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Das Katharinenkloster in Nürnberg: Seit Jahrhunderten ein Hort der Kultur und inneren Einkehr

23.5.2024, 11:00 Uhr
Erkennen Sie sie? Dieser Ausblick vom Dach des Gewerbemuseums von circa 1935 zeigt die noch weitgehend intakte mittelalterliche Klosteranlage vor der Silhouette Alt-Nürnbergs.

© Ansichtskarte: unbekannt/Sammlung Sebastian Gulden, A 2705 Erkennen Sie sie? Dieser Ausblick vom Dach des Gewerbemuseums von circa 1935 zeigt die noch weitgehend intakte mittelalterliche Klosteranlage vor der Silhouette Alt-Nürnbergs.

Dass das mittelalterliche Nürnberg eine Stadt der Klöster war, lässt sich heute nur noch an wenigen Stellen erahnen. Das Katharinenkloster in der Lorenzer Altstadt entführt uns noch heute in die Blütezeit des Ordenswesens an der Pegnitz – und bietet eine grüne Oase inmitten der Hektik der Großstadt.

Dass der Nürnberger an sich ehedem eher ein konservativer Zeitgenosse war, verdanken wir, dass man bei Einführung der Reformation 1525 nicht alles kurz und klein schlug – und sich dadurch viele Kostbarkeiten kirchlicher Ausstattung erhalten hat. Auch die Klöster überlebten den Konfessionswechsel, zumindest baulich.

Dass heute nur noch wenige Zeugnisse monastischen Wirkens dahier zu sehen sind, liegt an der Lässlichkeit späterer Zeiten: 1807 stürzte die Dominikanerkirche an der Burgstraße wegen mangelnder Instandhaltung teilweise ein und wurde abgerissen, 1816 bzw. 1872 räumte man das Augustinerkloster an der Karlstraße weg, das Barfüßerkloster an der Königstraße musste 1913 – bis auf den Chor der Kirche – der Hypobank weichen.

Das Katharinenkloster indes entging der Kulturbanauserei, dessen Stiftung durch Konrad von Neumarkt und seine Ehefrau Adelheid Pfinzing sich am Donnerstag, 23. Mai, zum 739. Mal jährt. Als die Kernbauten des Konvents um 1295/97 errichtet wurden, standen sie noch außerhalb der Stadtmauer, die sich erst bei ihrem Ausbau im frühen 14. Jahrhundert darum schloss.

Blick von Osten auf die Katharinenkirche und das Katharinenkloster, das zum Zeitpunkt des Fotos 1906 mit einem Fachwerkgeschoss aufgestockt war. Zu erkennen: ihre Schlichtheit.

Blick von Osten auf die Katharinenkirche und das Katharinenkloster, das zum Zeitpunkt des Fotos 1906 mit einem Fachwerkgeschoss aufgestockt war. Zu erkennen: ihre Schlichtheit. © unbekannt

Das zugehörige Gotteshaus ist ein wunderbares Beispiel für die "Bettelordensarchitektur" der frühen Gotik. Obschon sie sich durch bewusste Schlichtheit auszeichnet, keinen Turm oder Querhaus besaß und ihr Langhaus eine einfache Holzbalkendecke abschloss, strahlt sie dank ihrer schönen Proportionen und der fein gearbeiteten Gesimse, Strebepfeiler und Maßwerke würdevolle Anmut aus.

Das westliche Joch des Chores und die drei Schiffe des Langhauses waren mit Ausnahme der Fenster und Gliederungsteile schon immer aus Mauerziegeln gefügt, im Mittelalter aber gewiss verputzt und bemalt. Im Norden schließt sich an die Kirche der Klausurbereich an. Dort umfrieden vier zweigeschossige Flügel mit dem Refektorium (Speisesaal) im Osten den Kreuzgang, der sich in stichbogigen Arkaden mit eingestelltem Maßwerk öffnet.

