Immunität nach Infektion?

Corona-Reinfektion: Warum sich momentan so viele Genesene erneut anstecken

sde

7.7.2022, 11:46 Uhr
Einige Genesene stecken sich wenige Monate nach der ersten Infektion erneut mit dem Corona-Virus an.

© Sebastian Gollnow, dpa Einige Genesene stecken sich wenige Monate nach der ersten Infektion erneut mit dem Corona-Virus an.

Schnell übertragbare Mutante BA.5

Nach einer überstandenen Infektion ist man immun – das dachten zumindest viele Menschen noch zu Beginn der Pandemie. Inzwischen zeichnet das Geschehen ein anderes Bild: Auch Genesene, die bereits mit dem Virus zu kämpfen hatten, stecken sich erneut an. Dieser Trend ist insbesondere auf die derzeit dominierende Omikron-Variante BA.5 zurückzuführen. Laut dem Robert-Koch-Institut ist die Mutante schnell übertragbar und zeigt aktuell das stärkste Wachstum. Verglichen mit dem Subtyp BA.2 ist die derzeit vorherrschende Variante um 13 Prozent ansteckender. Das geht aus Daten der EU-Seuchenschutzbehörde ECDC hervor.

Dabei ist nicht nur die Variante durch ihre jeweiligen Eigenheiten für Reinfektionen verantwortlich, sondern auch die Tatsache, dass es schlichtweg neue Typen sind. Eine Studie von Forschern des Deutschen Primatenzentrums der Medizinischen Hochschule Hannover und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg kam zum Ergebnis, dass Antikörper von Genesenen kaum auf die Subtypen BA.4 und BA.5 wirken. Bei Impfungen verhält es sich ähnlich: Zwar können drei Pikse die Mutanten einigermaßen neutralisieren, gegenüber früheren Varianten ist die Wirkung aber ebenfalls abgeschwächt.

Wie lange sind Genesene vor einer Corona-Reinfektion geschützt?

Genesene stellen sich nun oftmals die Frage, wie lange sie nach einer Infektion tatsächlich geschützt sind. Eine klare, pauschale Antwort auf diese Frage könne man laut dem Virologen Prof. Jonas Schmidt-Chanasit allerdings nicht geben. Sicher sei nur: Wenige Wochen nach der ersten Infektion sei die Wahrscheinlichkeit sehr niedrig, steigt dann im Laufe der Zeit aber zunehmend an – genau wie bei der Impfung.

Abgesehen von der Zeit beeinflussen weitere Faktoren das Risiko einer Reinfektion, zum Beispiel die Viruslast, erklärt Schmidt-Chanasit gegenüber der Bild: "Es macht einen Unterschied, ob man nur mit wenigen Viren, zum Beispiel über die Nasenschleimhaut, in Kontakt kommt oder eine große Menge Viren aufgenommen werden." Ein weiterer, personenabhängiger Faktor ist die zelluläre Immunität.

Auch die allgemeine Entwicklung des Virus beeinflusst das Risiko einer Reinfektion: Einerseits hängt die Wahrscheinlichkeit von der derzeit vorherrschenden Mutante ab: Wie eine Untersuchung des Londoner Imperial College zeigt, liegt die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Ansteckung mit Omikron über fünfmal höher als bei der vorherigen Delta-Variante.

Zu Zweifach-Ansteckungen könne es zudem insbesondere dann kommen, "wenn eine neue Immunflucht-Variante im Umlauf ist, die unsere Immunität teilweise unterwandern kann", konstatiert Schmidt-Chanasit von der Universität Hamburg. Dieses Phänomen der Immunflucht, das man laut dem Virologen besonders im Übergang von Delta zu Omikron beobachten konnte, war Gegenstand einer Untersuchung des Deutschen Primatenzentrums.

Das Ergebnis: Bei Ungeimpften, die sich im Frühjahr mit den Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2 infiziert hatten, waren die Antikörper gegen BA.4 und BA.5 kaum aktiv. Eine überstandene Infektion mit den ersteren beiden Untervarianten biete laut den Forschern demnach nur einen geringen Schutz vor einer nachfolgenden Infektion mit BA.4 und BA.5, bei denen es sich demnach wohl um "Immunflucht-Varianten" handelt. Die Erreger haben sich also daran angepasst, dass viele Menschen entweder durch eine Genesung oder die Impfungen Antikörper gegen das Virus in sich tragen.

Sind Geimpfte auch von Reinfektionen getroffen?

Bei Genesenen hängt das Risiko für erneute Infektionen also von der Viruslast der letztmaligen Ansteckung, von der persönlichen individuellen Antwort sowie von der Variante und der allgemeinen Entwicklung des Virus ab. Geimpfte sind indes nach drei Piksen mit wirksamen Antikörpern gegen BA.4 und BA.5 ausgestattet, zugleich aber schwächer geschützt als noch gegen frühere Mutanten. Zudem zeigte sich, dass BA.1 und BA.2 deutlich effizienter gehemmt wurden als BA.2.12.1, BA.4 und BA.5.

Die letzteren drei Subtypen seien laut Markus Hoffmann, Mitautor der Studie, zwar Antikörperfluchtvarianten. Trotzdem ist sich Hoffmann sicher: "Die Impfung wird dennoch vor einem schweren Verlauf schützen, der Schutz wird jedoch wahrscheinlich etwas geringer ausfallen als bei den vorher zirkulierenden Varianten"

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