Rückgang der Zahlen

Weniger Bevölkerung: Fürths OB warnt vor der schrumpfenden Stadt

22.3.2021, 06:00 Uhr
Weniger Bevölkerung: Fürths OB warnt vor der schrumpfenden Stadt

© Foto: Tim Händel

Es gab Jahre, in denen war Thomas Jung regelrecht begeistert, wenn ihm neue Einwohnerzahlen auf den Tisch flatterten: Immer weiter wuchs Fürth, während andere Großstädte schrumpften. Für Fürths OB war das ein Beleg dafür, wie attraktiv seine Heimatstadt ist.

Erste nachdenkliche Töne schlichen sich ein, als klar wurde:Ein großer Teil der Zugezogenen stammte etwa 2011, als die Bevölkerung um 1835 Menschen wuchs, aus kriselnden oder ärmeren Ländern – viele aus Griechenland, aus Bulgarien und Rumänien. Sie kamen oft, weil es ihnen hier besser gehen sollte als bei sich zuhause.

2013 dann, die Stadt steuerte stramm auf die 120 000-er Marke zu und galt unter Statistikern als die "Boomtown" schlechthin, zog der OB die Notbremse:"Die Grenze des Wachstums" sei für Fürth allmählich erreicht, lautete die neue Devise.

Man könne nicht weiter in diesem Ausmaß zulegen, es fehle auch zusehends an Wohnungen. Und es gehe nicht zuletzt darum, den überschaubaren Charakter, die "urbane Qualität" der kleinen Großstadt Fürth zu bewahren.

Heute, inzwischen bei der 130 000-er-Marke angelangt, scheinen Thomas Jungs Sorgen vorerst verflogen, denn erstmals seit 2008 ist ein Bevölkerungsrückgang in Fürth zu verzeichnen – um 392 Menschen nach den Zahlen des städtischen Statistikamts vom Januar 2021, um 100 nach den etwas älteren und anders erhobenen Zahlen des bayerischen Landesamts für Statistik.


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Grund genug für den Rathauschef, erneut zu mahnen, diesmal allerdings mit gänzlich anderen Vorzeichen: "Wir dürfen nicht von der wachsenden zur schrumpfenden Stadt werden", so Jung im Gespräch mit den FN. Denn eine Stadt, die stetig Menschen ziehen lassen muss, gerate zwangsläufig in einen fatalen Abwärtsstrudel.

Mit der aktuellen Entwicklung steht Fürth freilich nicht alleine da, auch andernorts im Freistaat sind die Zahlen rückläufig (siehe dazu den Bericht im Regionalteil, Seite 17). In der Kleeblattstadt hat man als einen der Gründe ausgemacht: Die Zahl der Geburten sank von 1468 auf 1354 um fast acht Prozent – bei Nichtdeutschen waren es sogar 23 Prozent.

Jüngere wandern ab

Jung führt das auch auf die Pandemie und die damit verbundenen Ängste zurück: Wie soll man den Nachwuchs betreuen, wenn immer öfter Kitas ausfallen? Ein weiterer Trend, der ihn bekümmert: Der Rückgang macht sich besonders in der Gruppe der 18- bis 30-Jährigen bemerkbar, bei den Jüngeren also, auf die man doch bauen möchte.


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Nach Erkenntnissen der Statistiker sind sie verstärkt aufs Land abgewandert; dazu würde passen, dass der Landkreis Fürth nach wie vor leichten Zuwachs vermeldet. Jung meint darin, wie in früheren Zeiten, den "Wunsch nach dem Eigenheim" draußen zu erkennen. Die zeitweise zu beobachtende Flucht der Jüngeren in die Stadt habe sich offenbar wieder ins Gegenteil verkehrt.

Doch bei aller angemahnten Vorsicht: Zu groß will Fürths OB die Bedenken nicht werden lassen. Er bezweifle, dass es sich "um einen Trend für Jahre handelt". Wer allerdings, wie er, bisher Furcht vor zu viel Wachstum hatte, der könne sich wohl davon verabschieden.

Und wie sieht Jungs Idealvorstellung für die Zukunft aus? "Maximal 500 Menschen mehr im Jahr, das ist ohne Weiteres verkraftbar."

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