"Versorgung gefährdet"

Bayerns Gesundheitsministerin fordert schnelle Regulierung von Medizinischen Versorgungszentren

19.11.2023, 12:21 Uhr
"Die nicht vorhandene Regulierung von MVZ gefährdet die flächendeckende ambulante Versorgung", sagt die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach.

© Peter Kneffel, dpa "Die nicht vorhandene Regulierung von MVZ gefährdet die flächendeckende ambulante Versorgung", sagt die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach.

Gerlach betonte am Sonntag in München: "Die nicht vorhandene Regulierung von MVZ gefährdet die flächendeckende ambulante Versorgung. Die aktuelle Untätigkeit der Bundesregierung verschlimmert das Problem noch weiter: Seit der Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach vor einem Jahr, MVZ zu regulieren, zeigen Investoren nämlich offenbar ein gesteigertes Interesse an Praxisübernahmen – dies hat sich bei meinen gestrigen Gesprächen mit den Vorstandsmitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) sowie dem Vorsitzenden des Bayerischen Hausärzteverbandes (BHÄV) bestätigt."

Die Zahl an MVZ in Bayern beträgt laut bayerischem Gesundheitsministerium aktuell 1.021 - im August 2022 waren es noch 938. Nach Angaben der KVB befanden sich damals etwa 42 Prozent der MVZ in der Trägerschaft von Krankenhäusern, circa 22 Prozent in Trägerschaft privater Krankenhäuser. Finanzinvestoren kaufen sich dabei regelmäßig in Krankenhäuser ein, um über deren Gründungsbefugnis MVZ betreiben zu können.

Taten statt Ankündigungen

Gerlach warnte: "Diese Entwicklung gefährdet die flächendeckende ambulante Versorgung. Denn jedes neue investorengetragene MVZ (iMVZ) wird sich auf den Bestandsschutz berufen können - und damit vergrößert sich auch das Risiko irreversibler regionaler Monopolstellungen."

Der Bundesgesundheitsminister müsse seinen Ankündigungen jetzt endlich Taten folgen lassen und schnellstmöglich einen Gesetzesentwurf vorlegen, so Gerlach weiter. "Die Vorschläge Bayerns dazu liegen seit langem auf dem Tisch. Bayern hat mit Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein bereits eine Bundesrats-Initiative eingebracht, um die MVZ stärker zu regulieren und so eine flächendeckende ambulante Versorgung zu sichern. Diese Bundesrats-Initiative ist am 16. Juni 2023 mit großer Mehrheit angenommen worden. Dabei haben wir klare Maßnahmen formuliert und fordern von der Bundesregierung ein MVZ-Regulierungsgesetz."

Ein solches Regulierungsgesetz solle helfen, Konzentrationsprozesse zu verhindern, um Abhängigkeiten von einzelnen Leistungserbringern zu vermeiden, erläuterte die Ministerin. Und es solle für Patientinnen und Patienten ersichtlich machen, welche Träger und Investoren hinter einem MVZ stehen: "Jeder sollte wissen, wem er sich für seine Behandlung anvertraut und welche wirtschaftlichen Interessen möglicherweise dahinter stehen."

Gerlach fügte hinzu: "Unsere Initiative soll daher auch den Schutz der Patientinnen und Patienten verbessern. Wir haben auch im Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode festgeschrieben, dass Bayern eine massive Beschränkung investorengetragener MVZ erreichen will."

Spekulationsobjekt von Finanzinvestoren

In der ambulanten Versorgung in Bayern gebe es mehrere Herausforderungen zu bewältigen, erklärten die Vorstände der KVB, Christian Pfeiffer, Peter Heinz und Claudia Ritter-Rupp: "Das wird nur zu schaffen sein, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Insofern freuen wir uns sehr über den intensiven Austausch mit Ministerin Judith Gerlach zu wichtigen Themen wie der Bedarfsplanung, dem Bereitschaftsdienst und der Digitalisierung. Ganz besonders bemerkenswert ist, dass die Ministerin sofort ihre volle Unterstützung zugesagt hat, als es um eine bessere Regulierung und mehr Transparenz bei den investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) ging. Wir waren uns einig, dass die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung nicht zum Spekulationsobjekt von Finanzinvestoren aus dem In- und Ausland werden darf. Ein entschlossenes Handeln des Bundesgesetzgebers ist mehr als überfällig."

Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes, Wolfgang Ritter, sagte: "Gesundheit darf nicht zu einem Geschäftsmodell verkommen. Umfang und Ausgestaltung der medizinischen Versorgung unserer Patientinnen und Patienten müssen sich weiterhin vordringlich am medizinischen Versorgungsbedarf und am Gemeinwohl, nicht an finanziellen Renditeerwartungen von Kapitalinvestoren orientieren."

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