Runder Tisch in Nürnberg

Proteste gegen geplantes ICE-Werk: Was die Bahn künftig besser machen will

21.1.2022, 17:10 Uhr
Proteste gegen geplantes ICE-Werk: Was die Bahn künftig besser machen will

© Stefan Hippel

Eine intensive Diskussion, die aber konstruktiv und fair verlaufen sei - so bewertete Bayerns Bahnchef Klaus-Dieter Josel die Gespräche mit Bundes- und Landespolitikern sowie den Verantwortlichen aus den betroffenen Landkreisen und Kommunen. Am bisherigen Kurs hält die Bahn-Spitze freilich fest und will im Februar mit den drei übriggebliebenen Standort-Alternativen ins Raumordnungsverfahren gehen.

Die Regierung von Mittelfranken wird dann die Standorte im Nürnberger Land und im Landkreis Roth auf Raumverträglichkeit untersuchen und die Bahn gegebenenfalls mit Maßgaben konfrontieren, die im weiteren Planungsprozess zu berücksichtigen sind. „Wir sind im Dialog mit den Bürgern vor Ort, um das so akzeptabel wie möglich gestalten zu können“, verspricht Josel.

Mahnwache vor dem Eingang

Dass dieser Dialog nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig werden wird für die Verantwortlichen, das zeigte die Mahnwache mehrerer Bürgerinitiativen, die sich vor dem Start des nichtöffentlichen Runden Tisches am Eingang des Nürnberger Verkehrsmuseums mit Transparenten und Baum-Kostümen postiert hatte. Die Gruppen sind inzwischen gut miteinander vernetzt, tauschen sich über soziale Netzwerke und WhatsApp-Gruppen aus und sind sich einig, dass das geplante ICE-Werk an jedem der aktuell zur Diskussion stehenden Standorte ein Unding sei.

In allen drei Fällen müsste schließlich eine gewaltige Fläche wertvollen Bannwalds gerodet werden, der nicht nur als Naherholungsfläche, sondern auch als Lebensraum für Tiere, als Klimaschutz und als Lärmfilter fehlen wurde. Der gefährdete Wald bei Harrlach dient zudem als Grundwasserspeicher, aus dem unter anderem die Stadt Fürth einen Großteil ihres Trinkwassers bezieht. Darüber hinaus würde einer ganzen Reihe von privaten Waldbesitzern die Enteignung drohen, sollte das ICE-Werk auf diesem Areal zwischen Roth und Allersberg errichtet werden.

Auf dem ehemaligen Gelände der Heeresmunitionsanstalt (Muna) bei Feucht wiederum ist noch ungeklärt, wie viel Zeit und Geld für die Entmunitionierung des verseuchten Untergrunds nötig sein wird, wenn die Wahl auf dieses Areal fallen würde. Auch wegen dieser wichtigen Frage hätte sich der Feuchter Bürgermeister Jörg Kotzur einen Austausch wie nun in Nürnberg zu einem erheblich früheren Zeitpunkt gewünscht.

Brief von Markus Söder

Und wie intransparent das Ringen um einen geeigneten Standort bis jetzt verlaufen ist, zeigt unter anderem ein Brief, den Ministerpräsident Markus Söder (CSU) seinen Parteifreunden in Feucht geschrieben hatte. Darin kündigt er an, dass der Staatswald südlich der Muna geschützt werden solle. Von diesem Vorstoß hatte Feuchts parteiloser Rathauschef aus der Zeitung erfahren.

Der Rother Landrat Herbert Eckstein (SPD) kritisiert neben der mangelnden Transparenz beim Auswahlverfahren die in seinen Augen gewaltige Unprofessionalität der Verantwortlichen. „Ich habe in meiner langen Amtszeit schon manches gesehen und miterlebt, aber so etwas noch nicht“, kritisiert Bayerns dienstältester Landrat und fordert, die Standortsuche noch einmal bei Null zu beginnen.

„Die Bahn ist immer noch gefordert, Fakten nachzuliefern, zum Beispiel was die genauen Auswahlkriterien bei der Standortsuche waren“, sagt der SPD-Politiker und geht damit konform mit seinem Kollegen Armin Kroder (Freie Wähler). „Es muss von Bund, Bahn und Freistaat ein über jeden Zweifel erhabenes rechtsstaatliches und faires Verfahren geführt werden“, fordert der Landrat des Nürnberger Landes. Der Standort für das ICE-Werk müsse technisch funktionieren und wirtschaftlich leistbar sein - „und er muss Menschen und Natur möglichst schonen“, sagt Kroder. Ob das mit den nunmehr übriggebliebenen Vorschlägen der Fall sein werde, sei schon sehr fraglich.

Vielleicht bleibt es auch nicht bei den aktuellen Standorten. Zumindest erwähnte Klaus-Dieter Josel bei der Konferenz mit den Mitgliedern des Rother Kreistags, dass rein theoretisch weitere Alternativen nachträglich ins Raumordnungsverfahren aufgenommen werden könnten.

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