Heikles Netzwerk

Wenn Jugendliche sich nur über TikTok informieren

Alexander Jungkunz

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27.3.2024, 14:55 Uhr
Auf dieses Logo fahren vor allem Jugendliche ab: Sie nutzen gern TikTok.

© Hasan Mrad, dpa Auf dieses Logo fahren vor allem Jugendliche ab: Sie nutzen gern TikTok.

Waren Sie schon mal auf TikTok? Älteren Nutzern kann es schnell die Sprache verschlagen beim Blick in dieses Netzwerk mit seinen Video-Schnipseln, in denen meist junge Menschen tanzen, singen, bei Pannen gefilmt werden, kochen, andere beschimpfen etc. - neuerdings kommen Shop-Angebote dazu.


Sehr viel Trash ist da zu sehen. Und sehr viel Agitation. Die AfD beherrscht die TikTok-Klaviatur am besten, die Partei dominiert die App, in der es von allzu einfachen Botschaften und auch von Falschnachrichten nur so wimmelt. Trotzdem ist TikTok für Teenager das wichtigste Netzwerk - wobei all diese Medien, auch Facebook und vor allem X (ehemals Twitter) nach der Übernahme durch Elon Musk mehr asoziale als soziale Netzwerke sind.

Seriöse Informationen gehen in der Flut von Banalem und Fake News unter

Wenn junge Menschen sich überwiegend mittels TikTok informieren - wobei „informieren“ da ein fragwürdiger Begriff ist -, dann ist das ein auf Dauer gefährlicher Trend für eine Gesellschaft. Denn da läuft zwar auch die TikTok-Variante der „Tagesschau“ - aber seriöse Informationen gehen oft unter in der Flut von Banalitäten, Unterhaltung und Propaganda.

Helfen kann da vor allem eine möglichst solide Medien-Bildung in den Schulen. Was sind verlässliche Quellen, wie lassen sich Fake News als solche erkennen, wie hinterfragt man steile Thesen? Das muss fester Bestandteil des Unterrichts sein. Denn es ist keineswegs davon auszugehen, dass Kinder und Jugendliche diese wichtigen Kenntnisse im Elternhaus erfahren - zumal dort immer mehr Väter und Mütter den verantwortlichen Umgang mit Medien auch nicht gelernt haben.

Parteien müssen gegenhalten

Herausgefordert sind aber auch Parteien, gesellschaftliche Gruppen und Medien. Sie sind gut beraten, auch Plattformen wie TikTok zu bespielen und mit ihren Angeboten dort gegenzuhalten. Denn es ist besser, die Nutzer dort abzuholen, wo sie eben ohnehin unterwegs sind, als sie dort nur den trüben Quellen zu überlassen.

Das ist mit Aufwand verbunden, mit Kosten und Zeit. Und es stößt oft auf ein abgehobenes Naserümpfen, das wir uns aber nicht mehr leisten sollten (anders als Investitionen in seriöse Netz-Informationen): Was, ihr tummelt euch auf TikTok? Ja, aus wichtigen Gründen: Als Gegenmittel gegen platte Sprüche, Halbwahrheiten und Diffamierungen, die nicht selten von russischen Trollen in die Netzwerke eingespeist werden.

Bessere Regeln und Kontroll-Instanzen

Dass dort nicht mehr jeder Mist ungeprüft verbreitet werden darf, dafür bräuchte es bessere Regeln und zuverlässigere Kontroll-Instanzen der Anbieter selbst. Jedes klassische Medienhaus ist verantwortlich für seine Inhalte - die sozialen Netzwerke bisher kaum. Das erklärt den Wildwuchs, der abfärbt auf Tonlage und Informationsstand unserer Gesellschaften. Wer Demokratie erhalten will, muss da auf vielen Ebenen intensiv gegensteuern.

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