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Feuerwehrleute arbeiten nach israelischen Angriffen am Ort einer Explosion in einer Wohnanlage im Norden von Teheran.
© Vahid Salemi/AP/dpa
Feuerwehrleute arbeiten nach israelischen Angriffen am Ort einer Explosion in einer Wohnanlage im Norden von Teheran.

Kommentar

Nach Israels Attacken auf Iran: Flächenbrand - oder ein Wunder in Nahost?

Buchstäblich über Nacht hat sich die Lage in Nahost drastisch verändert: Israels Schlag gegen Iran kann im Idealfall eine Chance für die gesamte Region sein. Zunächst aber droht womöglich das, wovor schon sehr oft gewarnt wurde, was dann aber - zum Glück - doch nicht passierte: ein Flächenbrand.

Es ist ja keineswegs das erste Mal, dass Israel den Erzfeind Iran attackiert - zu dessen Staatsziel, daran ist immer wieder zu erinnern, die Auslöschung Israels gehört. 2024 gab es mehrere gegenseitige Nadelstiche. Diesmal war die Offensive umfassender: Mit unfassbarer Präzision gelang es Israel, quasi ins Herz des Iran einzudringen, ganz gezielt Führungspersonen zu töten und einen Teil der Atomanlagen zu treffen. Israel sieht die Chance, nach den von Teheran gesponsorten Terror-Organisationen Hisbollah und Hamas auch deren Förderer massiv zu schwächen.

Der Sturz des Mullah-Regimes im Iran wäre erfreulich

Würde Irans Regime stürzen: Die freiheitliche, nicht-fundamentalistische Welt und vor allem die allermeisten Menschen in dieser Diktatur könnten aufatmen. In einer dramatischen Rede nach dem Überraschungsangriff skizzierte Netanjahu die Vision einer Befreiung: „Wenn dieser Tag kommt, wird die große Freundschaft zwischen unseren beiden alten Völkern wieder aufblühen.“

Das wäre ein Wunder. Die kann es geben. Aber: Dafür bräuchte der nun mehrfache Kriegsherr Netanjahu Verbündete. Irans Atomanlagen sind unterirdisch angelegt und weit verstreut in dem riesengroßen Land, auf einer Fläche in der Größe Westeuropas. Experten sagen: Ohne massive US-Unterstützung kommt selbst Israels High-Tech-Truppe da nicht weiter.

Aber: Gerade Netanjahus Regierung hat viele Freunde verprellt mit ihrem überharten, überlangen, unverhältnismäßigem Krieg gegen die Hamas. Die zwei rechtsradikalen Minister in seinem Kabinett, Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir, fordern die Vertreibung der Palästinenser. Netanjahu lässt sie gewähren, weil er nur mit ihnen an der Macht und vor Prozessen geschützt bleiben kann. Die oft unsäglichen, radikalen antisemitischen Proteste in aller Welt - auch und oft in Nürnberg - haben eine Ursache in Netanjahus Politik.

Selbst Donald Trump ging auf Distanz. In Sachen Iran setzte er noch auf Verhandlungen an diesem Sonntag - die nun hinweggebombt wurden. Erst am Donnerstag warf die Internationale Atomenergiebehörde Teheran vor, seine Verpflichtung zur Nichtverbreitung von Atomwaffen zu verletzen. Die Gefahr wuchs, dass das Land binnen Monaten genug Material für rund zehn Atombomben hat. Ein Risiko, das nicht nur Israel bedroht.

Diplomatie muss nun erst recht auf Hochtouren laufen

Wie weiter? Hoffentlich mit Besonnenheit. Israel hatte vor dem Überfall der Hamas vom 7. Oktober neue Verbündete in der Region gewonnen, manches davon hat Bestand. Diplomatie kann - gerade in dieser überhitzten Region - immer noch funktionieren. Sie muss nun auf Hochtouren laufen, um eine Eskalation zu vermeiden und dem Nahen Osten womöglich tatsächlich eine bessere Perspektive aufzuzeigen.

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