Gleichberechtigung und Vorurteile

Frauentag: Fürtherinnen aus verschiedenen Generationen erzählen

8.3.2022, 12:00 Uhr
Sunna Hettinger ist Schauspielerin und Ensemblemitglied des Fürther Stadttheaters. Auch sie hat mit uns erzählt, was ihr in Sachen Vorurteile und Gleichberechtigung spontan durch den Kopf ging.

© Hans-Joachim Winckler, NN Sunna Hettinger ist Schauspielerin und Ensemblemitglied des Fürther Stadttheaters. Auch sie hat mit uns erzählt, was ihr in Sachen Vorurteile und Gleichberechtigung spontan durch den Kopf ging.

Nina Bär

Nina Bär © Hans-Joachim Winckler, NN

Nina Bär ist neun Jahre alt und hat ein ausgewogenes Urteil: „Manche Jungs sind nett. Andere nicht so.“ Sie mag nicht, wenn „die Jungs mit Radiergummis werfen oder sich verprügeln“ und vermutet: „Die wollen cool sein, aber das wollen manche Mädchen auch.“ Wenn sie groß ist, überlegt Nina, möchte sie „vielleicht etwas mit Tieren machen“. Jetzt kümmert sie sich schon mal mit um die Meerschweinchen Lotte und Edi: „Das sind beides Mädchen, aber mein Bruder wollte ein Pärchen und deshalb hat Edi einen Jungennamen.“ Die Neunjährige stellt fest: „Edi verhält sich oft wie die Jungs und stibitzt Lotte das Futter.“

Jenny Groh

Jenny Groh © Hans-Joachim Winckler, NN

Jenny Groh (15) hat im Schulalltag die Erfahrung gemacht, dass Jungen, wenn sie den Unterricht stören, „meist dreimal verwarnt werden, bevor ernsthafte Konsequenzen drohen“. Bei den Mädchen sei das dagegen in der Regel schon nach der ersten Verwarnung der Fall. Das Klassenklima sei gut, auch wenn die Mädchen und Jungs getrennt voneinander jeweils auf einer Seite des Zimmers sitzen: „Das hat sich einfach so ergeben, wir verstehen uns und es gibt keinen Zoff.“ Jennys Lieblingsfach ist Chemie, gerade kümmert sie sich um einen Praktikumsplatz: „Ich will dafür in die Logistik, davon habe ich auf einer Berufsbörse gehört und das gefällt mir, weil es ums Organisieren und Planen geht.“

Yasmin Vogt

Yasmin Vogt © privat

In den vergangenen Wochen war Yasmin Vogt in einer Dating-Show auf dem Bildschirm präsent. „Für die Teilnahme beim Bachelor habe ich super viel Support erhalten“, sagt die 23-Jährige. „Allerdings haben manche Männer das als Freifahrtschein gesehen, mir Fotos ihres Genitals zu schicken. Auch ungefragte Kritik an meiner Figur musste ich mir anhören.“ Die junge Frau, die in Fürth wohnt, macht klar: „Dabei vergessen die Menschen, dass Body-Shaming in zwei Richtungen gehen kann und es genauso schmerzhaft ist zu hören, dass man zu dünn ist.“

Hat Yasmin bisher grundsätzlich in ihrem Leben schon einmal das Gefühl gehabt, als Frau ungleich behandelt zu werden? „Ich habe das Glück, in einer Familie aufgewachsen zu sein, in der mir ein Bild der Gleichgerechtigkeit vermittelt wurde“, erklärt die Dualstudentin. „Ich bin also sehr selbstbewusst und erfahre, vielleicht deshalb, seltener geschlechtliche Ungleichheit.“ Doch es gibt noch einen weiteren Aspekt: „Allerdings habe ich mit Klischees zu kämpfen und muss mich als junge, blonde Dame oft erst beweisen, weil ich zunächst als oberflächlich abgestempelt werde. Ganz nach dem Motto: Ich kann nicht mehr als gut aussehen.“

Sunna Hettinger

Sunna Hettinger © Hans-Joachim Winckler, NN

Mit dem Blick auf Äußerlichkeiten sieht sich auch Sunna Hettinger (32) konfrontiert. „Da mein Teint und meine Haare dunkel sind“, sagt die Schauspielerin, die Ensemblemitglied des Stadttheaters Fürth ist, „werde ich sehr oft gefragt, ob ich ,woanders herkomme‘.“ Sie erkläre dann, dass sie aus Augsburg stammt, ihr Name Althochdeutsch ist und Sonne bedeutet. „Aber ich frage mich: Warum spielt das überhaupt eine Rolle? Was macht diese Frage denn für einen Unterschied?“ Verstörend fand sie ein Erlebnis in München: „In der Fußgängerzone hat mich ein Mann plötzlich rassistisch beschimpft.“

Einfach nur merkwürdig findet sie dagegen ein anderes Vorurteil: „Ich kann ziemlich gut Autofahren und Einparken, wenn mich jemand dafür lobt, dass ich das als Frau beherrsche, dann ist das ein Kompliment mit Beigeschmack.“

Regina Vogt-Heeren

Regina Vogt-Heeren © Hans-Joachim Winckler, NN

Diese Art der Voreingenommenheit kennt Regina Vogt-Heeren (61). Sie erinnert sich an ein typisches Beispiel: „Als ich junge Assistenzärztin war, kam ein Pharmavertreter auf die Station. Beim Gespräch stand ein noch jüngerer Kollege, der etwa eine Woche da war und den ich einarbeitete, bei mir. Der Vertreter hat mich nicht einmal angeschaut, sondern nur zu dem Mann gesprochen.“

Regina Vogt-Heeren engagiert sich unter anderem im Vorstand des Frauenhauses Fürth, sie richtet den Blick jetzt auf eine besonders wichtige Aktion: „Die häusliche Gewalt gegen Frauen nimmt zu. Wir möchten auf die Problematik hinweisen und haben in mehr als 50 Gaststätten in Fürth und im Landkreis Bierdeckel mit entsprechendem Aufdruck und Poster verteilt.“ Unterstützt von der Grünen-Stadtratsfraktion wurden außerdem Info-Plakate aufgestellt. Regina Vogt-Heeren macht klar: „Wir wünschen uns lebhafte Gespräche zu einem immer drängenderen Thema.“

Waltraud Heiter

Waltraud Heiter © Hans-Joachim Winckler, NN

Aktiv werden, aufmerksam sein – genau dazu ruft auch Waltraud Heiter auf. Seit Jahrzehnten engagiert sich die Frau, die in wenigen Tagen ihren 80. Geburtstag feiert, in außergewöhnlicher Weise beim Roten Kreuz. Sie hat Hoffnung in Sachen Gleichheit: „Ich bewundere die jungen Frauen, die werden von ihren Müttern ganz anders erzogen als wir damals.“ Waltraud Heiter ist sich sicher: „Auch wir alten Frauen müssen von den Jüngeren lernen, damit wir alle weder im Privatleben noch im Beruf oder in unserem Engagement zurückstecken, sondern selbstbewusst für uns selbst einstehen.“

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