Vierte Niederlage 2023

Jung zerstört die Fürther Hoffnungen: Kleeblatt verliert auch beim FC St. Pauli

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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11.3.2023, 15:49 Uhr
Die spielentscheidende Szene: Gideon Jung flog kurz mit der Pause wegen einer Notbremse vom Platz.

© Sportfoto Zink / Melanie Zink, Sportfoto Zink / Melanie Zink Die spielentscheidende Szene: Gideon Jung flog kurz mit der Pause wegen einer Notbremse vom Platz.

Am Freitag kehrte im Norden der Winter zurück. Selbst in Hamburg blieb der Schneeregen, der tagsüber für viel Matsch gesorgt hatte, am Abend liegen, am Samstagvormittag konnte man auf manchem Gehweg im Schatten noch Schlittschuhlaufen. Doch dem FC Sankt Pauli gelingt derzeit alles - nach sechs Siegen in Folge schaffte es der Kiezklub auch, das schlechte Wetter zu vertreiben.

Doch als der Anpfiff am Millerntor ertönte, da zogen viele Wolken am zuvor strahlend blauen Himmel auf. Den verdunkelte das Kleeblatt zunächst noch mehr, um kurz vor Drei aber strahlte zumindest sportlich wieder die Sonne am ausverkauften Millerntor. Das 2:1 (1:1) gegen das Kleeblatt war der siebte Sieg in Folge für den FCSP - für die Spielvereinigung war es dagegen die vierte Niederlage im vierten Auswärtsspiel des neuen Jahres.

Drei Änderungen in der Fürther Startelf

Alexander Zorniger hatte in der Pressekonferenz vor der Reise nach Hamburg angekündigt, einiges anders machen zu wollen. Das tat der Fürther Trainer dann personell tatsächlich. Auf den beiden Außenbahnen kehrten Simon Asta (rechts) und Marco John zurück, zudem durfte der in den vergangenen Wochen schon als Einwechselspieler auffällige Lukas Petkov sein Startelfdebüt geben und auf der Zehnerposition hinter den Spitzen Branimir Hrgota und Ragnar Ache beginnen.

Ache war es auch, der das Kleeblatt früh jubeln ließ. Nach fünf Minuten konnte St. Paulis Eric Smith einen Schuss des Angreifers nur zur Ecke klären, die die Fürther kurz ausspielten. Nach einigen Stationen gelangte der Ball zu Branimir Hrgota, der im Strafraum fünf Gegner aussteigen ließ - dann aber erstmal nicht weiterkam. Also flankte Max Christiansen an den zweiten Pfosten, wo Gideon Jung den Ball an die Fünfmeterlinie zurücklegte. Dort verpasste Sebastian Griesbeck zwar noch, Ache aber schoss die Spielvereinigung in Führung (6.).

Die trat, angetrieben vom frühen Tor, noch mutiger und selbstbewusster auf - und führte nach zehn Minuten sogar mit 2:0. Asta ließ Leart Paqarada auf rechts mit einer Körpertäuschung stehen und flankte an den Fünfer, wo Ache seinen Fuß hinhielt. Doch die Freude währte nur kurz, weil der Videoschiedsrichter im "Kölner Keller" eine Abseitsstellung gesehen hatte, sodass Felix Zwayer dem Treffer die Anerkennung verweigerte.

Ausgerechnet am Millerntor, diesem Hort der Fußballromantik, jubelten vielen der 29.346 Menschen über eine Entscheidung des VAR - und trieben ihre Mannschaft mit lauten Rufen an. Das half. Statt 0:2 stand es vier Minuten später 1:1. St. Pauli kombinierte sich durch die Minute und fand auf rechts den freien Manolis Saliakas, der aus elf Metern flach zum Ausgleich traf. Das war extrem bitter für die Fürther, die bis dato sehr stark aufgetreten waren.

Im weiteren Verlauf sah man die von Zorniger erwähnten Veränderungen auch taktisch. Im Spielaufbau, den das Kleeblatt teilweise aus einer Viererkette begann, stand Oussama Haddadi bisweilen zentral im Mittelfeld, auch Marco John zog es immer wieder in die Mitte des Feldes. Nach einer halben Stunde kombinierten sie sich so stark durch, sodass Tobias Raschl frei vorm Hamburger Tor zum Abschluss kommen konnte. Doch dem jungen Fürther versagten mal wieder die Nerven, sein Schuss landete auf der Tribüne.

Gideon Jung fliegt mit Rot vom Platz

Auch danach schenkten sich beide Teams wenig, nicht nur für Zweitliga-Verhältnisse war es ein sehr gutes und ansehnliches Spiel. Als beide gedanklich schon in der Pause waren und sich auf ein Unentschieden nach 45 Minuten geeinigt hatten, kehrte der alte Gideon Jung zurück. Im Aufbau ließ sich der zuvor schon fahrige Fürther Verteidiger zu lange Zeit, sein langer Ball wurde deshalb nahe des eigenen Sechzehners geblockt. Lukas Daschner blieb dran, nach einer kleinen Ringer-Einlage zwischen Jung und Daschner pfiff Zwayer und entschied: Notbremse. Rot für Jung.

Auch der VAR hatte nichts gegen die Entscheidung des Feldschiedsrichters einzuwenden. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte trottete Jung mit hängenden Schultern vom Platz, kurz darauf war tatsächlich Halbzeit. In dieser entschied sich Trainer Zorniger, Petkovs Arbeitstag zu beenden. Für ihn kam Damian Michalski, der Jungs Part zentral in der Dreierkette übernahm. Direkt nach Wiederanpfiff stimmte die defensive Ordnung allerdings noch nicht, der Schuss des freien Daschners war aber kein Problem für Linde (46.)

Doch nach 55 Minuten belohnte sich der FCSP für einen guten Start in den zweiten Durchgang. Haddadi klärte bei einem Kopfballduell in die Mitte, Michalski hatte offensichtlich keine Lust auf die Verteidigungsarbeit, sodass der komplett freie Oladapo Afolayan sehenswert zum 2:1 treffen konnte. Das Kleeblatt geriet jetzt stärker ins Schwimmen als Kinder beim Freischwimmerabzeichen. Erst rettete Michalski gerade noch, dann hielt Linde stark gegen Paqarada (59:), nach Haddadis Fehlpass verfehlte Connor Metcalfe das knapp (61.).

Erneute Systemumstellung

Nach 64 Minuten reagierte Alexander Zorniger auf den Schwimmkurs und brachte Julian Green für Oussama Haddadi. Das Kleeblatt stellte auf ein 4-3-2 mit dem Mittelfeld Green, Raschl und Christiansen um. Kurz darauf köpfte Michalski eine Ecke neben das Tor. In der neuen Ordnung kam das Kleeblatt wieder besser ins Spiel, wirklich zwingend gerieten die Aktionen aber nicht mehr. Mit jeder Minute mehr in Unterzahl schienen Kräfte und Selbstbewusstsein weiter zu schwinden, meist spielte nur noch der FCSP.

Zehn Minuten vor Schluss hatte auch Hrgota Feierabend, für ihn kam Armindo Sieb. Doch dieser Wechsel brachte ebenfalls nicht mehr viel Veränderung. St. Pauli schaffte es zwar nicht, das Spiel frühzeitig zu entscheiden, die Fürther aber kamen auch zu keinen zwingenden Möglichkeiten mehr. So lief die Zeit langsam ab, das Millerntor sang sich und seine Mannschaft dem siebten Sieg im neuen Jahr entgegen - der nach einer vierminütigen Nachspielzeit um 14.56 Uhr auch feststand.

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