Ü60 und sportlich aktiv: Menschen aus der Region berichten

20.5.2021, 13:27 Uhr
Ü60 und sportlich aktiv: Menschen aus der Region berichten

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Wir haben mit Frauen und Männern aus der Region gesprochen, die noch immer regelmäßig sportlich aktiv sein – obwohl sie bereits (weit) jenseits der 60 sind. Sie berichten vom Wert der Bewegung in fortgeschrittenem Alter und ihrer Motivation.


Kehrtwende: Im Breitensport sind wesentliche Lockerungen greifbar


Die Gesundheitsbewusste

Barbara Kornalik, 61, Ärztin (Internistin) aus dem Forchheimer Stadteil Burk:

"Um es gleich vorwegzunehmen: ich bin keine Leistungssportlerin und auch kein Muskelpaket. Aber ich weiß aus leidvoller Erfahrung, dass ich etwas tun muss, um Muskelverspannungen im Nackenbereich und Schmerzen in der Lendenwirbelsäule aktiv vorzubeugen. Wer mit mehr als 180 cm Körpergröße schon mal eine anderthalbstündige Darbietung in der Dresdner Semper-Oper erlebt hat, kann dies sicher nachvollziehen.

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© Foto: Privat

Mit dem Erfahrungsschatz aus der vor Jahren immer mal wieder gebuchten Teilnahme an diversen VHS-Veranstaltungen zum Thema Wirbelsäulengymnastik, Yoga und Pilates besitze ich ein recht großes, persönliches Repertoire an Übungen. Diese Übungen kann ich nach Bedarf variieren. Meist schaffe ich es aber erst abends, die Übungen durchzuführen. Hilfreich ist hierfür etwas Platz in der Nähe des Fernsehgerätes. So kann ich mir die Zeit vor dem TV-Gerät mit Gymnastik "erarbeiten". Hilfsmittel wie Hanteln, ein Gymnastik-Band oder -Ball bringen Abwechslung ins Muskeltraining.

Tagsüber versuche ich – gelingt natürlich nicht immer – Übungen auch in den Alltag zu integrieren. Effektiv ist es beispielsweise, wenn es mal nicht ganz schnell gehen muss, die Spülmaschine nicht mit gebücktem Rücken auszuräumen, sondern jeden Teller einzeln mittels einer Kniebeuge rauszuholen. Oder beim Zähneputzen möglichst viele Zehenstände zu integrieren, oder während man darauf wartet, dass das Nudelwasser kocht, noch schnell ein paar modifizierte Liegestützen an der Küchenarbeitsplatte zu erledigen. Möglichkeiten gibt es da viele.

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Für die Fitness braucht es noch zusätzlich ein Ausdauerbewegungsprogramm. Bei passendem Wetter bietet sich der nahe Wald an, um eine Walkingstrecke abzulaufen. Im Keller bei uns steht als Alternative ein uralter Crosstrainer, der bei knapperer Zeit oder schlechtem Wetter zum Einsatz kommt. Mit dem Fahrrad zum Einkaufen oder die Treppe statt den Aufzug zu nehmen, ist ja sowieso klar. Und wenn wir Wandern gehen und ich bei einem Tempo von 5 Km/h mithalten muss, weiß ich auch, dass ich dann ordentlich was geschafft habe." (Barbara Kornalik)

Die Rastlose

Elke Schäfer, 66, Buchhalterin aus Dittenheim im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen:

"Ich spiele jetzt schon seit 30 Jahren Tennis. Damals wurden bei uns in Dittenheim die Tennisplätze angelegt. Ich war schon Vereinsmitglied, habe Damengymnastik gemacht, und davon mitbekommen. Aus Spaß habe ich dann mit meinem Mann und meinen beiden Töchtern beschlossen, mit dem Tennis anzufangen. Das war schon auch ein Argument für uns, dass wir das als Familie zusammen machen können. Mein Mann kann inzwischen nicht mehr spielen, er hatte einen Bandscheibenvorfall. Ich mache trotzdem weiter, bei den Damen Ü50. Zwei Teamkolleginnen sind jünger als ich, zwei älter, ich bin also genau in der Mitte.

