Contra - US-Rückzug von der Weltbühne

Trotz Trump: Wir brauchen "die Amis" - mindestens für eine harte Übergangszeit

Alexander Jungkunz

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8.2.2024, 15:00 Uhr
Dass er womöglich die Nato verlässt, auf jeden Fall aber die militärische Unterstützung für Europa drastisch zurückfährt - daraus hat Donald Trump nie ein Hehl gemacht. 

© John Locher, dpa Dass er womöglich die Nato verlässt, auf jeden Fall aber die militärische Unterstützung für Europa drastisch zurückfährt - daraus hat Donald Trump nie ein Hehl gemacht. 

Es ist in der Tat kurios - und so, wie es Manuel Kugler auf den Punkt bringt: Gerade diejenigen, die stets auf einen Rückzug der USA aus Deutschland gepocht haben, warnen nun vor eben jenem Schritt. Der nämlich rückt näher, sollte Donald Trump die Wahl im November gewinnen.

Und dass er womöglich die Nato verlässt, auf jeden Fall aber die militärische Unterstützung für Europa drastisch zurückfährt - daraus hat er nie ein Hehl gemacht. Das wäre dann eine wirkliche Zeitenwende - oder: die bittere Notwendigkeit, jene von Olaf Scholz bisher weitgehend nur verbal angekündigte Zeitenwende wirklich anzugehen. Denn Europa und gerade Deutschland wäre noch lange nicht das, was Verteidigungsminister Pistorius "kriegstüchtig" genannt hat - also in der Lage, eine mögliche Bedrohung oder tatsächlich einen Angriff durch Russlands abwehren zu können.

Neue Angriffe Putins sind nicht auszuschließen

So etwas ist irreal? Putins Armee verkämpft sich seit bald zwei Jahren in der Ukraine und hat gar nicht die Kraft dafür? Das mag momentan so sein. Doch das Signal, das nun aus den USA mit dem Stopp der Hilfen für die Ukraine und Israel kam, wird in Moskau sehr genau wahrgenommen - und sehr erfreut. Denn das könnte der Anfang vom Ende der ohnehin schon bröckelnden Unterstützung Kiews durch den Westen sein - und darauf setzt Putin.

Es fehlt nicht an Andeutungen, dass der Kreml-Chef mehr will als nur die Ukraine. "Wir können es wiederholen" - so lautet ein Spruch, der in Russland kursiert und neue Angriffe andeutet, über die dort in Talkshows diskutiert wird. Und wenn wir eines aus den vergangenen Jahrzehnten gelernt haben sollten, dann dies: Wir müssen Putin beim Wort nehmen.

"Time to go"? Dafür ist es viel zu früh

Das bedeutet leider: Ja, Deutschland muss aufrüsten. Das dauert. So lange brauchen wir die USA als diejenige Macht, die uns jahrzehntelang viel abgenommen hat - und auf deren militärische Rückendeckung wir uns verlassen haben, ungeachtet aller Schelte gegen die "Amis". Für die sei es "time to go", so nennt Oscar Lafontaine sein aktuelles Buch. Nein: Dafür ist es viel zu früh.

Der Blick auf die globale Lage zeigt: Der zu Recht für frühere Kriegseinsätze viel gescholtene Weltpolizist USA wird aktuell an vielen Stellen (Ukraine, Nahost, Taiwan etc.) gebraucht - um, ja doch, genau das zu verteidigen, was viele Deutsche oft als verlogenes amerikanisches Pathos abgetan haben: "Freiheit und Democracy", über die Bertolt Brecht spottete.

Wer beides aber verliert, dem vergeht der Spott. Oder er wird dafür bestraft, siehe Russland. Keine Frage: Ein international engagiertes Amerika bleibt bitter notwendig. Wir müssen auf Joe Biden setzen.

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