Nach ihrem Tod begann ein neues Kapitel

Nach Einführung der Reformation durfte der Konvent keine neuen Schwestern mehr aufnehmen, die letzte von ihnen starb 1596. Dafür begann in den alten Mauern ein neues Kapitel kultureller Blüte: Von 1620 bis ins 18. Jahrhundert nutzten die Nürnberger Meistersinger die Katharinenkirche. Als sich 1921 die Denkmalpflege dem mittlerweile stark sanierungsbedürftigen Bau annahm, war es nur konsequent, dass dieser von da an als Ausstellungs- und Konzerthalle genutzt wurde.

1938-39 war die Katharinenkirche Ausstellungsort der "heimgeholten" Reichskleinodien – eine Propaganda-Aktion der Nationalsozialisten.

1938-39 war die Katharinenkirche Ausstellungsort der "heimgeholten" Reichskleinodien – eine Propaganda-Aktion der Nationalsozialisten. © unbekannt/Stadtarchiv Nürnberg, A 44 Nr. C-6992-2

Dem idiotischen "moral bombing" eines Arthur Harris entging das Kloster indes nicht: Am 2. Januar 1945 zerschlugen Bomben und Luftminen die Dächer der Klosterbauten und der Kirche, zersprengten und verbrannten die Wandmalereien des 14. und 15. Jahrhunderts im Inneren bis auf den letzten Krümel. Nach Beseitigung der Trümmer stand das Kloster dann als Ruine herum.

In den 1970ern war das Katharinenkloster total verwahrlost.

In den 1970ern war das Katharinenkloster total verwahrlost. © Friedl Ulrich

Heute ist St. Katharina eine Ruine, ohne Dach, Gewölbe und Pfeiler. Doch selbst bei tristem Wetter kann man erahnen, weshalb sie Nürnbergs schönste Freiluftbühne ist.

Heute ist St. Katharina eine Ruine, ohne Dach, Gewölbe und Pfeiler. Doch selbst bei tristem Wetter kann man erahnen, weshalb sie Nürnbergs schönste Freiluftbühne ist. © Sebastian Gulden

Erst 1978-83 ging man unter Leitung von Friedrich Seegy an den Wiederaufbau. Wenngleich von den Innenräumen nur ein paar Gewölbe im Bauteil am Wespennest erhalten blieben, darf das moderne Ergebnis in alter Hülle doch als Erfolgsgeschichte des späten Wiederaufbaus gelten. Die ausgebrannte Kirche behielt ihre historische Funktion und ist bis heute – wenn auch ohne Dach, Decke und Gewölbe – Nürnbergs schönste Freiluftbühne.

So passt es vollauf zum "genius loci", dass heute die Stadtbibliothek die Räume nutzen darf. Denn schon im 15. Jahrhundert widmeten sich die hier ansässigen Dominikanerinnen der Beschaffung und dem Kopieren wertvoller Literatur. Viele ihrer kunstvollen Werke liegen heute in der Schatzkammer der Bücherei.

Das Zeitungs-Cafe´ ist im Idyll des grünen Kreuzgangshofes gelegen.

Das Zeitungs-Cafe´ ist im Idyll des grünen Kreuzgangshofes gelegen. © Eduard Weigert/NN

Und selbst wer mit spätmittelalterlicher Buchmalerei wenig anzufangen weiß, kommt auf seine Kosten: Bald soll das "Zeitungs-Café Hermann Kesten" wieder eröffnen. Dann dürfen wir wieder die Idylle des grünen Kreuzganghofes bei Kaffee und Kuchen genießen und nachfühlen, weshalb diese Oase inmitten der Großstadt schon vor über sieben Jahrhunderten den Nonnen ein Ort der inneren Ruhe und Einkehr war.

Diese Serie lädt zum Mitmachen ein. Haben Sie noch historische Fotografien oder Darstellungen eines Schauplatzes in Nürnberg? Dann schicken Sie uns diese bitte zu. Wir machen ein aktuelles Foto und erzählen die Geschichte dazu. Per Post: NN/NZ, Lokalredaktion, Marienstraße 9, 90402 Nürnberg; per E-Mail an redaktion-nuernberg@vnp.de.

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