Müssen Ältere mehr arbeiten? Das deutete CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann an.
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Müssen Ältere mehr arbeiten? Das deutete CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann an.

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Sollen Rentner mehr arbeiten? Bei der Sozialpolitik sucht die Regierung noch ihren Kurs

Eines kann man Carsten Linnemann nicht absprechen: fehlende Klarheit. Der CDU-Generalsekretär äußert sich gern sehr deutlich - in einer Schärfe, die er sich als Minister im Kabinett von Friedrich Merz kaum hätte erlauben können.

Linnemann wollte kein Ressort übernehmen, sehr zum Erstaunen vieler Beobachter. Möglich, dass er nun auch im Auftrag von Merz sagen soll, wie CDU-Positionen pur aussehen: Wenn die schon in der Koalition mit der SPD nicht lupenrein umzusetzen sind, dann kann eben Linnemann sie mal verkünden.

Aktivrente soll Anreize schaffen

Etwa in der Talkshow von Caren Miosga, da antwortete er auf die Frage der Moderatorin, wer denn mehr arbeiten soll: „Zum Beispiel – ja, machen wir es konkret – Rentner in Deutschland.“ Die neue Regierung wolle sie zwar „nicht zwingen zu arbeiten“, aber die Produktivität über die Möglichkeit einer sogenannten Aktivrente stärken. Man wolle allen Rentnern möglichst ab dem 1. Januar 2026 die ersten 2000 Euro im Monat steuerfrei stellen, wenn sie arbeiten würden.

Dass ausgerechnet Rentner - die doch die Arbeits-Phase ihres Lebens eigentlich hinter sich haben - mehr arbeiten sollen, klingt auf den ersten Blick irritierend. Es ist aber durchaus sinnvoll, hier Anreize zu schaffen, die es attraktiver machen, auch im Alter etwas dazuzuverdienen.

Denn viele fitte Menschen gehen mit knapp über 60 und im gegenseitigen Einvernehmen mit ihrem Arbeitgeber vorzeitig in Rente. Nicht wenige von ihnen merken später: Ein bisschen Arbeit wäre aus vielerlei Gründen okay - die soziale Einbindung fehlt manchen, der Zuverdienst ist teils sehr willkommen, manche müssen ihre schmale Rente aufbessern.

Die „Aktivrente“ der Koalition wäre also sinnvoll. Mehr Flexibilität, mehr Anreize - all das wird es auf vielen Feldern brauchen, um die absehbaren Lücken in den Sozialkassen etwas zu verkleinern. Die grundsätzliche Notwendigkeit für Veränderungen hat auch Finanzminister Lars Klingbeil nun erkannt - und Strukturreformen angemahnt, um die Beiträge stabil zu halten.

Merz preschte mit wieder mal zu forscher Tonlage vor

Von der Tonlage her ist da - wieder einmal - Friedrich Merz zu sehr vorgeprescht. Undifferenziert forderte er vor kurzem: „Wir müssen mehr arbeiten“. Ein paar Tage später ruderte der neue Bundeskanzler dann zurück: „Wir können nicht so ganz pauschal sagen, die Deutschen arbeiten zu wenig“, räumte er ein und ergänzte: „Wir haben Millionen von Überstunden“, in einigen Branchen gebe es „wirklich eine sehr, sehr hohe Arbeitsbelastung“.

Da ist Fingerspitzengefühl gefordert: In Debatten um Arbeitszeiten, Beiträge und Einkommen müssen die Menschen merken, dass die soziale Gerechtigkeit nicht aus dem Blick gerät. Einschnitte, die in den kommenden Jahren unvermeidlich sein werden, um den Kollaps der Systeme zu vermeiden, werden dann akzeptiert, wenn sie austariert verteilt und allen Bevölkerungsgruppen abverlangt werden. Das ist bei den Plänen der Koalition noch nicht überall sichtbar.

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