Wer hat's erfunden? Das Rotbier kommt aus Fürth
© Foto: Stefan Hippel
$imageSubline

Bier-Streit

Wer hat's erfunden? Das Rotbier kommt aus Fürth

Original Nürnberger Rotbier oder nicht? Um diese Bezeichnung streiten sich aktuell die Tucher Brauerei und die Hausbrauerei Altstadthof vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.

Tucher hat, wie berichtet, 2018 ein Bier mit eben jener Bezeichnung auf den Markt gebracht. Die Hausbrauerei Altstadthof, die 1999 begonnen hatte, Rotbier zu brauen, und damit eine kleine Renaissance dieser Sorte startete, moniert, dass die Bezeichnung einerseits irreführend sei, da es sich nicht um das "einzig wahre Nürnberger Rotbier" handle; andererseits zweifelt sie an, dass der Brauprozess bei Tucher vereinbar mit der Bezeichnung sei.


Streit um Rotbier: Kleine Brauerei legt sich mit Tucher an


FN-Leser Oskar Wöger bringt nun allerdings einen weiteren Aspekt ins Spiel: Ganz neu sei die Idee eines Rotbiers im 20. Jahrhundert nämlich nicht gewesen, denn das Untergärige wieder aufleben zu lassen – dazu hatte bereits die Fürther Bergbräu mit der Sorte "Altes Kupfer" in den 70er Jahren beigetragen.

Der heute 86-Jährige war damals Brauereiverwalter im Betrieb von Fritz Mailaender. Zu seinen Aufgaben gehörte die Betreuung der unter Vertrag stehenden Gaststätten und Betriebe. "Wir mussten immer ein Auge auf die belieferten Wirte haben, da ging es auch darum, zu sehen, wie eine Gaststätte geführt wird, wie man den Umsatz steigern und neue Kunden gewinnen kann." Weil Brauereien aber seinerzeit selten Großbetriebe waren, betätigte sich der Brauereiverwalter auch als Ideengeber fürs Marketing: "Ich hatte zuvor schon bei der Zeltner-Brauerei dafür plädiert, neue Dinge auszuprobieren. Das Pilsner Urquell ist damals super eingeschlagen."

Mit seiner Idee rannte er bei Erich Fleischmann, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Bergbräu, offene Türen ein, wie Wöger berichtet: "Fleischmann ist dann ins Staatsarchiv nach Nürnberg gefahren und hat dort über Rotbiere recherchiert. Bei seiner Suche stieß er schließlich auf Rothopfenfelder bei Schnaittach und die Nürnberger Ratsverordnung von 1303 zum Bierbrauen, also das Gerstengebot. Unser Braumeister Mohr hat sich das dann vor Ort genau angeschaut, dann haben wir Verträge abgeschlossen und es konnte losgehen." Doch im Fokus stand der Name "Altes Kupfer", erst darunter tauchte der Begriff "naturbelassenes Rotbier" auf.

Wenig gefragte Spezialbiere

Der Brauverwalter erklärt, warum: "Damals haben die Leute zu 90 Prozent helles Bier getrunken. Spezialbiere waren noch nicht gefragt und Rotbier war kaum jemandem ein Begriff. Darum haben wir uns dann für Altes Kupfer entschieden."

Die Fürther brauten schließlich an der Wolfsschlucht ein vollmundiges Nürnberger Rotbier mit einer Stammwürze von fünf Prozent. Das Erscheinungsjahr 1971 war gut gewählt. Nürnberg feierte in großem Stil im Dürer-Jahr den 500. Geburtstag des großen Meisters, die Geschichte der Noris war das große Thema des Jahres. Das nutzte auch die Bergbräu mit geschicktem Marketing aus, wie Wöger erzählt: "Wir haben das Albrecht-Dürer-Haus und das Monogramm Dürers sowie die Betonung auf die Nürnberger Ratsverordnung von 1303 auf Etiketten, Gläser und Bierdeckel gedruckt, das kam super an. Nur nicht bei der Stadt Nürnberg, die wegen des Monogramms Einwände hatte. Das haben wir dann entfernt."


Tucher vor Gericht: Darum wird die Brauerei verklagt


Das Alte Kupfer, das eigentlich nur im Dürer-Jubeljahr hätte gebraut werden sollen, wurde zunächst vor allem als Fassbier in Gaststätten in Fürth und Nürnberg ausgeschenkt – und entwickelte sich dort zu einem kleinen Verkaufsschlager.

Der Gerstensaft war beliebt und fand seinen Weg als Flaschenbier in die Getränkemärkte. Ein besonderer Coup gelang Wöger bei Quelle. Die Schickedanz-Gruppe war mit der Zusammenlegung verschiedener fränkischer Brauereien und der Gründung der Patrizier Bräu 1972 als großer Konkurrent auf den Markt getreten und somit – wenn man möchte – Konkurrent für die kleine Bergbräu.

Im Quelle-Supermarkt

Das hinderte Wöger nicht daran, sein Altes Kupfer im umsatzstarken Quelle-Supermarkt bei der Konkurrenz zu verkaufen: "Ich bin an den Einkäufer dort herangetreten und habe das Bier verköstigen lassen. Das kam so gut an, dass ich zwei Tage später einen Rückruf erhalten habe, sie wollen das Bier ins Sortiment aufnehmen. Dadurch ist das Alte Kupfer noch bekannter geworden."


Fürther Bier-Ärger: Ehepaar schickt Frankenfahne gen Norden


Doch es war nur ein kurzes Hoch, denn genau jene Patrizier Brauerei war es, die dem Alten Kupfer den Garaus machte. Finanziell an den Rand gedrängt, übernahm die Patrizier 1974 die Bergbräu, 1977 schloss die Großbrauerei endgültig die Pforten an der Wolfsschlucht. Mit dem Ende der Bergbräu verschwand auch das Alte Kupfer. Zunächst hatte die Patrizier zwar noch die "Kupferstube" im Sortiment, in den 1980er Jahren wurde das Bier aber wegen mangelnder Nachfrage vom Markt genommen.

Die Marken- und Vertriebsrechte sind nach Übernahme der Patrizier Bräu an Tucher übergegangen, eine Wiederbelebung ist laut der Brauerei aktuell aber nicht geplant. So bleibt das Alte Kupfer vorerst ein Stück Nürnberg-Fürther Brauhistorie.

Keine Kommentare