Forschung im Tierreich

Warum trauern Hunde um ihre Besitzer, wenn diese sterben?

Isabel Pogner

Online-Redaktion

E-Mail zur Autorenseite

21.2.2024, 09:56 Uhr
Hunde trauern, wenn ihr Mensch stirbt. Das liegt wohl daran, dass sie ähnlich fühlen wie wir. 

© IMAGO/cynoclub Hunde trauern, wenn ihr Mensch stirbt. Das liegt wohl daran, dass sie ähnlich fühlen wie wir. 

Hunde empfinden grundlegende Emotionen wie Angst, Freude oder Aufregung. Aber wohl auch kompliziertere Gefühle wie die Trauer, das belegen verschiedene Studien. Wenn ihre Freunde sterben, leiden die Tiere unter dem Verlust. Dabei ist es egal, ob der Verstorbene vier oder zwei Beine hat.

Eine Studie der Universität Mailand, die die Forscher Anfang des Jahres veröffentlicht haben, legt nahe: Je mehr sich die Tiere mochten, desto stärker trauerten sie, wenn einer geht. Und das teilweise monatelang. "Hunde sind hoch emotionale Tiere, die sehr enge Beziehungen zu den Mitgliedern einer Familie aufbauen", schreibt Studienautorin Federica Pirrone. Und das gilt wohl nicht nur für Artgenossen.

Eine Studie aus dem Jahr 2019 stellt die These auf, dass Hunde eine "einzigartige Bindung zu ihrem Menschen eingehen". Das sei der Grund dafür, dass es weltweit bis zu eine Milliarde Hunde gibt: "Die schnelle Verbreitung der Hunde wird auf ihre Fähigkeit zurückgeführt, direkt mit Menschen zu interagieren." Die Tiere hätten ihre Mechanismen wie etwa Hormone, Gehirnstrukturen oder Verhaltensweisen über die Jahrtausende hinweg an das Leben mit dem Menschen angepasst.

Hunde können nicht nur mit Menschen leben, sondern auch mit ihnen kommunizieren. Beispielsweise können sie das menschliche Lächeln vom hundischen Zähnefletschen unterscheiden. Studien legen sogar nahe, dass sich die Gehirnstruktur des Hundes so weit an das System Mensch angepasst hat, dass sie das menschliche Verhalten nicht nur verstehen und imitieren, sondern ähnlich empfinden wie die Zweibeiner.

Hunde, die um ihre Herrchen trauern, erlangen immer wieder Berühmtheit: Der argentinische Schäferhund Captain besuchte elf Jahre lang das Grab seines verstorbenen Besitzers. Mit 16 Jahren starb Captain - nur wenige Meter vom Grab seines Herrchens entfernt. Auch der ebenfalls argentinische Hund Bobby konnte sein Herrchen nicht loslassen. Seit dessen Beerdigung weigert sich Bobby, den Friedhof zu verlassen. Er freundete sich schließlich mit einem Totengräber an und wohnt seitdem bei ihm. Das berühmteste Beispiel für eine treue, trauende Seele ist wohl Hachiko. Der holte sein Herrchen jeden Tag am Abend vom Bahnhof in Shibuya in Japan ab. Bis sein Herrchen eines Tages nicht mehr zurückkehrte. Hachiko kam trotzdem so oft er konnte zum Bahnhof, um auf sein Herrchen zu warten.

Trotz all der Sentimentalität: Ganz sicher sagen, ob Hunde wirklich trauern, kann die Wissenschaft nicht. Denn die Forscher können lediglich das Verhalten der Tiere bewerten. Die werden nach einem Verlust ängstlich, apathisch oder anhänglicher. Was aber wirklich im Hundekopf vor sich geht, lässt sich nicht messen. Jedenfalls ist kein tiefes Verständnis vom Tod nötig, um zu trauern, glauben die Wissenschaftler. Vermutlich leiden die Hunde vor allem darunter, allein zu sein.

Hunde sind übrigens nicht die einzigen Tiere, die trauern. In einer Untersuchung berichten amerikanische Forscher davon, wie Wölfe tote Welpen vergraben hätten. Auch Delfine, große Menschenaffen, Elefanten und Vögel trauern, indem sie sich mit Ritualen von ihren verstorbenen Artgenossen verabschieden. Stirbt beispielsweise ein Elefant, halten die anderen der Gruppe Totenwache am Leichnam. Auch Raben halten Totenwache bei verstorbenen Vogelfreunden. Gänse oder Singvögel, die ihr ganzes Leben mit einem Partner verbringen, hören sogar manchmal nach ihrem Verlust auf zu essen und sterben selbst vor Trauer. Auch Tiermütter können manchmal kaum Abschied nehmen: Immer wieder werden Mütter beobachtet, die den Leichnam ihres Babys tagelang mit sich herumtragen.