Alltag in Deutschland: In der Unterführung zwischen Wöhrder Wiese und Wöhrder See in Nürnberg weisen Aktivistinnen und Aktivisten auf die enorme Zahl von Femiziden hin.
© Manuel Kugler
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Alltag in Deutschland: In der Unterführung zwischen Wöhrder Wiese und Wöhrder See in Nürnberg weisen Aktivistinnen und Aktivisten auf die enorme Zahl von Femiziden hin.

Kommentar

Gewalt gegen Frauen: Warum Femizid kein importiertes Problem ist

Fast täglich wird in Deutschland eine Frau getötet – alle drei Minuten erlebt eine Frau häusliche Gewalt. Das zeigen die Daten des Bundeskriminalamts. Doch wer der Gewalt gegen Frauen ein Ende setzen will, der darf nicht ausschließlich über Migration reden.

Die jüngsten Diskussionen im Bundestag über die Gefahren der Zuwanderung bilden allenfalls einen kleinen Teil der Realität ab. Ja, es gibt Migranten, die Frauen töten. In erster Linie sind Femizide – laut Definition die tödliche Eskalation der geschlechterspezifischen Gewalt gegenüber Frauen – aber ein alltägliches Problem, unabhängig von Herkunft oder Pass.

2023 wurden 938 Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten, 360 von ihnen starben. Eine zentrale Erkenntnis: Die überwiegende Zahl der Tatverdächtigen ist deutscher Staatsangehörigkeit. Bei Partnerschaftsgewalt machten Deutsche 63,3 Prozent der Verdächtigen aus – 75,2 Prozent waren Männer.

Gewalt gegen Frauen ist kein migrantisches Problem - es ist ein männliches Problem

Trotzdem schüren rechte Narrative die Angst, Migranten würden das Problem nach Deutschland bringen. Schon im Jahr 2000 forderte Friedrich Merz, dass sich Zuwanderer an die deutsche "Leitkultur" anpassen müssten. Doch wenn die Mehrheit der Femizide in Deutschland von deutschen Männern begangen wird – was genau soll diese Leitkultur dann beinhalten? Gewalt gegen Frauen ist kein migrantisches Problem. Es ist ein männliches Problem.

Denn der gefährlichste Ort für Frauen bleibt immer noch ihr eigenes Zuhause – ihr familiäres Umfeld und ihre männlichen Partner. Trotzdem ist das selten Gegenstand politischer Debatten – außer, wenn es darum geht, Menschen "fremder" Kulturen als Täter darzustellen. Das passt besser ins politische Kalkül – aber nicht zur Realität.

Femizide in Deutschland sind kein neues Phänomen – sie existierten bereits lange vor der sogenannten "Flüchtlingskrise" und werden nicht durch eine restriktivere Migrationspolitik verschwinden. Richtig, nicht-westliche Gesellschaften tragen patriarchale Machtstrukturen zu uns. Aber diese bestärken allenfalls die Strukturen, die auch in Deutschland ohnehin schon herrschen und legen sie nicht neu an.

Der Kampf gegen Femizide braucht mehr als migrantische Sündenböcke

Der Kampf gegen Femizide braucht mehr als leere Debatten und migrantische Sündenböcke – er braucht konkrete Maßnahmen: eine konsequentere Strafverfolgung bei geschlechtsspezifischer Gewalt, damit es nicht zum Tod weiterer Frauen kommt. Außerdem sollte eine verantwortungsbewusste Berichterstattung Femizide nicht als Einzelfälle verharmlosen, sondern als strukturelles und gesamtgesellschaftliches Problem darstellen – es darf nicht als normal wahrgenommen werden, dass jeden Tag eine Frau in Deutschland um ihr Leben fürchten muss. Nur wenn wir auf jeglicher Ebene radikal gegen die weltweiten patriarchalen Strukturen ankämpfen, können wir erreichen, dass Frauen überall sicherer sind.

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