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Tennis fordert mich nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Man muss sich konzentrieren und vergisst so die kleinen Probleme des Alltags. Dass wir durch Corona jetzt lange Zeit nur selten spielen konnten, war schon sehr schade. Normalerweise fahren wir im April auch immer für eine Woche in ein Tenniscamp. Wir waren schon in der Türkei, in Ägypten und am Gardasee. Das ist dieses Jahr schon zum zweiten Mal ausgefallen. Mir macht Tennis nach wie vor großen Spaß, auch wenn ich manchmal meine Arthrose spüre. Es ist aber trotzdem wichtig, sich zu bewegen. Es stimmt auch überhaupt nicht, dass man in höherem Alter keinen Sport mehr machen kann. Ich kann nur jedem empfehlen, sich dazu aufzuraffen. Oft hat man ja auch mehr Zeit dazu, wenn man älter ist.

Insgesamt mache ich bis zu fünf Tage die Woche Sport. Ich gehe joggen, walken und radfahren, die frische Luft und die Bewegung tun mir gut. Wenn ich mal etwas unleidlich bin, sagt mir mein Mann manchmal, ich soll doch laufen gehen. Wenn ich dann nach einer Stunde zurückkomme, ist alles wieder in Ordnung. Vor mehr als einem Jahr hatte ich eine Knie-OP und konnte nicht wie gewohnt Sport machen. Da war ich dann im Fitnessstudio, dann kam ja leider Corona. Inzwischen kann ich zum Glück wieder Tennis spielen und mich so bewegen wie ich will. Das ist mir wichtig. Ich finde: Im Sessel sitzen kann man immer noch, wenn man mal ganz alt ist." (Protokoll: dom)

Der Bankdrücker

Josef Seitz, 65, Rentner aus Sindlbach im Landkreis Neumarkt:

"Schon vor Jahrzehnten habe ich mir zu Hause im Keller einen Fitness-Raum eingerichtet, aber wirklich benutzt habe ich die Geräte nie. Alleine fehlte einfach die Motivation, außerdem gab es mit Haus und Familie immer genug zu tun. Erst als ich massive Bandscheibenprobleme bekam, wegen denen ich nicht mehr als Stuckateur arbeiten kann, bin ich beim Kraft-Training gelandet.

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Besonders im Bankdrücken lief es von Anfang an so gut, dass der Ehrgeiz angesprungen ist und ich mich auf Wettkämpfen beweisen wollte. Meine Bestleistung mit Unterstützungs-Trikot liegt bei 200 kg, ohne bei 152,5 kg. Zusätzlich habe ich die Übungsleiter-Ausbildung gemacht. Der Sport ist für mich zur starken sozialen Komponente geworden, wie früher die Fußballmannschaft. Im Verein beim SC Oberölsbach und auf verschiedenen Veranstaltungen sind etliche ältere Jahrgänge dabei, die sich gegenseitig anspornen.

Diese Erlebnisse vermisse ich im Lockdown natürlich sehr und lassen sich durch Nordic-Walking oder Spazierengehen nicht ersetzen. Wenn ich dann als Mitglied der Abteilungsleitung im quasi leeren Studio nach dem Rechten schaue, kann ich es mir nicht verkneifen, ein paar Hantelübungen zu machen. Über den sportlichen Ruhestand denke ich überhaupt nicht nach, mein Ziel ist ein internationaler Podestplatz." (Protokoll: gu)

Der Genießer

Norbert Peetz, 65, pensionierter Polizist aus Obermichelbach im Landkreis Fürth:

"Momentan kann ich nicht schwimmen, da bleibt mir nur Gymnastik, Laufen und Fahrradfahren ohne Einkehren. Mit dem Tourenrad fahre ich schön gemütlich zwischen 30 und 60 Kilometer, vor dem Lockdown donnerstags gerne die 32 Kilometer nach Dietenhofen, weil es dort Schlachtschüssel gibt. Ich bestelle gerne Saure Zipfel oder Bauchfleisch mit Kraut. Dazu ein alkoholfreies Colaweizen, denn tagsüber trinke ich keinen Alkohol, auf dem Rückweg noch ein Eis. Deswegen mache ich ja Sport, weil mir das Essen so schmeckt, denn ich möchte ungefähr auf meinem Fitness-Level bleiben.


