
Kommentar
Schluss mit dem Beauftragtenwahn: Schwarz-Rot beendet wundersame Postenvermehrung
Der Zustand der Weltmeere ist wichtig. Ebenso der Ausbau des Radverkehrs und die Ordnung der Migration nach Deutschland. Wer würde das bestreiten wollen? Trotzdem war es richtig, dass die neue Bundesregierung als eine ihrer ersten Amtshandlungen die Posten der Beauftragten für diese drei Themen und für 22 weitere gestrichen hat. Denn nicht für alles, was von Bedeutung ist in der Politik, müssen klangvolle Titel geschaffen werden.
Beispiel Radverkehr: Große Teile der Bevölkerung legen Wert darauf, dass ihnen vernünftige Radwege zur Verfügung gestellt werden, auf denen sie nicht um ihr Leben fürchten müssen. Auch der Klimaschutz, die Parkplatznot in den Städten und gesundheitliche Aspekte sprechen für eine Stärkung des Radverkehrs. Deswegen sollte der Ausbau der Wege ein zentrales Anliegen des Verkehrsministeriums sein, das wie Schiene, Straßen und Brücken immer mitbedacht wird.
Das falsche Signal
Ein eigener Beauftragter signalisiert hier eventuell genau das Falsche - nämlich, dass er sich gefälligst zu kümmern hat und die anderen nicht groß auf das Thema achten müssen. Ähnlich ist es bei der Klimapolitik und, ja, auch bei der feministischen Außenpolitik. Letztere wurde viel verlacht, aber natürlich muss man im Sinne einer integren, die Menschenwürde achtenden Diplomatie auch für die Stärkung der weltweit oft vernachlässigten, sogar mit Füßen getretenen Frauenrechte eintreten.
Zugegeben, manches an den groß angekündigten Streichplänen von Union und SPD ist ein wenig aufgeblasen. Wenn bisher eine Beamtin oder ein Beamter in einem Ministerium quasi nebenbei eine Beauftragtenposition übernahm und das nicht als Hauptjob betrieb, dann ist mit deren Abschaffung nicht sonderlich viel Geld einzusparen.
Aber selbst wenn keine riesigen Summen eingespart werden können, ist es doch ein Anfang des Bürokratieabbaus. Die Ausgaben für die Beauftragten und ihre Stäbe waren zwischen 2020 und 2024 immerhin um 21 Millionen Euro gestiegen. Was jetzt noch an Posten bleibt, sollte eine ganz besondere Begründung dafür liefern können.
Beispiel Polizeibeauftragter: Der scheint deswegen sinnvoll, weil er ein wenig wie die (grundgesetzlich abgesicherte) Wehrbeauftragte des Bundestages ein neutraler Ombudsmann für die rund 50.000 Bediensteten der Bundespolizei ist. Das kann er in seiner vom Beamtenapparat losgelösten Struktur besser als eine hierarchisch eingeordnete Person.
Ein „Grundbestand“ ist nötig
Dass vor allem die Union und Kanzler Friedrich Merz mit der Streichung mancher Stellen ein Ende der linken Ampel-Agenda symbolisieren wollten, gehört ebenfalls zur Wahrheit. Insofern wäre es schön, wenn man sich langfristig fraktionsübergreifend auf einen „Grundbestand“ der absolut notwendigen Beauftragten einigen würde und nicht nach jeder Wahl alte Beauftragtenposten abschafft und neue aus dem Hut zaubert.
1 Kommentar
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen