Nach BGH-Urteil zu Kontogebühren

200.000 Kunden betroffen: Schreiben der Sparkasse Nürnberg empört Verbraucherschützer

1.9.2021, 05:59 Uhr
Die Sparkasse Nürnberg hat Schreiben versandt, in denen sie eine rückwirkende Einwilligung zu Gebührenerhöhungen einholen will. Verbraucherschützer raten davon ab, diese zu unterschreiben, und stellen Musterbriefe zur Verfügung.

© Ralf Rödel, NNZ Die Sparkasse Nürnberg hat Schreiben versandt, in denen sie eine rückwirkende Einwilligung zu Gebührenerhöhungen einholen will. Verbraucherschützer raten davon ab, diese zu unterschreiben, und stellen Musterbriefe zur Verfügung.

Zustimmen oder Widerspruch einlegen? Vor dieser Frage stehen derzeit 200.000 der 380.000 Privatkunden der Sparkasse Nürnberg. In einem Schreiben vom 20. August fordert die Bank sie auf, "ausdrücklich der Geltung aller Ihre Geschäftsbeziehungen mit uns betreffenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Sonderbedingungen und sonstigen Regelungen" zuzustimmen.

Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. April, in dem klargestellt wurde, dass das Schweigen eines Kunden als Legitimation nicht genügt, um nach Ankündigung etwa Preise für Girokonten zu erhöhen. Weil jedoch zahlreiche Banken dieses Prinzip der "schweigenden Zustimmung" über Jahre praktiziert haben, ist nun auch die Sparkasse Nürnberg bemüht, eine, wie sie schreibt, "sichere Rechtsgrundlage" für die Geschäftsbeziehung zu den Kunden zu schaffen. Von Mai bis einschließlich Juli 2021 bietet sie eine Rückerstattung der Differenz zur Erhöhung der jeweiligen Kontoführungspreise an.


Susanne Götz, Finanzjuristin der Verbraucherzentrale Bayern, sieht darin den Versuch, "die BGH-Entscheidung zu umschiffen". Die Sparkasse versuche mit dem Schreiben eine rückwirkende Zustimmung einzuholen. "Unserer Auffassung nach ist das rechtswidrig". Zwar gebe es hierzu noch keine BGH-Entscheidung, "ich meine aber nicht, dass das höchstrichterlich Bestand hätte."

"Ich würde hier nicht zustimmen"


Bedenklich findet Götz, dass die Sparkasse in dem Schreiben eine quasi pauschale Zustimmung zu allen Vertragsveränderungen einzuholen versucht. "Ich würde einer solch breit gefassten Änderung nicht zustimmen." Auch das Entgegenkommen der Bank, den Kunden eine Erstattung der Differenz der vergangenen drei Monate zuzugestehen, ist für Götz nur dem Anschein nach kulant.

Verbraucherschützer, aber auch die Finanzaufsicht Bafin gehen davon aus, dass die Ansprüche der Kunden weit länger zurückreichen."Rechtsansprüche verjähren bei laufenden Verträgen nicht. Viele Banken stricken sich eigene Regeln – und die Kunden, besonders wenn sie lange bei einer Bank sind, machen es aus Verunsicherung mit", so Götz.

Was können Kunden also tun? Vor allem vor dem Hintergrund, dass einige Institute wie etwa die Raiffeisen Spar + Kreditbank Lauf Kunden in Folge einer Rückforderung prompt das Konto kündigten? Götz rät grundsätzlich von einer Unterschrift unter das Schreiben ab. Wenn Kunden bei ihrer Hausbank bleiben wollen, sollten sie widersprechen und im Gespräch mit dem Kundenberater erläutern, dass sie gerne ab sofort, aber nicht rückwirkend den veränderten AGB zustimmen. Zudem sollten sie um einen individuellen Vorschlag zur Rückerstattung der zu Unrecht erhobenen Gebühren bitten. Im Extremfall müsse man sich aber klar sein, dass die Bank das Recht habe, den Vertrag zu kündigen.


Einen Automatismus schließt die Sparkasse Nürnberg auf Nachfrage aber klar aus: "Ein Widerspruch hat keine automatische Kündigung zur Folge", sagt Sarah Schmoll, Sprecherin der Sparkasse Nürnberg. "Wir wollen eine sicherere Rechtsgrundlage schaffen und natürlich auch unsere Kunden halten." Jeder habe das Recht und die Möglichkeit, etwaige Ansprüche prüfen zu lassen. Und: "Wenn ein Anspruch begründet ist, werden wir ihn erstatten."

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