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3. Platz beim VNP-Demokratiepreis: Anwältin Christine Roth ist ein Stachel im Fleisch der Mächtigen

Kurt Heidingsfelder

Projektredakteur

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10.5.2024, 19:00 Uhr
War in ihrer Jugend bundesweit bekannt: die Nürnbergerin Christine Roth.

© Hans-Joachim Winckler War in ihrer Jugend bundesweit bekannt: die Nürnbergerin Christine Roth.

Die Nürnbergerin Christine Roth ist schon lange eine anerkannte Fachanwältin für Arbeitsrecht. Aber 1980 kannte sie ganz Deutschland unter ihrem Geburtsnamen: Christine Schanderl, die Skandal-Schülerin mit der "Stoppt Strauß!"-Plakette.

Als sie kurz vorm Abitur des Albertus-Magnus-Gymnasiums in Regensburg verwiesen wurde, meldete das Wilhelm Wieben in der "Tagesschau". So was muss man als junger Mensch erst mal aushalten. Und alles nur, weil CSU-freundliche Behördenvertreter darauf beharrten, man dürfe in der Schule keine politische Meinung äußern – jedenfalls keine gegen Franz Josef Strauß.

Dabei ging es am Ende fast weniger darum, Strauß als Bundeskanzler zu verhindern. Es ging vielmehr ums Prinzip, darum, sich nicht einschüchtern zu lassen. Nicht von Drohungen und nicht von tatsächlichen Konsequenzen. Diese Bürgerin hat bereits mit 17 einer Obrigkeit die Stirn geboten, die alles daran setzte, ihr den Mund zu verbieten.

Der Rest ist Rechtsgeschichte. Die junge Aktivistin zwang – übrigens zum Leidwesen ihres katholisch-konservativen Vaters - die CSU samt FJS in die Knie. Das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz und die Schulordnung wurden zur "Lex Schanderl" umgeschrieben. Was für ein Triumph für die Meinungsfreiheit!

Die einzige Anwältin, die damals den Mut hatte, ihr zur Seite zu stehen, wurde Christine Roths Vorbild - und Unbeugsamkeit so etwas wie ihr Markenzeichen.

Immer wieder forderte sie seitdem die Regierenden heraus. Zum Beispiel kippte das Bundesverfassungsgericht 1998 auch dank Roths Engagement den bayerischen Sonderweg zum Schwangerschaftsabbruch-Paragraphen 218. Dabei gab es seitens des Justizministeriums einst Bestrebungen, dieser latent unbequemen Person die Zulassung als Anwältin zu versagen -, wegen angeblicher "Berufsunwürdigkeit".

Längst setzt sich die inzwischen 62-Jährige ehrenamtlich für Berufskollegen in aller Welt ein, die zum Teil noch viel Schlimmeres zu befürchten haben als ein Berufsverbot. Der alljährliche "Tag des verfolgten Anwalts" in Nürnberg wäre ohne die einstige Stoppt-Strauß-Aktivistin kaum denkbar.

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