War das wirklich alternativlos?

Nürnbergerin von Baumfällungen überrascht: "Haben erstmal geheult"

2.11.2021, 13:46 Uhr
Die Robinie kurz nach ihrer Fällung.

© Max Söllner, NNZ Die Robinie kurz nach ihrer Fällung.

Als die Baumarbeiter vor Julie Immlers Haus anrücken, denkt sich die Anwohnerin der Kilianstraße zunächst nichts Schlimmes. "Der wird bestimmt nur geschnitten", beruhigt sie ihre Tochter. Nein, der wird gefällt, erklären ihr die Arbeiter. "Und da standen wir, und haben erstmal geheult": Die Fällaktion kam für sie völlig überraschend.

"Ich möchte als mündige Bürgerin auch ernstgenommen und informiert werden", schreibt Immler wenig später an unsere Redaktion. Sie zählt auf, was die Stadt alles unternehme, um die Situation der Straßenbäume zu verbessern: Paten für Baumscheiben, Hundebeutelspender gegen deren Verkotung... Wie passt das zu der unangekündigten Fällung von insgesamt vier Straßenbäumen? "Wir hatten einen tollen, gesunden Ahorn vor dem Kinderzimmer", ist sie auch Tage danach noch überzeugt.

In der Tat waren Krankheit oder Instabilität nicht der Anlass, auch wenn bei der im Bild zu sehenden Robinie während ihrer Fällung eine Stammfäule entdeckt wurde. Die Ursache liegt vielmehr beim städtischen Energieversorger N-Ergie, der zwischen seinem Umspannweg am Horneckerweg und der Bamberger Straße auf knapp viereinhalb Kilometern unterirdische Hochspannungskabel erneuert.

Kabel "direkt unterhalb der Baumscheiben"

Aktuell wird dafür entlang der Kilianstraße zwischen Rollnerstraße und Kleinreuther Weg gebuddelt. Nächstes Jahr geht es weiter in Richtung Äußere Bucher Straße - also genau dort entlang, wo nun die vier Bäume gefällt wurden.

Das Problem: Laut der N-Ergie verlaufen die Hochspannungskabel "direkt unterhalb der Baumscheiben", wie deren Pressesprecher Michael Enderlein schreibt. Ein Ersatz auf der bestehenden Trasse hätte die Bäume erheblich beschädigt, weswegen die Fällung unumgänglich war.

Alternativen, insbesondere das neue Kabel um die Bäume herumzuführen, seien "ausgiebig geprüft" worden. Doch das habe sich als "unmöglich" herausgestellt, weil in der Kilianstraße "etliche" andere Leitungen verlegt seien.

Rohre als Retter

Als Ersatz für die vier Bäume sollen Enderlein zufolge sieben neue gepflanzt werden. Um ihnen das Schicksal ihrer Vorgänger zu ersparen, werden die neuen Kabel in Leerrohren verlegt. Das hat den Vorteil, das im Falle eines irgendwann erneut notwendigen Leitungstausches die Bäume stehen bleiben können. Schon jetzt hat diese Maßnahme übrigens einigen jüngeren Exemplaren das Leben gerettet, wo entsprechende Rohre bereits verlegt waren.

"Da hat sich die Einstellung zu Bäumen grundlegend geändert", sagt André Winkel, Sprecher des für Straßenbäume zuständigen Servicebetriebs Öffentlicher Raum (SÖR). Er geht davon aus, dass die nun gefällten Bäume in den 1950er oder 60er Jahren auf die bestehende Hochspannungskabel gesetzt wurden. Über ihre schlechten Überlebenschancen im Falle einer Leitungserneuerung habe man sich damals keine Gedanken gemacht. "Umso bedauerlicher, wenn einen die Schatten der Vergangenheit einholen."

Und die fehlende Kommunikation? "Das geht auf meine Kappe", erklärt Winkel, "dafür können wir uns nur entschuldigen". Normalerweise informiert seine Behörde online über bevorstehende Baumfällungen, genauso wie die von den Arbeiten betroffenen Anwohner. Beides werde nun zeitnah nachgeholt, verspricht der SÖR-Sprecher.