Was kommt nach Rowe und Kofler?

Erneut verlassen viele Sympathieträger die Ice Tigers - dennoch wird es weitergehen

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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16.3.2024, 14:41 Uhr
Zwei Trainer und ihre Mannschaft: Tom Rowe und Manuel Kofler nehmen Abschied.

© Thomas Hahn, Sportfoto Zink Zwei Trainer und ihre Mannschaft: Tom Rowe und Manuel Kofler nehmen Abschied.

Um die Eisfläche herum hatten sich bereits Bühnenarbeiter versammelt, die die Playoff-Arena über Nacht in eine Konzerthalle für James Blunt verwandeln sollten. Und die kleinsten Kinder der Eishockey-Profis bekamen von Ralf Neiß, dem Betreuer der Ice Tigers, noch ein Überraschungs-Ei überreicht, als ein Mann den Schauplatz durch die Hintertür verließ, von dem man in Nürnberg dachte, dass man ihn niemals würde ersetzen können.

Ziemlich genau vor einem Jahr hatte Patrick Reimer unzählige Ehrenrunden laufen müssen, weil die Fans ihren Rekordspieler, ihren Kapitän, einfach nicht gehen lassen wollten. Ohne die Nummer 17 schienen die Ice Tigers nicht vorstellbar. Dass Reimer am Dienstagabend dann aber neben Erich Kühnhackl und Bundestrainer Harold Kreis nur eine deutsche Eishockey-Legende mehr war, die sich dieses zweite Spiel der kurzen Playoff-Serie zwischen Nürnberg und Mannheim live ansehen wollte, das darf Geschäftsführer Wolfgang Gastner, Sportdirektor Stefan Ustorf und den Fans Mut machen, dass es auch im September 2024 wieder weitergehen wird – mit Emotionen und neuen Identifikationsfiguren.

Der Kapitän der Ice Tigers ist "brutal stolz"

Denn mit dem letztlich standesgemäßen 3:6 (1:1, 0:2, 2:3) gegen eine Mannschaft, für die der Umweg zur Viertelfinalqualifikation eine Zumutung sein muss, gingen in der Arena erneut mehrere Liebesbeziehungen zwischen Fans und Ice Tigers zu Ende: Nach drei Spielzeiten zieht der 67 Jahre alte Tom Rowe weiter, mit großer Wahrscheinlichkeit an einen anderen DEL-Standort – im Gespräch scheint der US-Amerikaner inzwischen bei nahezu jedem Klub zu sein. Manuel Kofler war sogar fünf Jahre in Nürnberg, stets gelobt von seinen Cheftrainern, stets beliebt für seine Nahbarkeit, seinen sehr oberbayerischen Humor und seine feine Arbeit als Co-Trainer. Daniel Schmölz kam 2020 als ehrlicher DEL-Handwerker, mit dem Tigerkopf auf der Brust wurde er zum Nationalspieler. Der Topscorer wechselt vor allem aus privaten Erwägungen nach Ingolstadt. Und auch den künftigen Straubingern Danjo Leonhardt, Elis Hede und Tim Fleischer war bei der Verabschiedung auf dem Eis anzusehen, wie wohl sie sich in Nürnberg gefühlt hatten.

Wieder wurde es also emotional zwischen dem Mittelkreis und der Kabine, wieder ging da eine Klassenfahrt zu Ende, die Dramen, Triumphe und trotz der internen Verwerfungen zwischen Sportdirektor Stefan Ustorf und den Trainern bemerkenswert viel gute Laune zu bieten hatte und für die Marcus Weber, Patrick Reimers Nachfolger, ehrliche Worte fand: „Wir haben irgendwie gegen Mannheim nicht das gespielt, was wir in den Wochen zuvor gezeigt haben. Wir hätten auf jeden Fall besser spielen können, aber nach meiner ersten Saison als Kapitän bin ich brutal stolz, dass wir Platz zehn noch erreicht haben. Es war eine harte Saison – auch mental. Aber die Mannschaft hat immer Vollgas gegeben, immer zusammengehalten. Ich bin wirklich brutal stolz.“

Es bleibt: ein unpersönliches Abklatschen

Weber bleibt in Nürnberg. Der 20 Jahre alte Nürnberger Roman Kechter, einer jener jungen Spieler, die bei den Ice Tigers mehr Verantwortung und Eiszeit als bei anderen Klubs und dadurch die Möglichkeit bekommen hatten, sich schneller weiter zu entwickeln, hat seinen Vertrag bis 2026 ebenfalls verlängert. Neben erfolgreich Eishockey zu spielen, wird ihre Aufgabe sein, diesen Zusammenhalt aufrechtzuerhalten. Schließlich war das der Vorteil, den die Ice Tigers während der Punkterunde gegenüber Klubs wie Frankfurt und Düsseldorf entwickelt hatten oder auch den Adlern Mannheim, die sich letztlich aufgrund eines tieferen, teureren, schlicht besseren Aufgebots verdient durchgesetzt hatten.

Es war aber unübersehbar, wie sehr sich das Verhältnis zwischen Rowe und Kofler und selbst Gastner abgekühlt hatte. Nach der ersten Saison mit Rowe hatte der geschäftsführende Gesellschafter verkündet, dass der einstige NHL-Trainer so lange bleiben könne, wie er das wolle. Im Vorjahr gab es noch Umarmungen auf dem Eis. Dass Rowe nun nicht mehr wollte, hat alles verändert. Gastner klatschte Rowe und Kofler zwar ab, von der einstigen Herzlichkeit war dabei aber nur noch wenig zu sehen.

Zwei Namen erwähnt Tom Rowe nicht

"Die drei Jahre, die ich hier war, waren einfach großartig", sagte Rowe, nachdem er Mannheims Trainer Dallas Eakins mit besten Wünschen fürs Playoff-Viertelfinale gegen die Eisbären Berlin verabschiedet hatte. Und dann erzählte er von den vielen Stunden, die er mit Kofler, Athletiktrainer Christian Bachmann, Physiotherapeut Thomas Schinko und Betreuer Neiß in und um die Kabine herum verbracht hatte. Ustorf erwähnte er dabei nicht, Gastner auch nicht.

Über die Spieler sprach er dann allerdings doch noch. "Es bleiben ja doch eine Menge guter Jungs hier", sagte der Mann aus Massachusetts, der die Arena irgendwann nach der Saisonabschlussfeier ebenfalls durch die Hintertür verlassen wird.

Dieser Artikel erschien erstmals am 13. März 2024 um 17 Uhr im Onlineangebot von NN.de.

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