Kein Ice Tiger in Finnland

Warum nimmt der Eishockey-Bundestrainer nicht einen Nürnberger mit zur WM?

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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3.5.2023, 14:37 Uhr
Eingeparkt, aber nicht reingeschmölzt: Für Daniel Schmölz hat überraschend der Sommer begonnen.

© Gintare Karpaviciute, Imago Images Eingeparkt, aber nicht reingeschmölzt: Für Daniel Schmölz hat überraschend der Sommer begonnen.

Reichel, Draisaitl, Pföderl; Michaelis, Stützle, Bokk; Rieder, Kühnhackl, Plachta; Krämmer, Hager, Pietta; Seider, Holzer; Wissmann, Gawanke; Brandt, Abeltshauser; Grubauer. Das sind sehr viele Namen von Eishockeyprofis, relativ viele davon einem größeren Publikum bekannt, die zusammen eine deutsche Nationalmannschaft formen würden, die bei einer WM um die Medaillen mitspielen könnte. Das Problem ist nur, dass keiner dieser Spieler bei der Weltmeisterschaft in Finnland teilnehmen wird.

Weltstar Leon Draisaitl und Torhüter Philipp Grubauer sind mit ihren NHL-Klubs noch in den Playoffs beschäftigt. Andere haben frühzeitig abgesagt (Stützle), sind verletzt (Hager) oder wurden überraschend aus dem Aufgebot gestrichen (Bokk). Umso erstaunlicher ist, dass Bundestrainer Harold Kreis keinen der fünf Spieler aus Nürnberg mit in die vierte und letzte Vorbereitungsphase genommen hat.

Kein Weber, kein Schmölz

Nun breitet sich dieses Erstaunen selten über die jeweiligen Stadtgrenzen hinaus aus. Und die Auswahl, mit der Kreis am Dienstag in München das letzte Testspiel gegen die USA angeht, ist trotz der vielen Absagen und Ausfälle noch immer ordentlich besetzt. Trotzdem ist nicht bei allen fünf Abgesandten der Ice Tigers nachzuvollziehen, warum ihnen andere Spieler vorgezogen wurden.

Marcus Weber: 500 Spiele in der DEL, Bestwerte in seiner elften Saison - der Verteidiger hat sich in allen Belangen des Spiels weiterentwickelt, aufgrund seines starken Skatings bereitet ihm internationales Tempo keine Probleme. Dass ihm Kreis trotzdem Mario Zimmermann (Straubing) und Maksymilian Szuber (München) vorgezogen hat, sollte allein durch das Potenzial der beiden jungen Verteidiger zu erklären zu sein. Der Deutsch-Schweizer Tobias Fohrler ist anders als Weber Rechtsschütze.

Julius Karrer: Noch ist die Zeit des intelligenten Berliners nicht gekommen. Nach einer verletzungsfreien Saison sollte 2024 kein Bundestrainer mehr an einer Nominierung des vielseitigen Verteidigers vorbeikommen.

Oliver Mebus: Der künftige Düsseldorfer ist ein außergewöhnlicher Spieler - nicht nur ob seiner Länge von 2,06 Metern. Offenbar traute Kreis dem 30-Jährigen jedoch nicht zu, sein Spiel dem höheren Tempo bei einer WM anpassen zu können.

Tim Fleischer: Auch der vielseitige Angreifer muss sich in Geduld üben. Ehrlicherweise gibt es im Aufgebot keinen Stürmer, den Fleischer zwingend hätte verdrängen können.

Daniel Schmölz: Die größte Überraschung. Aufgrund seiner einzigartigen Fähigkeiten in Tornähe schien Schmölz spätestens seit der WM 2022 gesetzt zu sein. Offenbar galt das aber nur unter der Anleitung von Toni Söderholm und offenbar setzt Kreis hinter den NHL-Profis Nico Sturm und JJ Peterka auf Arbeiter wie Samuel Soramies, Parker Tuomie und den vielsprechenden Filip Varejka, die in der DEL-Saison zusammen nicht so oft getroffen hatten wie Schmölz allein oder die ebenfalls gestrichenen Kammerer und Bokk (jeweils 24).