Bewegungsmangel bei Kindern: Defizite wegen Corona


Als Mitglied bei den Turnern des TV Fürth 1860 besuche ich zwei Turnstunden die Woche, derzeit eben online. Meine Frau und ich haben zusätzlich auf Youtube den Kanal von Gabi Fastner entdeckt. Das ist ein supertolles Programm "für die bessere Hälfte des Lebens", wie sie sagt. Joggen ist das einzige, für das es mir schwerfällt, mich aufzuraffen. Denn die müden Knochen merkt man in meinem Alter schon langsam. Aber ich bemühe mich, die Bewegung, die ich aus 40 Jahren Polizeidienst in Fürth gewohnt bin, beizubehalten. Ich möchte Gelenkbeschwerden vorbeugen, das schlechte Gewissen bewegt mich dazu, immer in Bewegung zu bleiben. Ich bin immer noch vom Beruf her zeitlich getaktet, das stresst auch meine Frau, die noch berufstätig ist. Aber ich bin ein Mensch, der sagt: Es gilt, was ausgemacht ist.

Vielleicht bin ich deshalb – abgesehen von Fahrradtouren mit Frau und Freunden – Individualist beim Sporttreiben. Denn am liebsten gehe ich dann los, wenn es in meinen Zeitplan passt. Dann kann ich mich selbst entscheiden, ob ich einen Umweg mache oder heimfahre. Wie ich mich an schlechten Tagen motiviere? Toi toi toi, aber so arg hat mich noch nichts gezwickt, ich habe solche Tage nicht. Irgendwas kann man immer machen. Und wenn ich nur ein Youtube-Video laufen lasse und die Übungen mitmache, damit der Kreislauf in Bewegung kommt." (Protokoll: mno)

Die Alleinfahrerin

Ursel Baumgartl, 77, Rentnerin und ehrenamtliche Gymnastik-Trainerin beim Baiersdorfer SV im Landkreis Erlangen-Höchstadt.

"Radfahren ist seit meiner Kindheit meine Leidenschaft. Meine Familie kam aus dem Sudetenland. Wir sind nach Marloffstein gezogen, meine Mutter war Kriegerwitwe mit zwei Kindern. Sie ist mit uns losgeradelt, obwohl sie die Strecken nicht kannte. So sind wir von Marloffstein bis ins Fichtelgebirge oder an den Albsee gekommen. Ich hatte Holzpedale ans Rad geschraubt, weil ich an die echten nicht hingekommen bin.

Ich fahre heute noch fast jeden Tag, wenn das Wetter passt und ich Zeit habe, mache auch beim Stadtradeln in Baiersdorf mit. Ich bin ein Alleinfahrer, da kann ich machen, was ich will. Ich fahre halt gerne schnell. Zu meiner Schwester sind es zum Beispiel hin- und zurück 62 Kilometer. Seit ein paar Jahren habe ich ein E-Bike, aber früher habe ich die Tour auch ohne gemacht. Mein Leben lang mache ich schon Gymnastik. 27 Jahre lang habe ich beim Baiersdorfer SV eine eigene Stunde gehalten. Ich habe sehr geweint, als ich sie abgegeben habe, aber es musste irgendwann sein.

Ich mache jeden Tag Gymnastik, schon früh mache ich bei der Tele-Gymnastik im Fernsehen mit. Zwei Stunden in der Woche verbringe ich beim Sportverein, aktuell mache ich auch die Online-Kurse mit. Ich und mein Mann laufen sehr viel. Früher habe ich gerne getanzt und Tennis gespielt. Und was mir sonst in die Finger kommt, mache ich auch noch mit. Wir haben auch einen Riesengarten, die Arbeit darin hält auch fit. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich wahrscheinlich noch mehr machen. So lange es die Gesundheit erlaubt, werde ich auch weiter Sport machen. (Protokoll: alep)


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