Comeback mit Ypsilon, Aurelia und Delta

Studie Pu+Ra HP: Neues Lebenszeichen von Lancia

Ursula Ellmer

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16.4.2023, 14:13 Uhr
Studie PU-RA HP: So kommt keines der künftigen Lancia-Modelle auf den Markt. Designelemente wird man aber wiederfinden.

© Hersteller Studie PU-RA HP: So kommt keines der künftigen Lancia-Modelle auf den Markt. Designelemente wird man aber wiederfinden.

Lancia hat etwas, worum die vielen Newcomer der Autobranche noch heftig ringen: Einen großen und klangvollen Namen. Filmstars wie Gloria Swanson, Greta Garbo, Gary Gooper oder Brigitte Bardot fuhren Lancia, desgleichen die Box-Legende Max Schmeling. Dreizehn Mal konnte ein Lancia die Rallye Monte Carlo gewinnen, 1983 beispielsweise trugen Walter Röhrl und Christian Geistdörfer mit einem Lancia Rally 037 den Sieg davon, und der Delta integrale gilt bis heute als eines der erfolgreichsten Rallyeautos aller Zeiten.

Mit einem Lancia Rally 037 gewannen Walter Röhrl und sein Beifahrer Christian Geistdörfer 1983 die Rallye Monte Carlo und legten damit den Grundstein zum WM-Titel.

Mit einem Lancia Rally 037 gewannen Walter Röhrl und sein Beifahrer Christian Geistdörfer 1983 die Rallye Monte Carlo und legten damit den Grundstein zum WM-Titel. © Stellantis

Doch nach 116 Jahren ist vom einstigen Ruhm und Glanz nicht viel übriggeblieben. Lediglich ein einziges Modell baut Lancia noch – und selbst der Kleinwagen Ypsilon wird nur in Italien angeboten, wo er 2022 aber immerhin das am zweithäufigsten verkaufte Fahrzeug gewesen ist. Aus dem Rest Europas und damit auch aus Deutschland hat sich die einst so stolze Traditionsmarke schon 2017 verabschiedet.

Neuer Premium-Konkurrent

Kaum jemand hätte damals auch nur um eine Packung Amarettini wetten mögen, dass Lancia zurückkehren würde. Doch genau das passiert: Das Comeback ist beschlossene Sache. Stellantis-Familienmitglieder wie Opel, Fiat oder Peugeot werden der Wiederauferstehung gelassen zusehen, für DS und Alfa Romeo bedeutet sie jedoch, dass ihnen im eigenen Haus ein neuer Premium-Konkurrent erwächst.

Ein großer Lancia-Schriftzug verbindet die beiden Rundleuchten.

Ein großer Lancia-Schriftzug verbindet die beiden Rundleuchten. © Stellantis

Denn mit preiswerten Budget-Cars hat sich Lancia noch nie abgegeben und gedenkt es auch in Zukunft nicht zu tun. Einen ersten Ausblick auf das, was kommt, haben die Italiener jetzt in Gestalt der Studie Pu+Ra HPE gegeben. Zur Begriffserklärung heißt es, dass der erste Teil des etwas kryptischen Namens für Pur und Radikal steht, beides soll das Design des Concept Cars charakterisieren. HPE wiederum ist die Abkürzung für High Performance Electric. Kenner der Lancia-Geschichte wissen: Erstmals wurde dieses Akronym in den 1970er Jahren verwendet und da für das Modell Beta, es bedeutete so viel wie High Performance Estate und meinte einen leistungsstark-sportlichen Kombi. Ein bewährtes Kürzel neu zu deuten – so verfährt auch Opel mit den drei Buchstaben GSE - früher "Grand Sport Einspritzung", heute "Grand Sport Electric".

So, wie ihn Lancia-Chef Luca Napolitano jetzt vorgestellt und als „Markenvision für die nächsten zehn Jahre“ präsentiert hat, wird der Pu+Ra HPE nicht auf die Straße kommen. Aber die Designstudie soll die Brücke von der Vergangenheit in die Zukunft schlagen. Konzeptionell weicht sie von dem ab, was üblicherweise an Elektrischem auf die Räder gestellt wird, kein Crossover also, sondern ein sportlich-flacher Zweitürer mit kurzen Überhängen, mächtigen Rädern, Heckspoiler und Kamera-Außenspiegeln.

Reminiszenzen an die Vergangenheit

Der bläulich-grüne Farbton „Progressive Green“ ehrt das „Azzuro Green“, das in den 1960er Jahren der Lancia Flaminia trug, die runden Rückleuchten sind eine Reminiszenz an Sportler wie den Stratos aus den 1970er Jahren, die Heckscheibe erinnert an den Lancia Beta HPE, ebenfalls aus den 1970ern. Und das neue Markenlogo greift die historischen Elemente Lenkrad, Flagge, Schild und Lanze sowie den Lancia-Schriftzug auf.

Ein rundes Panoramadach und große Glasflächen sorgen für Helligkeit im Innenraum.

Ein rundes Panoramadach und große Glasflächen sorgen für Helligkeit im Innenraum. © Stellantis

Etliche der Designelemente sollen auch bei künftigen Lancia-Modellen anzutreffen sein. Das in Zusammenarbeit mit dem italienischen Luxusmöbelhersteller Cassina entworfene Interieur dürfte so, wie es in der Studie umgesetzt wurde, kaum Serienchancen haben, doch das Bedienkonzept mit der virtuellen Schnittstelle S.A.L.A. (Sound, Air, Light, Augmentation), die es erlaubt, die wichtigsten Komfortfunktionen wie Audio-, Klimaanlage und Beleuchtung durch Berühren einer einzigen Taste oder durch Sprachbefehle zu steuern, wird man wohl schon im neuen Lancia Ypsilon wiedersehen.

Reichweiten über 700 Kilometer?

Auch Chassis und Elektroantrieb des Pu+Ra HPE weisen auf den zukünftigen Ypsilon hin. Nähere Angaben macht Lancia noch nicht dazu, lässt aber wissen, dass „die Vision eine elektrische Reichweite von mehr als 700 Kilometern“ vorsieht.

Und wie sieht der Zeitplan aus? So: Der Lancia-Neustart erfolgt 2024 mit eben dem nächsten, rund vier Meter langen Ypsilon, der rein batterieelektrisch und in einer Hybrid-Ausführung kommt, zudem wird er die sogenannte CMP/e-CMP-Plattform nutzen, auf der bereits bekannte Stellantis-Modelle wie Opel Mokka, Peugeot 208 und DS3 Crossback basieren. Ab 2026 bringt Lancia nurmehr reine Stromer neu auf den Markt. So das kommende Flaggschiff der Marke, einen rund 4,60 Meter langen Elektro-Crossover, der den traditionsreichen Namen Aurelia tragen könnte. 2028 debütiert der ebenfalls rein elektrische Nachfolger des Delta, er soll "ein muskulöses Schrägheckmodell" im Kompaktformat werden. Gleichzeitig markiert 2028 jenes Jahr, ab dem Lancia nur noch vollelektrische Modelle verkauft.

Europa im Visier

Im Zuge des Comebacks wächst Lancia wieder über die italienischen Grenzen hinaus: In 60 europäischen Großstädten sollen rund 100 Lancia-Autohäuser entstehen.

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