrum. Die Ice Tigers wissen aber mittlerweile die unstillbare Sehnsucht nach dieser unvergessenen Spielzeit zu mildern. Am Sonntag reichte dafür ein Trikot.

Zum Retro-Spiel gegen, natürlich, die Adler Mannheim liefen Momessos Erben in extra für diesen Nachmittag angefertigten gelben Trikots auf - so wie einst die Ice Tigers in den Playoffs 1999 gegen Augsburg, Frankfurt und den späteren Meister. Die Schönheit dieser liebevoll und detailreich gestalteten Trikots ergab sich aus der Erinnerung. Jede Sekunde erwartete man, dass Roland Ramoser mit rotem Kopf über die Bande springen würde. Die Wahl des Gegners für diesen Motto-Spieltag war allerdings risikoreich, entscheidende und wichtige Spiele haben in der Geschichte schließlich stets die Adler für sich entschieden. Das war an diesem Sonntag im Januar 2025 nicht anders. Nach dem intensiven 1:2 (1:1, 0:0, 0:0, 0:1) nach Verlängerung blieb den Ice Tigers wenigstens noch ein Punkt.

Cole Maier trifft früh für die Nürnberg Ice Tigers

Beim Ausflug in die Vergangenheit fehlte Samuel Dove-McFalls - und der vielseitige Mittelstürmer mit dem deutschen Pass wird auch noch länger fehlen. Beim 1:2 nach Verlängerung in Frankfurt war Dove-McFalls am Freitag von einem Schuss seines Kollegen Constantin Braun im Gesicht getroffen worden. Der 27-Jährige musste sofort ins Krankenhaus eingeliefert werden. Diagnose: Kieferbruch. Am Samstag wurde er operiert, ob er in dieser Saison noch einmal wird auflaufen können, hängt auch davon ab, wie lange die Saison noch dauert.

Mitch O‘Keefe war also gezwungen, seine Reihen nach Wochen der Beständigkeit umzustellen. Roman Kechter und Thomas Heigl rückten auf, Lukas Ribarik rückte zurück ins Aufgebot. Tatsächlich hatte gerade Kechter neben Cole Maier und Charlie Gerard gute Szenen. Für das 1:0 nach 37 Sekunden sorgten Maier als Torschütze und Gerard als Vorbereiter aber selbst. Die frühe Führung sorgte für Schwung in den ersten Wechsels, erst Ryan MacInnis‘ Ausgleich kurz nach Ablauf der ersten Nürnberger Strafe (14.) bremste die Ice Tigers wieder aus. Es begann ein zweikampf-intensives Spiel, dem allenfalls Momessos Wucht und Jiraneks Finesse fehlte.

Tor oder Torhüterbehinderung? Pfeifkonzert nach strittiger Entscheidung

Genau dafür sorgten Heigl und Will Graber. Einen gelupften Pass des jungen Tölzers nahm der US-Amerikaner auf, zog unwiderstehlich vors Tor - dort schoss Jeremy McKenna den Puck ins Tor (59.). Nach Ansicht der Bewegtbildaufnahmen entschieden die Schiedsrichter jedoch auf Torhüterbehinderung. Der Großteil der Zuschauer in der ausverkauften Arena hätte anders entschieden. Es wurde laut, sehr laut - auch das war wie einst im Linde-Stadion. Die 60 Minuten gingen mit Pfiffen zu Ende.

In der Verlängerung war es dann ähnlich schnell vorbei wie am Freitag in Frankfurt. Kristian Reichel sicherte den Gäste einen zweiten Punkt (61.). Danach feierten die Adler mit ihren Fans auf dem Nürnberger Eis. Das passte ebenfalls ziemlich gut zu diesem Retro-Nachmittag.

Noch während die Adler vor der Nordkurve tanzten, lud sich Stefan Ustorf selbst zum Interview bei MagentaSport ein. Der Sportdirektor war noch immer empört über die Entscheidung der Schiedsrichter Martin Frano und Achim Moosberger zum vermeintlichen Nürnberger Siegtreffer. "Die zwei gehören nicht in unsere Liga, das ist das Schlechteste, das ich in Jahren Profi-Eishockey gesehen habe." Aufgrund dieser Aussage wird sich die DEL noch einmal mit dem Retro-Spiel beschäftigen - allerdings nicht so, wie sich die Ice Tigers das wünschen würden.

Nürnberg: Hungerecker; Headrick/Karrer, Shaw/Braun, Haiskanen/Weber, Böttner - McKenna/Graber/Barratt, Gerard/Maier/Kechter, Ustorf/Stoa/Heigl, Alanov/Eham/Ribarik. - Tore: 1:0 Maier (0:37), 1:1 MacInnis (13:37), 1:2 Reichel (60:37). - Schiedsrichter: Frano/Moosberger. - Zuschauer: 7672 (ausverkauft). - Strafminuten: 6 - 2.

16 Kommentare