
Kommentar
Nun auch noch ein Rentenstreit: Die Koalition sollte lieber ihre Gemeinsamkeiten betonen
Bärbel Bas ist ohne Zweifel die neue starke Frau der SPD. Sie besetzt mit dem Arbeits- und Sozialministerium eines der wichtigsten Ressorts der Bundesregierung und sie wird nun mit ziemlicher Sicherheit auch noch Parteivorsitzende. Mehr Macht geht unterhalb der Kanzlerebene fast nicht in der Spitzenpolitik.
In ihren beiden Funktionen in Regierung und Partei kommt Bärbel Bas neben Lars Klingbeil (Finanzminister, Vizekanzler, SPD-Chef) eine integrierende, einigende Rolle für die schwarz-rote Koalition zu. Mit dem jüngsten Vorstoß in Sachen Rente hat sie jedoch eher zur Spaltung des Bündnisses beigetragen.
Gigantischer Systemwechsel
Es ist selbstverständlich erlaubt, vielleicht sogar geboten, über zusätzliche Einnahmequellen für die Rentenversicherung nachzudenken - also auch über das Einbeziehen von Beamten und Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung. Man muss aber auch wissen: Für solch einen gigantischen Systemwechsel braucht es stabile Mehrheiten im Parlament.
Selbst ein der SPD nahestehender Ökonom wie Jens Südekum hat gewisse Bedenken und rät zu einer gründlichen Prüfung. Vor allem weist er darauf hin, dass diese Reform der defizitären Rentenversicherung zunächst mal gar nicht helfen würde, sondern allenfalls langfristig etwas bewirkt.
CDU, CSU und ihr Kanzler Friedrich Merz sind gegenwärtig für eine solche Reform nicht zu haben und auch im Koalitionsvertrag ist derartiges nicht vereinbart. Da ist es schon sehr mutig von Bärbel Bas, als zuständige Ministerin in ihren ersten Amtstagen derart massiv dafür einzutreten. Sie muss ja wissen, dass daraus in dieser Legislaturperiode eher nichts werden wird.
Der Effekt in der Öffentlichkeit ist fatal: Man hat erneut den Eindruck, Union und SPD befassen sich lieber mit den noch offenen Streitpunkten als mit dem, was sie gemeinsam beschlossen haben. Das war auch zu spüren, als Fraktionschef Jens Spahn (CDU) laut über Strategien der Normalisierung im Umgang mit der AfD nachgedacht hatte, obwohl er doch wissen musste, wie sehr er damit die SPD verstört.
Die Vereidigung des Kanzlers und seines Kabinetts liegt gerade mal eine Woche zurück und schon „graben“ die Beteiligten Themen „aus“, die erkennbar die andere Seite triggern. Das sollten sie dringend einstellen, wenn sie ihr erstes Jahr an der Regierung gut überstehen wollen.
Saskia Esken spielt keine Rolle mehr
Saskia Esken wird bei all diesen Ereignissen keine Rolle mehr spielen. Sie schaffte es nicht in die Regierung, sie kandidiert nicht mehr für den SPD-Vorsitz. Ihr fehlten der Rückhalt in der Öffentlichkeit und sogar in der eigenen Partei. Insofern ist es schlüssig, dass für sie am Ende kein Spitzenjob übrig blieb, sondern sie in die dritte Reihe der Politik durchgereicht wird. Über etliche herablassende, verachtende Äußerungen ihr gegenüber sollten manche Beteiligte nochmal nachdenken. Das war nicht mal mit ihrem Versuch der Postenkleberei zu rechtfertigen, sondern zum Teil menschenverachtend.
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