Neue Generation packt an

Aus alt mach neu - aber anders: Diese Frauen schmeißen Südtiroler Hotel-Traditionen über den Haufen

Isabella Fischer

Leben

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14.9.2023, 08:00 Uhr
Gehen in Südtirol ihren eigenen Weg: Kat Sparer von der Pension Leuchtenburg und Barbara Peintner vom Hotel Gitschberg.

© Patrick Schwienbacher/Andre Schönherr Gehen in Südtirol ihren eigenen Weg: Kat Sparer von der Pension Leuchtenburg und Barbara Peintner vom Hotel Gitschberg.

Kat Sparer sitzt im Erdgeschoss ihrer „Pension Leuchtenburg“ am Kalterer See und hält eine Flasche Wein in der Hand. „Ich werde euch jetzt nichts über Säure und so weiter erzählen, dass könnt ihr alles selber googlen“, fängt sie die Weinprobe an. Die 33-jährige Sommelière findet die klassischen Weinproben langweilig, ihr geht es primär darum, mit ihren Gästen ins Gespräch zu kommen, einen schönen Abend zu verbringen. Die Weinprobe kommt an, den Gästen gefällt ihre unkonventionelle und lockere Art.

Weinprobe in der Pension Leuchtenburg: Sommelière Kat Sparer in ihrem Element. 

Weinprobe in der Pension Leuchtenburg: Sommelière Kat Sparer in ihrem Element.  © Patrick Schwienbacher

Kat findet vieles, das früher festes Gesetz in der Hotellerie war, langweilig. Sterne-Klassifizierung? Braucht sie nicht. Zusatzbezeichnung „Boutique-Hotel“? Ist nicht ihr Ding. Der Pension Leuchtenburg hat sie in den vergangenen zwei Jahren neues Leben eingehaucht. Sie ist in den alten Wänden des Hauses, das erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt wurde, aufgewachsen. Ihre Eltern führten das frühere Versorgungshaus der nahegelegenen Leuchtenburg, heute eine Ruine, als Pension. Vier Jahrzehnte waren sie die Pächter, bis sie die Strapazen und das Jonglieren zwischen Pension, Restaurant und Bar nicht weiter auf sich nehmen wollten.

Keiner wollte das Haus pachten, dann kaufte sie selbst

Kat wollte dies zu Beginn auch nicht, dass sie eines Tages in der Hotellerie landen würde, war lange nicht klar. „Ich habe zig potentiellen Pächtern das Haus gezeigt, nach dem siebten Mal habe ich mich dazu entschlossen, selber hier weiterzumachen“, sagt sie. Sie kaufte das Haus mit ihrem Partner Jan Waldner, mit dem sie das Hotel Amadeus in Auer betreibt, nur wenige Kilometer weiter.

Ihre Eltern, so erzählt sie, seien erleichtert und stolz gewesen, dass die Pension weiter existieren werde, doch wie ihre Tochter ihr Konzept über den Haufen warf, „schockierte sie dann doch erstmal“, sagt sie und lacht. Aus antiquiert und traditionell sollte modern und schlicht werden - mit Hilfe aus Franken. Mit der gebürtigen Ansbacherin Christina Biasi-von Berg, die seit 2005 ein Architektur-Büro in Meran führt, feilte Kat Sparer an ihrer Vision. Ein wenig altes durfte bleiben: Die historischen Möbel etwa geben den zwölf individuell eingerichteten Zimmern heute ihren Charakter.

Der Panoramapool des Hotel Gitschberg wird mit Bergquellwasser gefüllt - und mit Solarstrom beheizt. 

Der Panoramapool des Hotel Gitschberg wird mit Bergquellwasser gefüllt - und mit Solarstrom beheizt.  © Andre Schönherr

Ganz anders und doch ähnlich brachen Barbara und Horst Peintner mit der Tradition ihres Hotels „Gitschberg“ in Meransen, 18 Kilometer von Brixen entfernt. Die Eltern von Horst Peintner bauten das auf 1400 Meter gelegene „Gitschberg“ unterhalb des gleichnamigen Berges als klassisches Berghotel. Viel Holz, Blumenkästen an den Balkonen, die Gäste wurden zu Beginn mit dem Traktor von der Seilbahn geholt. Vergleicht man Bilder von früher und heute, erkennt man die äußerliche Ähnlichkeit, dennoch hat sich so einiges geändert.

Nachdem die Nachfolge geregelt war, fragten sich die Peintners: Wo ist unsere Zukunft? Sie wollten naturverbundener werden und bauten das Haus peu à peu zum klimaneutralen Boutique Hotel um. Eine riesen Herausforderung, die sich aber laut Barbara Peintner gelohnt hat: "Wir wollten mit dem arbeiten, was da ist. Hätten wir das Hotel abgerissen und einfach klimaneutral neugebaut, hätten meine Schwiegereltern einen Herzinfarkt bekommen." Der Pool wird heute mit Bergquellwasser gefüllt und mit Solar beheizt. Das Gitschberg wurde das erste Bestandshotel in Südtirol, das als Klimahotel zertifiziert wurde. Die Stammgäste, die zuerst skeptisch waren, blieben, zudem konnten sie ein jüngeres Publikum erreichen.

Früher Wehrhaus, heute Gasthaus: Die Pension Leuchtenburg am Kalterer See. 

Früher Wehrhaus, heute Gasthaus: Die Pension Leuchtenburg am Kalterer See.  © Patrick Schwienbacher

Neben der baulichen Umstrukturierung kam auch der Wandel im gastronomischen Bereich. In der Küche wurde "alles wurde über einen Haufen geschmissen“, sagt Barbara Peintner und lacht. Sie wollte ausschließlich regionale und biologische Lebensmittel auf der Speisekarte haben, auch das „Waste-Management“, sprich den Müll, drastisch reduzieren. Intensive Jahre liegen hinter ihr: "Die Nachhaltigkeit aber wirklich zu leben, die Produkte und Lieferanten auszuwählen, war und ist für uns die größte Herausforderung", berichtet sie. Die Konsequenz: Das Menü wurde gestrafft. Mit dem Ergebnis: "Es ist einfacher und authentischer geworden. Mit der Einfachheit kam die Qualität."

Kat Sparer und Barbara Peintner sind dran geblieben, beide aus unterschiedlichen Motiven, aber dem gleichen Willen. "Wenn du davon nicht überzeugt bist, tust du dir das Ganze nicht an".


Info:

Hotel Gitschberg, Enderecker Str., 2, 39037 Maranza - Südtirol

Pension Leuchtenburg, Campi al Lago, 14, 39051 Kaltern an der Weinstraße, Südtirol

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