Versicherung wird teurer

Ab Juli: Warum Millionen Deutsche weniger Nettogehalt bekommen sollen

Johanna Michel

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2.5.2023, 10:21 Uhr
Rentner müssen laut Gesetzesentwurf bald deutlich höhere Sozialabgaben bezahlen. 

© Lino Mirgeler/dpa Rentner müssen laut Gesetzesentwurf bald deutlich höhere Sozialabgaben bezahlen. 

Der Anteil der Pflegeversicherung als Teil der Sozialversicherung beträgt aktuell 3,05 Prozent des Bruttoeinkommens. Das soll sich jedoch mit einer neuen Reform ändern, die das Bundesgesundheitsministerium um Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellt hat. Demnach soll ab Juli 2023 der Beitrag für viele Menschen teurer werden. Wer allerdings mehr als zwei Kinder hat, soll künftig weniger bezahlen müssen.

Sozialversicherung wird teurer: Das ist der Grund

Wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilt, "wird der Beitragssatz zur Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 nach der Kinderzahl differenziert." Grundsätzlich zahlen Eltern dann 0,6 "Beitragspunkte" weniger als Kinderlose. Bei diesen gilt ein Beitragssatz von vier Prozent. Bei Eltern mit einem Kind nur noch ein Beitragssatz von 3,4 Prozent.

Pro Kind kann der Beitragssatz um 0,25 Beitragspunkte sinken - und das bei bis zu fünf Kindern. Somit können die Beitragssätze von Eltern auf bis zu 2,4 Prozent sinken. Diese Entlastungen gelten aber nur, solange die Kinder unter 25 Jahre alt sind. Eltern, deren Kinder bereits das 25. Lebensjahr überschritten haben, profitieren nicht von den Entlastungsbeiträgen.

Laut Erklärung des Bundesgesundheitsministeriums teilen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Regel den Betrag. Selbstständige sowie Rentnerinnen und Rentner werden die Erhöhung des Beitragssatzes auf 3,4 Prozent selbst tragen müssen.
Rentnerinnen und Rentner ohne Kinder müssen sogar noch höhere Pflegebeiträge bezahlen, ab Juli 2023 vier Prozent des Bruttoeinkommens. Von 1500 Euro Rente entspricht das umgerechnet 60 Euro.

Kritik am Gesetzesentwurf

Vom Bundesgesundheitsministerium heißt es dazu: "Da die Kosten von guter Pflege ständig steigen, darf die Solidargemeinschaft nicht wegschauen und diese höheren Kosten den zu Pflegenden und ihren Angehörigen überlassen. Sowohl in den Heimen, aber ganz besonders auch bei der Pflege zu Hause müssen wir die Leistungen verbessern. Gleichzeitig gilt es, die Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung zu stabilisieren."

Auch vonseiten der Ampel-Regierung kam Kritik an dem Gesetzesentwurf auf. So sagte die Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink: "So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben." Sie forderte Verbesserungen des Entwurfs, insbesondere hinsichtlich der ambulanten Pflege sowie der Pflege zu Hause. Auch Patientenschützer und Krankenkassen meldeten Forderungen an.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigt die Pläne. Die Pflegeversicherung brauche mehr Geld, und damit würden nun 6,6 Milliarden Euro im Jahr zusätzlich zur Verfügung gestellt, sagte der SPD-Politiker bei der Einbringung der Pläne am Donnerstag im Bundestag. Wenn die weiteren Debatten ergäben, dass noch andere Mittel hineinkämen, dann sei alles gut. Es gelte nun aber nicht den Fehler zu machen, "dass wir alles zerreden".

Lindner soll für "abgespeckten" Gesetzesentwurf gesorgt haben

Heike Baehrens, SPD-Gesundheitsexpertin, sagte, dass ihre Fraktion sich für weitere Verbesserungen einsetzen werde. Speziell Klein-Schmeink betonte, dass sie auf die Unterstützung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei weiteren Änderungen angewiesen seien. Vornehmlich durch Anmerkungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sei der Entwurf "immer weiter abgespeckt" worden. Überdacht werden sollen unter anderem die Pläne, das letztmalig 2017 erhöhte Pflegegeld um fünf Prozent zum 1. Januar 2024 anzuheben. Gegenüber der "Deutschen Presse-Agentur" sagte SPD-Expertin Baehrens: "Besonders pflegende Angehörige brauchen dringend mehr Entlastung und mehr Flexibilität bei der Inanspruchnahme von Leistungen."

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