Altfränkische Rasse

Regional und bio: Was es mit Tigerfleisch auf sich hat

12.1.2022, 11:00 Uhr
Regional und bio: Was es mit Tigerfleisch auf sich hat

© Foto: Florian Burghardt

Wer nun fragend dreinschaut, hier kommt die Auflösung: Bei den fränkischen Tigern handelt es sich natürlich nicht um regional geschlachtete Großkatzen, sondern um Ansbach-Triesdorfer, eine altfränkische Hausrinderrasse.

Diese ist allerdings nicht weniger vom Aussterben bedroht als die Namensvettern aus der Raubtierecke. Vor zehn Jahren hatte der Bestand keine 100 Tiere mehr betragen. Mittlerweile geht es in kleinen Schritten wieder bergauf mit den Rindern, deren kleingeschecktes Fellmuster optisch ein wenig an die der großen Raubkatze erinnert und ihnen so den verheißungsvollen Spitznamen eingebracht hat. Aber sollte man die fränkischen Tiger überhaupt schlachten und verspeisen, wenn es nur so wenige von ihnen gibt?

"Erhalten durch Aufessen – nur so kann es funktionieren", meint zumindest Metzger Martin Seefried aus Roßtal. Er bezeichnet sich als Naturmetzger, verzichtet bei seinen Produkten zum Beispiel auf Antibiotika-Fleisch und Geschmacksverstärker. Zwei bis drei Mal jährlich schlachtet er ein Tier der seltenen Rinderrasse.

Population kann wachsen

"Bei mir gibt es dann aber keine einzelnen Filets, sondern nur ganze Tigerpakete. Neben Steaks sind da zum Beispiel auch Fleischstücke und Knochen für Suppe drin, Hackfleisch und Gulasch", betont Seefried. Auf diesem Weg werde das ganze Tier verwertet und es müssten weniger von ihnen geschlachtet werden. So könne die Population wachsen, ohne dass es ein Draufzahlgeschäft werde. Obwohl der Roßtaler sein Geld mit dem Verkauf von Fleisch verdient, findet er, dass insgesamt weniger davon gegessen werden sollte. "Lieber seltener, dafür hochwertig und regional produziert", sagt Seefried.

Seine Tiere bezieht er von Wolfgang Kleinlein. Auf seinem Oberasbacher Bauernhof züchtet der Landwirt die seltene Rasse als Milch- und Schlachtvieh. Rund 100 Rinder leben dort, ein Fünftel davon sind fränkische Tiger. "Ich betreibe hier Bio-Landwirtschaft. Nicht-Bio-Jungbullen haben normalerweise nach 15 bis 18 Monaten ihr Schlachtgewicht erreicht, weil sie hauptsächlich Mais und Soja-Futter bekommen. Hier sind es 27 bis 30 Monate, in denen sie fast ausschließlich Gras fressen", erklärt Kleinlein den Unterschied.

Außerdem hätten die Tiere bei ihm mehr Platz im Stall und bekämen viel Auslauf auf der Weide. Für die Tiger sei das besonders wichtig. Sie spielten früher nicht nur in der Milch- und Fleischproduktion eine Rolle, sondern wurden lange Zeit in der Landwirtschaft auch als Arbeitstiere eingesetzt. Offenbar Erbanlagen, die noch nicht ganz verschwunden sind.

"Die Tiger sind irgendwie spritziger, haben mehr Vitalität als das normale Fleckvieh", berichtet Kleinlein. Früher, so sagt er, sei jeder Bauernhof "Bio" gewesen. Als es beispielsweise noch kein Mastfutter zum schnellen Hochzüchten, Legebatterien für Hühner und Ähnliches gab. Damals sei nur selten Fleisch auf den Tisch gekommen, aber wenn, dann sei es immer hochwertiges gewesen. Dahin wolle er zurückkommen und gleichzeitig den "Diecha" retten.

"Wenn die Tiere an ein und demselben Betrieb in Ruhe aufwachsen, im selben Landkreis geschlachtet und das Fleisch in regionalen Gasthäusern angeboten wird, entfallen auch lange, klimaschädliche Transportwege und die regionalen Betriebe werden gestärkt", zählt Kleinlein auf.

Eine Strategie, die auch Wolfgang Kießling verfolgt. Im August 2020 hat der Gastronom das Cadolzburger Gwäxhaus übernommen und daraus das Grünhaus gemacht. Der neue Name steht – neben der Optik mit vielen Pflanzen – auch für die Auswahl der verwendeten Zutaten. Diese sollen möglichst alle von regionalen Erzeugern stammen. "Herkunft, Qualität und ob ihr Essen klimaneutral produziert wurde, so etwas interessiert die Menschen heute viel mehr als früher", erzählt Kießling. Er spreche viel mit den Herstellern und könne diese Infos direkt an die Gäste weitergeben.

Besondere Maserung

Das "Tigerfleisch" sei schon vor über 100 Jahren eine Delikatesse gewesen. Durch die Nutzung der Tiere für die Arbeit habe es eine besondere Maserung. "Viele Restaurants nehmen ausländisches Angus-Rind auf ihre Karten, dabei haben wir sehr hochwertiges Fleisch direkt hier in der Region", findet der Grünhaus-Wirt. Fränkischen Tiger hatte er bisher einmal auf der Karte. Alles sei ruck, zuck weg gewesen. Im März soll es wieder soweit sein, nach Seefrieds nächster Schlachtung. Etwa eine Woche lang wird er dann Tiger-Gerichte anbieten – von Steak über Gulasch bis hin zur Suppe.

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