Nach 1:1 gegen Hannover

"Niemand begreift es mehr": Fürth-Coach Alexander Zorniger schimpft über den Videobeweis

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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5.3.2023, 18:45 Uhr
"Der Videoassistent darf das Spiel nicht verändern": Florian Heft aber änderte seine Meinung nach Video-Studium mehrmals.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink "Der Videoassistent darf das Spiel nicht verändern": Florian Heft aber änderte seine Meinung nach Video-Studium mehrmals.

Sollte Marcus Mann jemals Interesse an Branimir Hrgota gehabt haben, dann erlosch dieses am Sonntagnachmittag im Kabinengang des Ronhofs. Dem Sportdirektor von Hannover 96 wurde im vergangenen Sommer ja nachgesagt, dass er seinem Trainer Stefan Leitl einen großen Wunsch erfüllen und den Fürther Kapitän nach Niedersachsen lotsen möchte. Hrgota aber blieb beim Kleeblatt - und traf beim 1:1 (0:0) gegen Hannover zum Ausgleich.

Nur wie dieser Ausgleich zustande kam, das beschäftigte Mann nach dem Schlusspfiff noch sehr. Im Kabinengang war er kaum zu beruhigen, diskutierte mit dem Schiedsrichter-Team und abschließend auch noch mit Branimir Hrgota. Der war ja in der 55. Minute von Thaddäus-Monju Momuluh im Strafraum gefoult worden, weshalb Florian Heft auf Elfmeter entschied - den der Fürther souverän verwandelte (57.).

Schnelle Reaktion des Kleeblatts

Es war die prompte Reaktion der Spielvereinigung, die nur drei Minuten zuvor in Rückstand geraten war. Dieser Umgang mit den von Alexander Zorniger vielzitierten "Widerständen" hätte das bestimmende Thema sein können nach diesem Fußballspiel - es blieb allerdings nicht mehr als eine Randnotiz, wenngleich der Fürther Trainer doch sehr zufrieden war, dass seine Mannschaft nur drei Minuten lang in Rückstand war.

"Ich habe der Mannschaft bisher schon die ein oder andere Situation angekreidet, weil sie nach einem Negativerlebnis die Schultern runtergenommen hat", sagte Zorniger. "Das haben wir gar nicht. Wir haben sofort eine Reaktion gezeigt." Das Gegentor nach einem Freistoß (Hendrik Weydandt) "hat uns eigentlich gar nicht gestört", betonte Max Christiansen. "Wir haben einfach weitergemacht und uns den Elfmeter erarbeitet."

Den Elfmeter, der für Marcus Mann und alle, die es mit Hannover 96 hielten, keiner war - und der, verbunden mit zwei anderen Entscheidungen des Schiedsrichters, das bestimmende Thema nach dem Schlusspfiff war. Nach 35 Minuten war Ragnar Ache im Laufduell mit Luka Krajnc zu Boden gegangen und hatte Heft auf Elfmeter fürs Kleeblatt entschieden. Dann aber meldete sich der Video-Asisstent - und nach ausführlichem Videostudium nahm der Schiedsrichter seine ursprüngliche Entscheidung zurück.

Die beiden Fankurven sangen da schon in trauter Zweisamkeit "Ihr macht unseren Sport kaputt" - und wussten noch gar nicht, dass es nicht die einzige strittige Entscheidung bleiben würde. Beim Foul an Hrgota verzichtete Florian Heft auf den Gang an den Monitor, kurz nach dem Fürther Ausgleich aber sah man ihn wieder in Richtung Gegengerade joggen.

Sebastian Griesbeck hatte Maximilian Beier am Strafraumrand zu Fall gebracht - nach mehrminütiger Unterbrechung aber gab Heft den Elfmeter wegen eines hohen Beins nicht. Wieder Ärger, wieder Pfiffe, wieder Unzufriedenheit auf allen Seiten. In der letzten halben Stunde hätte das Kleeblatt das Spiel noch für sich entscheiden und den fünften Sieg im fünften Heimspiel holen können, doch Ragnar Ache traf nach Zuspiel von Hrgota nur den Pfosten (84.) - doch auch das blieb nicht mehr als eine Randnotiz.

"Es verändert das Spiel massiv"

Das bestimmende Thema in der Analyse war der Video-Assistent. "Langsam muss man sich fragen, warum wir ihn haben", sagte der diplomatisch antwortende Stefan Leitl, sein Nachfolger auf der Fürther Trainerbank hatte aber keine Lust auf Diplomatie und redete sich in Rage.

"Ich finde, dass man sich ganz, ganz schnell Gedanken machen muss", legte Alexander Zorniger los. "Ich erinnere mich noch daran, als der Videobeweis eingeführt wurde. Da hieß es: Der Videoassistent darf das Spiel nicht verändern. Er verändert es aber massiv. Die Schiedsrichter wissen gar nicht mehr, was sie pfeifen sollen. Bei der ersten Situation gibt es einen Kontakt und der Ball läuft weiter."

Das sei womöglich eine "60:40-Entscheidung", bekannte Zorniger. "Es war aber doch keine klare Fehlentscheidung. Niemand begreift es mehr. Es verändert das Spiel massiv. Das geht nicht. Fußball ist so toll, weil es so einfach ist. Da muss man was ändern, aber das wird nicht passieren, weil es auch eine finanzielle Geschichte ist. Da hängen Leute mit drin, die damit Geld verdienen."

Punkt. Doch damit nicht genug. Zum Abschluss dachte Zorniger an seine Nachfolger im Trainergeschäft. "In zwei, drei Trainer-Generationen wird das ganz normal dazugehören", sagte der 55-Jährige am Ende seines langen Monologs, "und die armen Schweine wissen nicht mal mehr, wie es damals war, als man einfach jubeln konnte, wenn ein Tor fällt."

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