Aktion des LBV

Naturschützer in Sorge: So wenige Vögel wie noch nie bei der Zählung gesichtet

27.5.2024, 11:00 Uhr
Wieder einmal landete der Spatz auf Platz eins der Rangliste. Doch auch bei ihm ist ein Schwund zu beobachten.

© Monika Skolimowska/dpa Wieder einmal landete der Spatz auf Platz eins der Rangliste. Doch auch bei ihm ist ein Schwund zu beobachten.

Zum 20. Mal haben Bürgerinnen und Bürger auch in Stadt und Landkreis Fürth heuer im Rahmen der "Stunde der Gartenvögel" die gefiederten Gäste in bayerischen Gärten, Parks oder auf dem Balkon gezählt und dem bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) gemeldet. Rund 10.800 Menschen aus dem Freistaat haben sich an der Mitmachaktion beteiligt, so der LBV, der sie gemeinsam mit seinem bundesweiten Partner NABU durchführt.

"In den 20 Jahren haben sich unsere Landschaft und unsere Gesellschaft verändert und politische Entscheidungen den Naturschutz positiv wie negativ beeinflusst. Eines ist aber gleichgeblieben: Tausende Menschen begeistern sich für unsere heimische Vogelwelt", freut sich die LBV-Biologin Angelika Nelson.

Dass der Schutz unserer Gartenvögel nach wie vor relevant ist, zeige auch in diesem Jahr ein trauriger Negativrekord: Gerade einmal 27 Vögel meldeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Durchschnitt von den unterschiedlichsten Zählstellen. Das sind so wenige Vögel wie noch nie in der 20-jährigen Geschichte der Aktion. Wer wissen möchte, wie es um die Vogelwelt im eigenen Regierungsbezirk oder Landkreis bestellt ist, findet die regionalen Ergebnisse zur Stunde der Gartenvögel hier: sdg.lbv.de

Bei der diesjährigen Stunde der Gartenvögel wurden an jedem Zählort durchschnittlich fünf Vögel weniger registriert als vor 20 Jahren. In der Summe aller Gärten ist das beträchtlich. "Viele Vögel gehen derzeit ihrem Brutgeschäft nach und halten sich gut versteckt, während sie im Nistkasten auf den Eiern sitzen oder sich in der Hecke um den Nachwuchs kümmern", erklärt Nelson. "Das ist aber nicht der Hauptgrund für die geringe Zahl. Eine negative Bestandsentwicklung ist nicht mehr von der Hand zu weisen."

Seit Beginn der Aktion haben Anzahl und Vielfalt der Vögel in Bayerns Gärten von Jahr zu Jahr abgenommen. Es scheint, dass sich die drastische, wissenschaftlich belegte Abnahme vieler Vogelarten auf Wiesen und Feldern auch bei den Vogelarten in Bayerns Städten und Dörfern fortsetzt. "Vogelbegeisterte, die seit vielen Jahren an der Aktion teilnehmen, sehen diese Entwicklung vor ihrer Haustür, machen sich Sorgen und wollen etwas dagegen tun", so die LBV-Ornithologin.

Der LBV nimmt diese Sorgen sehr ernst und versucht, dem besorgniserregenden Trend entgegenzuwirken. "Wichtig für unsere Gartenvögel ist ein geeigneter Lebensraum, der Nahrung und Nistmöglichkeiten bietet. Wenn man sich anschaut, wie sich die Gartengestaltung in den letzten 20 Jahren entwickelt hat, sieht man heute viel mehr Schottergärten und auch Mähroboter kommen zum Einsatz. Das sind keine insekten- oder vogelfreundlichen Trends", so Nelson.

Spätestens seit die Krefelder Studie 2017 das Bewusstsein für das Insektensterben geschärft habe, gebe es aber eine Gegenbewegung. Immer mehr Menschen lassen im eigenen Garten Wildnis zu und gestalten ihr grünes Refugium nicht nur für sich, sondern auch für Vögel, Insekten und andere Tierarten, beobachten die Fachleute. "Dazu möchten wir noch mehr Menschen ermutigen, denn der ökologische Wert von Gärten ist aufgrund ihrer Fläche enorm", sagt Nelson. Im Rahmen des Projekts ‚Vogelfreundlicher Garten‘ zeichnet der LBV deshalb seit 2022 gemeinsam mit dem Bayerischen Artenschutzzentrum strukturreiche und vielfältige Gärten aus.

Wer im eigenen Garten einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten möchte, sollte auf samentragende Wildblumen, Beerensträucher, Hecken und Totholz setzen. Auch auf dem Balkon in der Stadt lässt sich mit heimischen Wildblumensamen in Töpfen und Blumenkästen ein kleines Vogelparadies schaffen.

Einer, der trotz des alljährlichen Jubels leidet, ist der Haussperling. "Konstant wie jedes Jahr seit Beginn der Zählaktion ist der Spatz auch in diesem Jahr der am häufigsten gemeldete Gartenvogel. Doch der Schein trügt. Gerade in Großstädten wie München gibt es immer weniger Spatzen, die die Tische in Biergärten und Cafés nach Krümeln absuchen", erklärt Angelika Nelson. Ein Grund: Der Spatz leide unter "akuter Wohnungsnot". Er brüte in Nischen und Mauerspalten, die er an glatten Neubaufassaden nicht mehr findet. Außerdem brauchen Spatzen Hecken und Sträucher, in denen sie sich in großen Trupps verstecken können.

Hinter dem Haussperling auf Rang 2 landet die Amsel, wie auch in den meisten Jahren zuvor. Sie ist außerdem der Gartenvogel, der in fast allen Gärten vorkommt – und das seit Beginn der Aktion. Allerdings zeigt sich auch hier, dass die Amsel mit der Zeit prozentual aus immer weniger Gärten gemeldet wird. Den dritten Platz auf dem Siegertreppchen sichert sich der Star.

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