
Schwein gehabt
Neue Bewohner im Tiergarten Nürnberg: In ihrer Heimat werden Allesfresser gefressen
Schwein gehabt - das gilt für den Tiergarten schon länger. Im Zoo wird an mehreren Ecken gegrunzt. Seit 2017 sorgen die Minipigs im Kinderzoo für entzückte Blicke bei Jüngeren und Älteren. Auch Visayas-Pustelschweine sind im Zoo zu Hause, die sonst nur auf entlegenen Inseln der Philippinen leben.
Nürnberg: Das sind die neuen Zoobewohner
Die neuesten Tiergartenbewohner sehen auch aus wie Schweine. Doch sind sie streng genommen keine. Die Ende Juni im Zoo angekommenen Chaco-Pekaris sind eine stark gefährdete Tierart aus Südamerika. Sie leben eigentlich in Trockenwäldern und Dornstrauchsavannen. Und ab sofort auch am Schmausenbuck.
Man muss die Neuankömmlinge genau anschauen, um sie nicht zu verwechseln. In Fell und Farbe ähneln sie heimischen Wildschweinen. Doch ein heller, geschwungener Streifen, der sich vom Maul zum Rücken zieht, und ein langgezogener Fellkamm auf dem Rücken der Männchen machen den Unterschied.
Nabelschweine sind gar keine Schweine
Die Chaco-Pekaris gehören zu den Nabelschweinen, die zwar mit hierzulande bekannten Schweinerassen verwandt sind, aber eine eigene Gruppe bilden. Auch weil sie anatomische Besonderheiten aufweisen. Zum Beispiel haben sie zwar verlängerte Eckzähne, die aber nicht zu Hauern ausgebildet sind, sondern dolchartig nach oben ragen. Zudem verfügen sie über eine Drüse auf dem Rücken, über die sie ein moschusartiges Sekret absondern.
In der Natur kommen die Chaco-Pekaris nur in einem kleinen Gebiet vor, das sich über den Norden Argentiniens, den Südosten Boliviens und den Westen Paraguays erstreckt. In der sogenannten Chaco-Region übernehmen die Tiere eine wichtige Rolle innerhalb des Ökosystems: Sie fressen alles, auch Aas, und verteilen über ihren Kot die Samen der Pflanzen und legen mit ihren Körpern auf der Wanderschaft durch ihr Revier Wechsel an. Also Wege, die auch kleinere Tiere nutzen.

"Chaco-Pekaris wirken zunächst unscheinbar, sie sind aber wahre Ökosystem-Ingenieure", sagt Jörg Beckmann. Der stellvertretende Direktor des Tiergartens ist auch dessen biologischer Leiter. Er weiß auch: "Der Lebensraum der Tiere schwindet rasant." Die Nabelschweine sind in ihrem Zuhause Nahrungsquelle für die oft in großer Armut lebenden Menschen. Deshalb wurden sie in den vergangenen Jahrzehnten exzessiv und nicht nachhaltig gejagt. Heute stuft sie die Weltnaturschutzunion als stark gefährdet ein.
Tiergarten hat einen Eber und zwei Bachen
"Mit der Haltung und Zucht der Chaco-Pekaris können wir einen Beitrag zum Erhalt der Art für künftige Generationen leisten", sagt Beckmann. Mit dem Eber und den zwei Bachen, die nun das Gehege zwischen Trampeltieren und Grevy-Zebras bewohnen, beteiligt sich der Tiergarten Nürnberg am Erhaltungszuchtprogramm des Europäischen Zooverbandes für Chaco-Pekaris.
Das Ziel der wissenschaftlich basierten und koordinierten Zucht der Tiere bestehe darin, eine stabile und gesunde Population der Art außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes aufzubauen und zu erhalten, erklärt der stellvertretende Direktor des Tiergartens. "Wenn es nach den Kriterien der Weltnaturschutzunion IUCN sinnvoll und verantwortbar erscheint, können Tiere aus dem Bestand in der Zukunft ausgewildert werden." Derzeit leben insgesamt 71 Chaco-Pekaris in elf Tiergärten, die zum europäischen Verband von Zoos und Aquarien gehören.