Vorschau auf die Serie gegen Bremerhaven

Was Sie schon immer über die Playoffs mit den Ice Tigers wissen wollten...

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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6.3.2023, 15:00 Uhr
Allein gegen Bremerhaven: Die Fischtown Pinguins verteidigen ihr Tor oft so konsequent, dass es nicht nur Dennis Lobach hier gleich mit fünf Bremerhavenern aufnehmen muss.

© Burghard Schreyer/Imago Images Allein gegen Bremerhaven: Die Fischtown Pinguins verteidigen ihr Tor oft so konsequent, dass es nicht nur Dennis Lobach hier gleich mit fünf Bremerhavenern aufnehmen muss.

Playoffs, wie genau funktioniert das gleich? Anders als in den sehr deutschen Sportarten Fußball und Handball wird in einst nordamerikanisch geprägten Disziplinen wie Basketball und Eishockey zunächst einmal sehr viel Basketball und Eishockey gespielt – und dann wird völlig neu begonnen. In der höchsten deutschen Spielklasse wird der deutsche Eishockey-Meister seit 1981 im Playoff-Modus ermittelt. In der Jetztzeit qualifizieren sich acht Mannschaften fürs Viertelfinale, in dem dann der Achte auf den Ersten (München) trifft, der Siebte auf den Zweiten (Ingolstadt), Köln (6.) auf Mannheim (3.) und Wolfsburg (5.) auf Straubing (4.). Und weil in Hin- und Rückspiel das spezielle Playoff-Gefühl kaum entwickelt werden kann, treffen sich die Mannschaften so lange, bis ein Team viermal gewonnen hat – also maximal siebenmal (daher: Best-of-7). In den 56 Spielen zuvor wurde lediglich festgelegt, wer mit Heimrecht in diese Serien starten. Der EHC München dürfte als souveräner Meister der Punkterunde jedes siebte und entscheidende Spiel zu Hause ausrichten.

Die Ice Tigers sind aber nur Neunter geworden, warum starten sie trotzdem in die Playoffs? Weil den Klubs der DEL irgendwann aufgefallen ist, dass es doch gemein ist, dass nur acht von ihnen die Möglichkeit haben, ihre Hallen noch einmal zu machen. Also wurde 2007 die sogenannte erste Playoff-Runde eingeführt, damit auch die Neunten und Zehnten noch eine Chance auf eine Saisonverlängerung haben. Diese erste Playoff-Runde ist kürzer (Best-of-3), dafür noch intensiver. Nürnberg hat fünfmal (2011, 2013, 2015, 2019, 2022) an diesem Playoff-Sprint teilnehmen müssen, zweimal gewannen die Ice Tigers ihre Serien, 2019 übrigens gegen die Fischtown Pinguins.

Fischtown-Spezialist: Dane Fox hat die Ice Tigers 2019 in Bremerhaven mit einem Overtime-Treffer ins Viertelfinale geschossen, er hat schonmal sechs Punkte gegen Bremerhaven aufgelegt - in einem Spiel. Und wenn es sein muss, prügelt er sich auch mit einem Bremerhavener.

Fischtown-Spezialist: Dane Fox hat die Ice Tigers 2019 in Bremerhaven mit einem Overtime-Treffer ins Viertelfinale geschossen, er hat schonmal sechs Punkte gegen Bremerhaven aufgelegt - in einem Spiel. Und wenn es sein muss, prügelt er sich auch mit einem Bremerhavener. © Thomas Hahn/Sportfoto Zink

Moment, gegen wen? 1974 schickte der Roll- und Eissportclub Bremerhaven erstmals eine Eishockeymannschaft über die Bande. Aus dem RSC wurde der REV wurden 2002 die sogenannten Fischtown Pinguins. Das lässt auf Marketingmenschen schließen, die weder die deutsche noch die englische Orthografie vollends durchgearbeitet haben. Angeblich aber ist Fischtown der plattdeutsche Name für Bremerhaven. Auch der falsche Plural von Pinguin soll sich durch plattdeutsche Eigenheiten erklären lassen. Zumindest war das die offizielle Erklärung, nachdem die Pinguins [sic!] 2016 den Sprung in die DEL geschafft hatten.

Okay, geht da was für die Ice Tigers? Tom Rowe (Cheftrainer) sieht seine Mannschaft wesentlich weiter als noch vor einem Jahr, als sie in einer maximal dramatischen ersten Playoff-Serie in drei Spielen an der Düsseldorfer EG gescheitert war. Stefan Ustorf (Sportdirektor) hat „ein gutes Gefühl“, das hat allerdings auch Alfred Prey. Der Oberpfälzer prägt die Pinguins seit 31 Jahren. Niemand scheint das Regelwerk der DEL so gut zu kennen wie Prey – und so gut ausnutzen zu können. In Bremerhaven, heißt es in der Eishockeyszene ohne konkrete Beweise, sei das Bürgeramt zuvorkommend, wenn Amerikaner, Kanadier oder Slowaken ein deutschen Pass beantragen, um nicht unter das Ausländerkontingent der DEL zu fallen. Die Kritik an dieser Praxis fällt neuerdings allerdings kleinlaut aus, weil sich diese Spieler inzwischen auf die gesamte Liga verteilen, also auch andere Klubs vom Amt in Fischtown profitieren.

Immer auf der Suche, immer am Handy: Alfred Prey.

Immer auf der Suche, immer am Handy: Alfred Prey. © Heike Feiner/Imago Images

Auf wen kommt es an? Die Ice Tigers haben in Daniel Schmölz einen Spezialisten für entscheidende Tore, in Patrick Reimer eine Lichtgestalt des deutschen Eishockeys und ganz viele junge Spieler, die auch bis in die dritte Verlängerung ein hohes Tempo diktieren können. Vor allem sind sie im Gegensatz zum Vorjahr gesund, selbst der zuletzt verletzte Rick Schofield sollte mitwirken können. Alfred Prey ist es hingegen 2017 gelungen, in Jan Urbas einen derart begabten Spieler an die Nordseeküste zu locken, dass man sich fragt, warum der Slowene überhaupt in der DEL spielt. Und auch wenn die Reihe mit seinen Landsleuten Ziga Jeglic und Miha Verlic nicht mehr ganz so dominant gespielt hat, scheint Urbas rechtzeitig in Form zu sein. Beim 2:3 gegen Nürnberg erzielte er am Sonntag zwei nahezu identische Treffer. Der wichtigste Spieler steht in Bremerhaven aber mittlerweile im Tor: Der Tölzer Maximilian Franzreb zählt inzwischen zu den besten Torhütern der Liga. Der Nürnberger Niklas Treutle wird erst wieder beweisen müssen, dass er noch zu diesem Kreis gehört.

Der Mann für die besonderen Tore: Daniel Schmölz.

Der Mann für die besonderen Tore: Daniel Schmölz. © Thomas Hahn/Sportfoto Zink

Also, wer gewinnt? Das ist seriös kaum zu prophezeien. Dass Nürnberg alle vier Begegnungen in der Punkterunde für sich entschieden hat, spielt am Dienstag um (Achtung!) 19.00 Uhr (MagentaSport) schon keine Rolle mehr. Ansonsten wird es bei einer kurzen Serie auf die Schiedsrichter, die Tagesform der Torhüter und, auch wenn das kein Beteiligter je zugeben würde, auf das Glück ankommen. Aber weil seriös langweilig ist: Nürnberg gewinnt am Dienstag und kann am Freitag (19.30 Uhr) in der Arena Nürnberger Versicherung bereits ins Viertelfinale einziehen.

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