Eine Vogelart des Waldes, die laut Monitoring einen sehr positiven Bestandstrend zeigt, ist der Schwarzspecht.
© Herbert Henderkes
Eine Vogelart des Waldes, die laut Monitoring einen sehr positiven Bestandstrend zeigt, ist der Schwarzspecht.

Monitoring des LBV

Ehrenamtliche Naturschützer zählen Vögel: Positiver Trend bei über der Hälfte der Arten

Dicke Jacke, Fernglas und wacher Blick: Zurzeit sind wieder knapp 300 ehrenamtliche Vogelschützerinnen und Vogelschützer bayernweit unterwegs und erfassen auf ausgewählten Flächen alle dort anwesenden Vögel - auch in der Region. Dieses Monitoring häufiger Brutvögel führt der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) bereits seit 2004 im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) durch.

Aus zwei Jahrzehnten standardisierter Vogelkartierung liegen nun Bestandstrends für 58 Vogelarten vor. "Die Daten aus Programmen wie dem Monitoring häufiger Brutvögel sind wissenschaftlich belastbar, solide und aussagekräftig. Sie bilden die Grundlage für fachlich fundierten Naturschutz", sagt der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer.

Daten aus dem Monitoring häufiger Brutvögel werden zum Schutz gefährdeter Vogelarten benötigt

Der Bericht "Monitoring häufiger Brutvögel in Bayern von 2006 bis 2021" kommt zu dem Ergebnis, dass in diesen Jahren von den 58 häufigsten Vogelarten über die Hälfte zugenommen hat, während die anderen stabil bleiben oder weniger geworden sind. Seltene Vögel, die unter dem Rückgang ihres Lebensraums leiden, werden hier nicht erfasst.

Zwischen Mitte März und Ende Juni kartieren die Ehrenamtlichen entlang einer vorher festgelegten Route innerhalb einer ein Quadratkilometer großen Probefläche viermal im Jahr. Dabei werden alle gesehenen, aber auch die gehörten Vögel punktgenau erfasst, heißt es. Die Bestandsdaten aus dem Monitoring häufiger Brutvögel und verwandter Programme würden zum Schutz gefährdeter Vogelarten, für die nationale Biodiversitätsstrategie oder die Erarbeitung der Roten Liste gefährdeter Brutvögel benötigt.

Diese fachlich aufeinander abgestimmten Programme werden vom LfU koordiniert und in der Regel in enger Zusammenarbeit mit dem LBV und anderen ornithologischen Arbeitsgruppen durchgeführt. Auf Landesebene werden die erhobenen Trends und Verbreitungsdaten außerdem bei der Planung des Ausbaus erneuerbarer Energien oder für die Entscheidung über Zuschüsse für Agrarumweltmaßnahmen verwendet.

Laut dem aktuellen Monitoring-Stand von 2022 sind von 58 häufigen Vogelarten die Trends bei 28 Arten zunehmend, bei 15 Arten stabil und bei 15 Arten abnehmend. Was auf den ersten Blick positiv aussieht, sei aber nur eine Momentaufnahme des relativ kurzen Zeitraums der vergangenen 20 Jahre. Die Bestände vieler Vogelarten – insbesondere aber der Vögel des Ackerlands – seien bereits zwischen den 1970er und 1990er Jahren stark eingebrochen. "Das heißt, Bestandserholungen finden oftmals auf niedrigem Niveau statt", so Alexandra Fink, LBV-Koordinatorin des Monitorings häufiger Brutvögel.

Da man nur die weit verbreiteten Vogelarten betrachte, könne man für Vögel, die nur noch in geringer Anzahl oder in sehr speziellen Lebensräumen vorkommen, keine Bestandstrends liefern. Diese Tiere werden durch ein weiteres Programm für seltene Brutvögel erfasst. Grundsätzlich zeigen sich in Bayern ähnliche Entwicklungen wie im gesamten Deutschland und in Europa: Vögeln des Agrarlands sowie Langstreckenziehern geht es schlecht, die Bestände der Siedlungsvögel bleiben oft stabil, bei vielen Vogelarten des Waldes geht es bergauf.

Eine Vogelart des Waldes, die laut Monitoring einen sehr positiven Bestandstrend zeigt, ist der Schwarzspecht. Er profitiert davon, dass mehr Totholz und ältere Bäume im Wald belassen werden, in denen er seine Höhlen bauen kann.

Eine weitere typische Waldart, das Wintergoldhähnchen, zeigt hingegen einen negativen Bestandstrend. Der kleinste heimische Brutvogel ist stark an Fichten und Tannen gebunden. In den vergangenen Jahren indes verschlechterten Stürme und Borkenkäferfraß den Zustand der Fichtenwälder und damit auch den Lebensraum. Zudem könne ein harter Winter zu Verlusten führen.

Obwohl es zunächst widersprüchlich wirkt – die eine Vogelart profitiert von Totholz, die andere Art verliert ihren Lebensraum – zeigen die Beispiele laut LBV, warum sich Vögel so gut als Indikator für Lebensräume eignen. "Da viele Vögel spezialisiert auf bestimmte Lebensbedingungen sind, können wir aus ihren Bestandsänderungen auch ablesen, wie es um die Lebensräume in Bayern steht", so die LBV-Ornithologin. Sowohl die Vogelwelt als auch die Natur in Gänze seien durch den Menschen geprägt: auf negative Weise in Form des Klimawandels oder des Verlusts von Lebensraum, positiv durch naturnahes Waldmanagement oder Nisthilfen.

Aus den Daten des Monitorings sei es oft möglich, Schutzmaßnahmen abzuleiten. Bei manchen Arten, wie der Dorngrasmücke, zeigten sich aber auch unerwartete Trends und es bestehe noch Forschungsbedarf. Als Langstreckenzieher, die sich sonst eher negativ entwickeln, zeige sie "überraschenderweise einen positiven Bestandstrend".

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