Ortsbegehung bei Harrlach

Gefährdet das geplante ICE-Werk das Fürther Trinkwasser?

11.1.2022, 06:00 Uhr
Die Bürgerinitiative „Kein ICE Werk bei Harrlach“ hatte Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (2.v.re.), den SPD-Kreistags-Fraktionsvorsitzenden Ben Schwarz, Robert Pfann und Andreas Buckreus zum Informationsaustausch eingeladen.  

© Verena Masopust Die Bürgerinitiative „Kein ICE Werk bei Harrlach“ hatte Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (2.v.re.), den SPD-Kreistags-Fraktionsvorsitzenden Ben Schwarz, Robert Pfann und Andreas Buckreus zum Informationsaustausch eingeladen.  

Der Fürther Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung, der 2. Rother Bürgermeister Andreas Buckreus, der Georgensgmünder Bürgermeister und Fraktionsvorsitzende im Kreistag Ben Schwarz sowie der Bürgermeister von Schwanstetten, Robert Pfann (alle SPD) setzten die Reihe der Ortsbegehungen des umstrittenen Geländes bei Roth-Harrlach/Allersberg fort und informierten sich bei der Bürgerinitiative „Kein ICE Werk bei Harrlach“ eingehend über den Standort.

Im Mittelpunkt der Besichtigung stand das Thema Wasser, bezieht doch die Stadt Fürth über 40 Prozent ihres Wassers aus dem hiesigen Einzugsgebiet. Bei Hochwasser im Raum Fürth müssen die Brunnen im Pegnitzgrund abgeschaltet werden und die Stadt ist sogar zu 100 Prozent von den Brunnen bei Harrlach/Allersberg abhängig. Genau hier soll nun neben den Logistik- und Gewerbegebieten ein ICE Werk mit mindestens 45 Hektar Waldrodung entstehen. Zusammen mit der bereits existierenden Sandgrube von 14 Hektar bedeutet dies ein großflächiges Industriegebiet von insgesamt fast 90 Hektar.

Gute Qualität

Forstamtsleiter a.D. Manfred Kinzler erläuterte die besondere Problematik des Standorts. Der geschützte Bannwald sei ein hervorragender Nitratspeicher, wodurch die Wasserqualität hier besonders hoch sei und sogar Mineralwasserqualität erreiche, erklärte er. Dies ermögliche der Stadt Fürth, das stärker belastete Wasser aus den Brunnen im Pegnitzgrund deutlich aufzuwerten. Damit sei nicht nur die Menge, sondern insbesondere die Qualität des Wassers von entscheidender Bedeutung für die Stadt Fürth. Beides sieht er durch die möglichen Eingriffe gefährdet.

Aufgrund der besonderen geologischen Gegebenheiten des Gebiets bilde sich Wasser im Wesentlichen nur in den oberen Bodenschichten und könne nur hier entnommen werden. Damit sei das Gebiet besonders anfällig für Störungen. Umfangreiche Erdarbeiten seien aufgrund des Gefälles von 30 Metern erforderlich und würden die natürliche Bodenstruktur sowie unterirdische Wasserverläufe beeinträchtigen.

Speicher schwindet

Bei großflächigen Rodungen verschwinde die natürliche Speicherfunktion des Waldes, Wasser fließe rascher ab und stehe nicht mehr zur Grundwasserneubildung zur Verfügung. Versickerungsbecken könnten dies nur zum Teil kompensieren. Hinzu kämen die typischen Gefahren aus dem Betrieb eines ICE-Ausbesserungswerks, wie der Einsatz von Enteisungsmitteln, hochkonzentrierten Reinigungsmitteln und Glyphosat zur Freihaltung der Gleise, die alle bei unsachgemäßer Handhabung das Grundwasser verschmutzen können.

Diese „hausgemachten“ Gefahren verschärften nun die ohnehin bestehende Problematik in Zeiten des Klimawandels mit geringeren Niederschlägen; bereits jetzt sei nach den Trockenjahren der Grundwasserspiegel um 1,50 Meter gesunken.

Somit sei wenig überraschend, dass bereits 2005 ein Gutachten zur Vorlage beim Wasserwirtschaftsamt von einer Erhöhung der Fördermengen abriet. Von den Fürther Brunnen seien etliche an der Kapazitätsgrenze, und es bestehe bereits jetzt eine Konkurrenzsituation der betroffenen Wasserversorger Infra Fürth, Brunnbachgruppe (Allersberg/Pyrbaum), Stadt Roth, Wendelstein und der Schwarzachgruppe.
Dies kollidiere nun mit dem hohen Wasserbedarf des neuen ICE-Ausbesserungswerkes, der zirka 20 Prozent der Kapazität der zuständigen Brunnbach-Gruppe betrage.

Unterstützung aus Fürth

Bei der Fahrt durch das Gelände zeigten die ortskundigen Harrlacher den Gästen neben dem Bannwald die bestehenden Biotope und Hochmoore. Insbesondere die Aussicht von der Eisenbahnbrücke beeindruckte, zeigte sie doch die gewaltigen Ausmaße eines ICE-Ausbesserungswerkes von 3,2 km Länge und 450 Metern Breite; dieser ist aussagekräftiger als der Blick auf eine Karte.

Weitere zentrale Themen waren neben der Zerstörung der geschützten Naturräume die Intransparenz des bisherigen Auswahlverfahrens sowie die Belastungen für Mensch und Natur durch rasant steigendes Verkehrsaufkommen sowie Lärm- und Lichtbelästigung.
Stellvertretend für alle Gäste der SPD lobte OB Jung die exzellente Vorbereitung des Besuchs durch die BI Harrlach, bezeichnete die erhaltenen Informationen wörtlich als sehr erhellend und sicherte die Unterstützung durch die Stadt Fürth im Rahmen des anstehenden Raumordnungsverfahrens zu.

Andreas Buckreus und Ben Schwarz bekräftigten die geschlossene kritische Haltung der Kreis-SPD zu den anstehenden Terminen mit Vertretern der Bahn im Kreistag und beim runden Tisch in Nürnberg. Robert Pfann wird die erhaltenen Informationen nach Schwanstetten mitnehmen, um die dortige, durch die Zunahme des Verkehrs auf der Kreisstraße ebenfalls betroffene Bevölkerung zu sensibilisieren.

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